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Kanton Bern Gemeinsam gegen den Lehrpersonenmangel Referat von RR Bernhard Pulver
Massnahmen: Lehrpersonenmangel im Kanton Bern
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Gemeinsam gegen den Lehrpersonenmangel
Referat von Regierungsrat Bernhard Pulver, Erziehungsdirektor des Kantons Bern

Unser aller Ziel - das Ziel der Lehrkräfte, Schulleitungen und Behörden, der Kantone, der Gemeinden, der Eltern, der Öffentlichkeit und der Wirtschaft - ist eine gute Schule für unsere Schülerinnen und Schüler, für unsere Gesellschaft, für unsere Wirtschaft.

Eine gute Schule braucht kompetente, gut ausgebildete und motivierte Lehrpersonen.

Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass jemand gerne Lehrerin oder Lehrer, Schulleiterin oder Schulleiter wird, und bereit ist, sich für diese gute Schule zu engagieren.

Und wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass genügend Lehrerinnen und Lehrer in den Schuldienst eintreten und in diesem verbleiben.

Ich werde meine Ausführungen in zwei Teile gliedern:

1. Ausgangslage

und

2. Was es braucht, um den Lehrberuf attraktiver zu machen


1. Ausgangslage

Wir haben die gegenwärtige und künftige Situation auf dem Stellenmarkt für Lehrpersonen analysiert und daraus unsere Schlüsse gezogen.

Aufgrund der verfügbaren Daten zeichnet sich ab, dass die Besetzung von Stellen künftig zunehmend schwieriger wird. Wir stehen vor der Herausforderung, dass Angebot und Bedarf an Lehrpersonen nicht mehr übereinstimmen und dass sich dieser Befund in den nächsten Jahren verstärken dürfte.

Grundsätzlich haben sich Zeiten von Lehrerarbeitslosigkeit und Lehrpersonenmangel immer wieder abgewechselt.

Trotzdem: Derzeit gibt es mehrere Indizien, dass sich der Lehrpersonenmangel in den nächsten Jahren stark akzentuieren wird und dass Handlungsbedarf besteht:

- In den folgenden Jahren müssen wir mit einer deutlich erhöhten Anzahl an Pensionierungen auf der Volksschulstufe wie auch auf der Sekundarstufe II rechnen. Im Jahr 2010 werden im Kanton Bern rund 90 Personen pensioniert; im 2014 sind es 400, im Jahr 2015 mehr als 500 Personen und im 2018 rund 650 Personen. Diese 650 Personen entsprechen knapp 400 Vollzeitstellen.

- Ab 2013 werden die Schülerinnen- und Schülerzahlen wieder steigen.

- Vielerorts besteht eine Tendenz zu einer zunehmenden Teilzeitbeschäftigung.

- Es stehen auch Reformen an, welche - sofern sie umgesetzt werden - einen Mehrbedarf an Lehrerinnen und Lehrern erzeugen werden.

So beispielsweise ...

o die Vorverlegung des Fremdsprachenunterrichts

o oder der Lehrplan 21.

- Die Diplomierungen an den Pädagogischen Hochschulen haben sich bisher auf einem gleichbleibenden Niveau gehalten. Wir können nicht abschätzen, wie viele Personen künftig tatsächlich die Pädagogischen Hochschulen besuchen werden.Für den Kanton Bern zeigen aktuelle Zahlen, dass wieder mehr junge Leute Lehrerin oder Lehrer werden wollen.

- Die Verfügbarkeit von Lehrpersonen wird auch durch die Konjunkturlage bzw. die Attraktivität anderer Wirtschaftsbereiche und die Fluktuationsrate beeinflusst.

- Die Tertiarisierung der Ausbildung von Lehrpersonen bringt mehr Flexibilität bezüglich eines Berufswechsels; Lehrpersonen sind auch für die Privatwirtschaft attraktive potenzielle Arbeitnehmende.

- Schliesslich beeinflussen auch die weiter sinkenden Klassengrössen den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern.

2.Was es braucht, um den Lehrberuf attraktiver zu machen

Wir nehmen die Situation ernst. Das Erarbeiten von Massnahmen, um Lehrpersonen zu gewinnen und sie anzuregen, im Schuldienst zu bleiben, haben eine hohe Prioriät.

Aus meiner Sicht sind Massnahmen in verschiedenen Bereichen und durch verschiedene Stellen nötig - seien es politische Gremien, Behörden, die Bildungsdirektionen, die Öffentlichkeit oder die Mitarbeitenden einer Schule.

Es gibt zahlreiche Punkte, an denen wir alle arbeiten können bzw. müssen, damit unsere Schulen und der Lehrberuf für potenzielle Berufsleute attraktiv sind.

Fünf Punkte sind für mich jedoch zentral:

- Punkt 1: Wertschätzung und Anerkennung

Die Arbeit unserer Lehrerinnen, Lehrer, unserer Schulleiterinnen und Schulleiter sollte wieder mehr geschätzt und anerkannt werden. Es ist in erster Linie an uns Bildungsdirek-torinnen und -direktoren, hier Zeichen zu setzen.

Das Unterrichten und der damit verbundene Anteil an Erziehen ist anspruchsvoller geworden:

- Wissen und Kenntnisse und insbesondere auch die Erwartungen der Berufswelt an unsere Schulabgängerinnen und -abgänger haben sich stark entwickelt.

- Das zu vermittelnde Wissen ist komplexer geworden.

- Die Gesellschaft und damit die Erziehung haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Diese ist zwar individualisierter und damit wohl kindgerechter, aber dadurch nicht einfacher geworden.

- Die Erwartungen von Eltern und Gesellschaft sind gestiegen und verlangen manchmal Unmögliches von Lehrpersonen. Die Liste der Wünsche der Gesellschaft an die Schule ist lang und reicht, wie der LCH-Präsident einmal darlegte, von A - Z. Keine Session der gesetzgebenden Behörden, wo nicht neue Wünsche an die Schule geäussert werden: Staatsbürgerlicher Unterricht, Aufklärung über die Gefahren nichtionisierender Strahlung, usw.

- Gleichzeitig sind die Klassen wesentlich heterogener geworden. Ein Teil der Kinder, die in die erste Klasse eintreten, können schon lesen und schreiben, andere sprechen kaum Deutsch.

Es muss in der Öffentlichkeit wieder mehr anerkannt werden, welch schöne, gleichzeitig auch anspruchsvolle, und auf jeden Fall äusserst wichtige Arbeit unsere Lehrerinnen und Lehrer für uns alle erfüllen.

Diese Arbeit sollte vermehrt geschätzt und wahrgenommen werden, sei es in der Politik, in der Verwaltung und nicht zuletzt in der Öffentlichkeit.

Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass dies schon ein ganz wichtiger Schritt zur Verbesserung der Attraktivität des Lehrerberufs ist - in den letzten Jahrzehnten ist diese Wertschätzung recht klein gewesen.

- Punkt 2: "Entschleunigung"

Wir müssen das Reformtempo an unserer Schule drosseln.

Als Erziehungsdirektor des Kantons Bern habe ich hier Handlungsspielraum. Wir versuchen, die anstehenden Veränderungen auf das Minimum zu reduzieren und Prioritäten zu setzen. Das ist in Bern sehr positiv aufgenommen werden.

Menschen brauchen, um arbeiten zu können, auch ein Minimum an Stabilität. Das heisst nicht, dass wir das Schulsystem jetzt einfach "einfrieren" könnten. Die Gesellschaft verändert sich und mit ihr muss sich auch die Schule weiterentwickeln.

Alle Massnahmen sind auf das Ziel hin zu überprüfen: Wird das Unterrichten vor Ort damit erleichtert und unterstützt?

- Punkt 3: Dialog mit Lehrpersonen und Schulleitungen

Diesen Dialog sollen alle Anspruchsgruppen der Schule mit den Mitarbeitenden der Schule führen. Es ist für die Lehrpersonen entscheidend, zu spüren, dass ihre Schwierigkeiten und ihre Herausforderungen durch die Politik wahrgenommen werden und dass sie in Veränderungen einbezogen werden.

Sie sind die Spezialistinnen und Spezialisten - beim täglichen Einsatz in den Schulzimmern und der Pädagogik.

Als Erziehungsdirektor habe ich diesen Dialog in den letzten Jahren vertieft. Ich werde in Zukunft die aufgebauten Kanäle und Gefässe noch besser nutzen und - wo nötig - ausbauen.

Ein Element kann auch sein, dass wir Veränderungen so gestalten, dass die Lehrkräfte diese Veränderungen selbst gestalten und auslösen. Ein Beispiel: Wir planen im Kanton Bern, die Einführung der Basisstufe nur dort vorzusehen, wo dies die betroffenen Schulen mit ihren Lehrkräften auch wollen.

- Punkt 4: Anpassungen bei den Anstellungs- und Arbeitsbedingungen

Zentraler Punkt der Berufsattraktivität sind natürlich die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen. Hier können die Kantone direkter ansetzen als bei anderen Einflussfaktoren.

Weder Demographie noch Arbeitsmarkt und Konjunkturlage können durch das Bildungs-system bzw. die Personalpolitik eines Kantons direkt gesteuert werden.

In diesem Bereich sind Schwerpunkte zu setzen:

Administrative Entlastungen der Lehrkräfte

Überprüfung des Lohnaufstiegs. Der Kanton Zürich hat hier bereits gehandelt, im Kanton Bern ist die gleiche Frage in Prüfung.

Reformen sind darauf auszurichten, die Ressourcensituation der Lehrkräfte zu verbessern. So sieht der Kanton Bern beispielsweise in der nächsten Volksschulgesetzrevision eine Ressourcenverbesserung in der Eingangsstufe und in der Realschule vor.

Gezielte Massnahmen (Beispiel: die in Bern kürzlich eingeführten SOS-Lektionen bei besonders schwierigen Klassensituationen) können eine wichtige Entlastung bringen.

In vielen kleinen Dingen ist es möglich, die Anstellungsbedingungen zu verbessern, ohne dass es viel kostet.

Ich komme auf einzelne dieser Massnahmen nachher zurück.

Selbstverständlich setzen uns die derzeit schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen auf Grund der Finanzkrise enge Grenzen. Aber die Strategie muss ja mittelfristig greifen und damit über die Finanzkrise hinaus angelegt sein.

- Punkt 5: Flexible Ausbildungsgänge

Zusätzlich sind dem heutigen Arbeitsmarkt angepasste, flexible Ausbildungsgänge äusserst wichtig für die Rekrutierung neuer Lehrpersonen an unsere pädagogischen Hochschulen. Die bestehenden Angebote wurden von unseren Kantonen überprüft und angepasst.


Massnahmen gegen den Lehrerinnen und Lehrpersonenmangel im Kanton Bern
Referat von Regierungsrat Bernhard Pulver, Erziehungsdirektor des Kantons Bern

Im Kanton Bern ist die Situation gegenwärtig noch nicht dramatisch. Die Besetzung von Stellen ist in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich. Dies zeigt unsere jährliche Umfrage bei den Schulleitungen der Volksschule und des Kindergartens.

Im Kindergarten und auf der Primarstufe ist die Stellenbesetzung eher unproblematisch.

Schwierig ist sie ...

- in den Randregionen,

- in Agglomerationen,

- auf der Sekundarstufe I (v. a. Real) und

- im Bereich der integrativen Förderung.

- Auf der Sekundarstufe II haben einzelne Schulen Mühe, in Mathematik, Physik und Chemie sowie in gewissen berufskundlichen Fächern Lehrkräfte zu finden.

Dennoch haben wir im Kanton Bern bereits verschiedene Massnahmen ergriffen, um den Lehrberuf attraktiver zu machen, um eine erhöhte Bindung der Lehrerinnen und Lehrer an ihren Beruf zu erreichen und um einem Lehrerinnen- und Lehrpersonenmangel vorzubeugen. Ich habe sie im ersten Teil meines Referates teilweise geschildert.

Wie ich vorgängig erwähnt habe, ist die Stellenbesetzung in Randgebieten schwieriger. Deshalb ist es bei uns schon seit langem möglich, dass auch Lehrerinnen und Lehrer unterrichten, die ein stufenfremdes Lehrdiplom haben.

Sie müssen aber in der Regel eine Reduktion des Gehalts in Kauf nehmen und können nur befristet angestellt werden. Auch wenn diese Regelung immer wieder Diskussionsgegenstand ist: Sie hat sich bewährt.

Die Optimierung der Anstellungs- und Arbeitsbedingungen ist für den Kanton Bern seit längerem zentral und in seiner Bildungsstrategie verankert. Verschiedene Massnahmen haben wir bereits umgesetzt wie zum Beispiel:

- Wir haben für verschiedene Kategorien von Lehrpersonen höhere Gehaltsklassen festgelegt, beispielsweise für die Kindergartenlehrkräfte oder die Lehrkräfte im Spezialunterricht. - Wir haben zusätzliche Lektionen bereitgestellt, um Lehrpersonen in schwierigen Situationen zu entlasten. Dies auf Grund der Ergebnisse einer Analyse zur Arbeits- und Anstellungssituation, die wir bei allen Lehrpersonen und Schulleitungen durchgeführt haben.

An der Pädagogischen Hochschule Bern haben Studentinnen und Studenten an den Instituten der Sekundarstufe I und II die Möglichkeit, ihr Abschlusspraktikum an ihren eigenen Klassen zu absolvieren, wenn sie bereits von einer Schule angestellt sind. Damit wollen wir verhindern, dass bereits tätige Lehrpersonen aus ihren Klassen abgezogen werden.

Wie geht es nun weiter?

Die Erziehungsdirektion des Kantons Bern prüft gegenwärtig verschiedene weiterführende Massnahmen bei den Anstellungs- und Arbeitsbedingungen.

- Wir werden die Gehaltsentwicklung überprüfen. Dies mit dem Ziel, die Einstiegslöhne zu erhöhen. Für diese Massnahmen braucht es mittelfristig zusätzliche finanzielle Mittel.

- Wir werden wie erwähnt auch andere personalpolitische Massnahmen prüfen, beispielsweise zusätzliche Entlastungen für Lehrpersonen oder mögliche Erhöhungen der Ressourcen für die Realstufe und die Eingangsstufe. Auch hier sind zusätzliche Mittel erforderlich.

- Wir haben ein Projekt lanciert, welches Entwicklungsmöglichkeiten im Lehrberuf erarbeitet hat. Dazu gehören beispielsweise ein Wirtschaftspraktikum, welches zurzeit ausgestaltet wird oder Nachqualifikationsmöglichkeiten.

- Eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Lehrpersonen spielen auch die Schulleitungen. Sie haben die Möglichkeit, den Berufseinstieg von jungen Lehrerinnen und Lehrern zu erleichtern, indem sie diese beispielsweise von einer Mentorin oder einem Mentor als Gesprächspartner begleiten lassen. Unter anderem aus diesem Grund haben wir ein Projekt zur Stärkung der Schulleitungen gestartet.

- Schliesslich wollen wir uns vermehrt auch direkt an die angehenden Lehrpersonen wenden, um sie in ihrem Berufsziel, Lehrerin oder Lehrer zu werden, zu bestärken.

Zum Schluss

Ich habe es eingangs erwähnt: Das Fundament unseres Bildungssystems sind gut ausgebildete, motivierte Lehrkräfte. Nur sie ermöglichen

- eine Schule, welche die Entwicklung zu eigenständigen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten unterstützt,

- eine Schule, welche die Mitwirkung in Gemeinschaft und Gesellschaft, die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft fördert,

- eine Schule, welche das Wissen und die Fertigkeiten vermittelt, die für den Erfolg in der nachfolgenden Stufe, in Beruf und für das lebenslange Lernen von Bedeutung sind.

Deshalb müssen wir zu den Lehrpersonen Sorge tragen.

Das Thema Lehrerinnen- und Lehrpersonenmangel ist komplex und nicht auf einmal zu lösen. Viele Beteiligte müssen am gleichen Strick ziehen; es braucht grosse und kleine Schritte und das Engagement vieler, damit wir diese Situation erfolgreich bewältigen können.

Quelle: Bildungsdirektion Kanton Zürich, Erziehungsdirektion Kanton Bern, Bildungsraum Nordwestschweiz (AG, BL, BS, SO), Juli 2010


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