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Militärgeschichte |
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| Militärische Sperrstellen von nationaler Bedeutung |
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Als Reaktion auf die zunehmende militärische Bedrohung durch die Deutsche Wehrmacht und die politische Krise in Europa, welche 1939 zum 2. Weltkrieg führten, veranlasste die politische und militärische Führung der Schweiz, in allen Landesteilen ein aufeinander abgestimmtes Netz von militärischen Verteidigungsanlagen aufzubauen. Herzstück dieser Verteidigungsbemühungen waren zahlreiche in Felskavernen gebauten Artilleriewerke, welche von vielen Bunkern für die infanteristische Verteidung umgeben waren. Die Standorte dieser Sperrstellen waren bis zum Ende des 20. Jahrhunderts ein streng gehütetes Geheimnis.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Festungsanlagen in den Zeiten des «Kalten Krieges» unter grösster Geheimhaltung weiter ausgebaut. Ende des 20. Jahrhunderts wurden die meisten Festungsanlagen aus der Geheimhaltung entlassen, ausser Betrieb gestellt und teilweise zurückgebaut.
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Militärische Verteidigungsanlagen von nationaler Bedeutung |
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Der Aufbau des Abwehrsystems folgte der Strategie, einem möglichen militärischen Gegner den Zugang zum bevölkerungsreichen Mittelland zu verunmöglichen und einen Vorstoss in den zentralen Alpenraum mit allen Mitteln zu verhindern. Zu diesem Zweck wurden entlang der Rheingrenze zu Deutschland und im ganzen Juragebiet ein nach Süden gestafeltes Verteidigungssystem mit dem Ziel errichtet, mechanisierte und infanteristische feindliche Vorstösse auf den Verkehrsachsen und über die zahlreichen Passübergänge zu stoppen. Im Mittelland selbst galt das Hauptaugenmerk der schweizerischen Militärstrategen den Flussübergängen und Engnissen. Im Voralpengebiet folgte der Bau der Sperrstellen der Logik der Reduitstrategie.
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Reduitstrategie der Schweizer Armee während des 2. Weltkriegs |
Ein Reduit ist ein mit infanteristischen Mitteln geschützter und mit verstärkten Befestigungsanlagen gesicherter Rückzugsraum für Truppen der Schweizer Armee.
Als sich die Bedrohungslage als Folge von militärischen Erfolgen der Achsenmächte (Deutsches Reich unter Hitler und seinen Partnern Italien unter Musolini und Japan) in Mitteleuropa zu Beginn des 2. Weltkriegs stark verschlimmerte, entwickelte die Führung der Schweizer Armee ein Verteidigunskonzept, die Reduitstrategie.
Die Reduitstrategie der Armeeführung besass vier Grundanker:
Ausbau einer Verteidigungslinien entlang der Schweizer Nordgrenze vom Genfersee bis zu Bodensee. Diese Verteidigungslinie lag Mehrheit im Schweizer Jura.
Ausbau einer nach Norden ausgerichteten, rückgelagerten Verteidigungslinien im Schweizer Mittelland vom Zürichsee über das Wasserschloss bei Brugg, den Aargauer und Solothurner Kettenjura bis zum Bielersee und weiter über die Freiburger Voralpen zum Alpenhauptkamm.
Ausbau von nach Süden ausgerichteten Verteidigungslinien in Teilen der Tessiner und Bündner Alpentäler sowie Verteidigungsanlagen auf den Höhen östlich und südlich des Luganersees.
Bei einer grosser Bedrohungslage, beispielsweise nach einem erfolgreichen feindlichen Durchbruch an der Schweizer Nordgrenze, Rückzug von Kernkräften der Schweizer Armee in den Reduitraum in den Schweizer Alpen.
Der Reduitraum reichte von der Westgrenze der Schweiz zu Frankreich im Raum St- Maurice und im Norden über die Voralpenseen Thunersee, Zugersee sowie Vierwaldstättersee zum Zürichsee und weiter über den Walensee nach Sargans. Die südliche Linie schloss das Vorder- und das nördliche Hinterrheintal, die obere Leventina, das Gotthardgebiet und das Bedrettotal mit ein. Vom Nufenenpass aus folgte die Reduitlinie der Südgrenze der Schweiz zu Italien. Als "Herzstück" des Reduitraumes galt das Gotthardgebiet.
Reduitstrategie basiert auf einigen Einsichten und Annahmen:
Die Schweiz konnte entlang seiner bestehenden Grenzen bei feindlich Angriffen nur unzureichend geschützt werden. Es fehlten für einen ausreichenden Schutz das Personal und das Material.
Die Topografie der Schweizer Alpen bevorteilte die Verteidigungskräfte und erhöhte des Verlustrisiko der feindlichen Truppen. Die Armeeführung zählte auf die abschreckende Wirkung ihrer Verteidigungsanlagen und Sperrstellen.
Die Schweiz hoffte, dass die Achsenmächte Deutschland und Italien an unversehrten Verkehrsverbindungen durch die Alpen interessiert waren und so auf Angriffspläne verzichten würden.
Kritiker der Reduitstrategie warnten damals vor der Möglichkeit, dass deutsche Truppen das Schweizer Mittelland, worin auch damals schon der Grossteil der Bevölkerung lebte und die meisten Industrieanlagen standen, erobern, besetzen und als Faustpfand nutzen könnten, um die Truppen in den Alpenfestungen zu erpressen oder auszuhungern.
Zum Schutz des Reduitraumes und somit der wichtigsten Transit- und Verbindungswege im Alpenraum hat die Schweizer Armee mit Hilfe von lokalen Bauunternehmen unter grösstmöglicher Geheimhaltung zahlreiche Festungsanlagen sowie Verbindungsstollen in die Felsen des Grundgebirge gebaut. In den Festungsanlagen wurden Artilleriewerke eingerichtet, deren Geschütze auf Sperrstellen gerichtet waren. Zum Schutz wurden im Umfeld der Festungenu.a. Infanteriebunker, Panzersperren und Sprengstellen gebaut. Grosse Festungsanlagen entstanden u.a. bei Sargans, bei Furggels auf dem St. Margrethenberg, auf dem St. Gotthard-Pass, beim San Giacomo-Pass im oberen Bedretto-Tal, auf dem Mueterschwandenberg über dem Vierwaldstättersee, bei Vitznau, bei St-Maurice usw. usw
Die bereits bestehenden militärischen Verteidigungsanlagen wurde ausgebaut und verstärkt. Die mit infanteristischen Mitteln geschützten Artilleriewerke hatten die Aufgabe, wichtige, Verkehrswege und Infrastrukturbauwerke wie Elektrizitätswerke, Staumauern, Flugplätze usw. vor feindlichen Angriffen zu schützen sowie die Reduitstrategie der Armeeführung zu stützen.
Zu Beginn der 1940er Jahre entstanden schweizweit Hunderte von zusätzlichen Verteidigungsstellungen. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs im September 1945 begann die Zeit des Kalten Krieges, in welchem sich die Siegermächte aus West und Ost gegenseitig bedrohten und ihre Armeen kräftig aufrüsteten. Die militärischen Verteidigungsanlagen in der Schweiz behielten vorerst noch ihre militärstrategische Bedeutung. Die Artilleriewerke und Festungen wurden in dieser Zeit aufgerüstet und modernisiert.
Gegen Ende des letzten Jahrhunderts verloren die meisten Bauwerke ihren militärischen Nutzen. Ihr Unterhalt wurde zu teuer. Sie wurden ab dem Jahr 2000 vermehrt aus der Geheimhaltung entlassen (deklassifiziert) und auf Anweisung des Bundesrates Schritt für Schritt stillgelegt.
Einige Jahre nach der Schliessung wurden diese Anlagen meistens abgebaut, geräumt und die Zugänge versiegelt. Bei einigen Stellungen wurden die militärische Tarnung bewusst entfernt. Heute thronen diese Geschütznischen (Scharten) oft hoch über den Tälern in den Felswänden.
Einige militärische Festungsanlagen wurden von politischen Gemeinden und privaten Vereinigungen gekauft und anschliessend restauriert. Heute stehen diese Bauwerke der Öffentlichkeit als mahnende Zeitzeugen zum Besuch offen.
Verteidigungsanlagen im Jura
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Militärische Verteidigungsanlagen von nationaler Bedeutung |
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