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Klimawandel in der West-Antarktis
Beginnende Instabilität in der West-Antarktis könnte die schnellste auf dem Kontinent sein

Entlang der antarktischen Küste gibt es vielfach Instabilitäten im Eis, die gleichsam darauf warten, ausgelöst zu werden. Wenn das geschieht, werden die Eismassen langsam und unaufhaltsam in den Ozean fliessen und damit weltweit den Meeresspiegel ansteigen lassen. Dabei ist genau jene Region, in der die Instabilität durch eine Erwärmung des Ozeans wahrscheinlich bereits eingesetzt hat, auch die Region, die schneller kollabieren wird als jede andere, so Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Auch wenn der vergleichsweise schnelle Eisverlust sich nur über Jahrzehnte hinweg entfaltet und Jahrhunderte andauert, ist die Geschwindigkeit des Eisverlustes in der Antarktis bereits heute ein wichtiger Faktor für den weltweiten Anstieg des Meeresspiegels. Davon werden Hunderte von Millionen Menschen an den Küsten der Welt betroffen sein, von Miami bis Shanghai.

"Wir denken oft, dass uns beim Verlust von Eis in der Antarktis das Schlimmste erst noch bevorsteht. Das stimmt auch, aber es scheint, dass dieses 'Schlimmste' durchaus bereits in Gang gesetzt wurde", sagt Anders Levermann vom PIK und dem Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in New York, Leitautor der in The Cryosphere erscheinenden Studie.

"Der Pine-Island-Gletscher und der Thwaites-Gletscher im Westen des antarktischen Kontinents verlieren bereits seit drei Jahrzehnten zunehmend Eis. Computersimulationen belegen, dass wir hier eine Instabilität der auf dem Meer aufschwimmenden Eismassen sehen, die zu einem zusätzlichen globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als 3 Metern führen kann. Unsere Berechnungen zeigen nun, dass diese Instabilität viel schneller voranschreitet als ähnliche Prozesse in anderen Teilen der Antarktis, die vergleichbar grosse Eismassen enthalten. Die gute Nachricht ist, dass die Eismassen im Osten des Kontinents langsamer sein könnten, zumindest wenn wir die weitere globale Erwärmung rasch begrenzen. Die schlechte Nachricht ist, dass der schlimmste Anstieg des Meeresspiegels bereits im Gange sein könnte."

"Das erste Kippelement, das wir kippen sehen."

Es ist noch unklar, ob die Instabilität der Eismassen in der West-Antarktis durch menschliche Aktivitäten ausgelöst wurde. Die Oberflächentemperaturen auf den meisten Teilen des eisigen Kontinents liegen dauerhaft unter dem Gefrierpunkt, aber der Ausstoss von Treibhausgasen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe wird nicht nur zu einer weltweit wärmeren Atmosphäre führen, sondern auch zu wärmeren Meeresströmungen, die bis in die Antarktis vordringen und den Schmelzprozess unter Wasser starten. Wenn sich die Aufsetzlinie – also die Linie, die am Rande des Kontinents das noch auf Felsboden ruhende Eis von dem Eis trennt, das bereits auf dem Wasser aufschwimmt - zurückzieht, und wenn sie das in einem Gebiet tut, in dem der Felsboden sich zum Landesinneren hin absenkt statt ansteigt, kann dies zu einem sich selbst beschleunigenden Eisverlust führen. Deshalb gelten Teile der Antarktis als sogenannte Kippelemente des Erdsystems. "Das erste Kippelement, das wir kippen sehen, ist das schnellste - zumindest das schnellste der Antarktis", sagt Levermann.

"Unsere Ergebnisse müssen natürlich im Licht der damit verbundenen Unsicherheiten betrachtet werden. Wir haben etwa den Effekt der Abstützung nicht berücksichtigt – bestimmte aufschwimmende Eismassen oder massive und spitze Felsen auf dem Meeresboden können den Eisfluss vom Land ins Meer verlangsamen. Auch die Daten, die wir für unsere Berechnungen aus diesem wildesten aller Kontinente verwenden, sind von Natur aus nicht perfekt", sagt Co-Autor Johannes Feldmann vom PIK.

Die Anwendung reiner Physik, der Skalierungsgesetze, auf die reale Welt

Die Wissenschaftler nutzten jedoch ein bekanntes Prinzip auf neuartige Weise. "Indem wir das so genannte Konzept der Ähnlichkeit auf die wesentlichen Gleichungen für einen schnellen, flachen Eisfluss angewandt haben, konnten wir bereits in einer früheren Studie so genannte Skalierungsgesetze entwickeln", sagt Feldmann. "Diese Gesetze gewährleisten ähnliche Strömungsmuster des Eises unter Variation seiner geometrischen Abmessungen, Geschwindigkeit, Reibung, Schneefall und Viskosität. Das ist reine Physik. Wir haben diese Theorie nun auf die reale Welt, auf verschiedene antarktische Auslassgletscher angewendet, unter Berücksichtigung ihrer beobachteten individuellen Geometrie und ihrer physikalischen Eigenschaften. So können wir die Geschwindigkeit potenzieller Instabilitäten in der Antarktis vergleichen."

"Die Ergebnisse sind faszinierend", fügt Feldmann hinzu. "Zugleich sind sie aber auch ein klares Zeichen, dass wir mehr tun müssen bei der Anpassung an Folgen des Klimawandels und bei der konsequenten Reduzierung der Treibhausgasemissionen, um den globalen Anstieg des Meeresspiegels einzudämmen."

Originalarbeit

Anders Levermann, Johannes Feldmann (2019): Scaling of instability timescales of Antarctic outlet glaciers based on one-dimensional similitude analysis. The Cryosphere [DOI:10.5194/tc-2018-252]

Weblink zum Artikel: https://doi.org/10.5194/tc-2018-252

Quelle: Text Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK, 13. Juni 2019

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