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Russland Ältester Grabhügel der Skythen in Sibirien freigelegt 2024
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Ältester Grabhügel der Skythen in Sibirien freigelegt

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bern und dem Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena hat einen der bedeutendsten und ältesten Grabhügel Sibiriens freigelegt. Diese Entdeckungen bieten wertvolle Einblicke in die kulturellen Ursprünge der Skythen, einer Reiterkultur der eurasischen Steppe, und wurden nun vom Archaeology Magazine als eine der «Top 10 Archaeological Discoveries 2024» gewürdigt.

Die Skythen waren ein Reiternomadenvolk, welches in den eurasischen Steppen lebte. Die Skythen der eurasischen Steppe waren für ihren mobilen Lebensstil, ihre Fähigkeiten im Bogenschiessen und ihre Tierstilkunst bekannt. Während ihre Anwesenheit in der pontischen Steppe der heutigen Ukraine und Südwestrusslands gut dokumentiert ist, sind ihre kulturellen Wurzeln nach wie vor schwer fassbar.

Gino Caspari von der Universität Bern und dem Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena (D) hat mit seinem Team einen der grössten und ältesten Skythengrabhügel Sibiriens ausgegraben und dabei verstreute menschliche Knochen und Dutzende von Pferden entdeckt, die vermutlich zu Ehren einer hochgestellten Person geopfert wurden. Die Funde liefern Belege für eine Bestattungstradition, die auf ein extremes Machtgefälle und starke gesellschaftliche Hierarchien hindeuten, was man in der Randzone der Steppen einst für unmöglich hielt. Sie zeigen zudem tiefe Verbindungen zu kulturellen Praktiken der späten Bronzezeit in der Mongolei auf und weisen der Republik Tuwa im südlichen Teil von Sibirien eine wichtige Rolle bei der kulturellen Entwicklung des eurasischen Steppengürtels zu.

Die Entdeckungen von Gino Caspari und seinem Team zählen zu den «Top 10 Archaeological Discovery 2024», welche jährlich vom Archaeology Magazine, das seit über 70 Jahren vom Archaeological Institute of America herausgegeben wird, gewählt werden.

Jahrelange Forschung unter schwierigen Umständen

Gino Caspari hat das Grab zusammen mit seinen Kollegen Timur Sadykov und Jegor Blochin vom Institut für Geschichte der materiellen Kultur der Russischen Akademie der Wissenschaften (St. Petersburg) ausgegraben. Das Grab liegt in einem Sumpf in Sibirien, was die Logistik erschwerte. Das Team musste sich bei der harten körperlichen Arbeit in der Ausgrabungsstätte mit eisigen Temperaturen, Schneestürmen, Überschwemmungen und Mückenschwärmen auseinandersetzen. «Dies war mit Abstand mein schwierigstes Projekt, aber die wissenschaftlichen Ergebnisse waren es absolut wert,» sagt Gino Caspari.

Seit 2017 hat das Forschungsprojekt mehr als ein Dutzend wissenschaftliche Arbeiten zu unterschiedlichen Themen wie Menschenopfern, gewaltsamen Verletzungen bei Konflikten zwischen Stämmen, dem direkten Nachweis des eisenzeitlichen Fischkonsums anhand prähistorischer Parasiten sowie der Entwicklung neuer Methoden in der archäologischen Fernerkundung hervorgebracht.

Ein grausiges Tableau reitender Leichen

Soeben wurden zwei neue Studien in den Fachzeitschriften Antiquityund Scientific Reports veröffentlicht. Die neuen Studien liefern wichtige Erkenntnisse zu den fragmentierten Überresten von Menschen und Pferden, die vermutlich zu Ehren einer hochgestellten Person geopfert und in einem grausigen Tableau von reitenden Leichen angeordnet wurden. Zu neuen Funden gehörten Artefakte im skythischen Tierstil und Reitausrüstung, was diese Stätte als eines der frühesten Beispiele für skythische Bestattungspraktiken ausweist. Die Funde verdeutlichen, dass die Ursprünge der skythischen Kultur weit östlich ihrer späteren Kerngebiete in Osteuropa liegen. Parallelen zu Bestattungspraktiken aus der späten Bronzezeit in der Mongolei lassen ausserdem darauf schliessen, dass die skythischen Bestattungstraditionen tief in den Pferdekulturen der östlichen Steppen verwurzelt sind.

«Die reitenden Skythen haben seit Herodots Zeiten die Fantasie der Historikerinnen und Historiker angeregt», erklärt Gino Caspari. «Unsere Funde zeigen, dass einige von Herodots Beschreibungen der Skythen, die man für Übertreibungen hielt, tatsächlich einen sehr realen kulturellen Kern in den Ritualen der Steppe haben», so Caspari weiter. Die neuen Entdeckungen der Forschungsgruppe unterstreichen die zentrale Rolle der Republik Tuwa in der eurasischen Vorgeschichte. Sie betonen die Bedeutung Innerasiens für die Förderung früher transkontinentaler kultureller Verbindungen und die Rolle der Bestattungspraktiken bei der Gestaltung der politischen und kulturellen Landschaft der eurasischen Steppe. «Die Würdigung als eine der zehn wichtigsten Entdeckungen des Jahres 2024 ist eine Anerkennung für die Bedeutung dieses selten erforschten Teils der antiken Welt», sagt Caspari abschliessend.

Angaben zu den Publikationen:

Sadykov, T., Blochin, J., Taylor, W., Fomicheva, D., Kasparov, A., Khavrin, S., Malyutina, A., Szidat, S., Caspari, G. (2024). A spectral cavalcade: Early Iron Age horse sacrifice at a royal tomb in southern Siberia. Antiquity, 2024:1-20.

URL: https://www.cambridge.org/core/journals/antiquity/article/ spectral-cavalcade-early-iron-age-horse-sacrifice-at-a-royal-tombin- southern-siberia/80E0B627528E00EA7C2AE4456F182DAC DOI: 10.15184/aqy.2024.145

Slepchenko, S., Sadykov, T., Fomicheva, D., Blochin, J., & Caspari, G. (2024). Parasites provide evidence for fish consumption among Iron Age Siberian pastoralists. Scientific Reports, 14(1), 23551. URL: https://www.nature.com/articles/s41598-024-74284-w DOI: 10.1038/s41598-024-74284-w

Über das Institut für Archäologische Wissenschaften (IAW)

Das IAW bietet durch die Vielfalt vier archäologischer Disziplinen (Archäologie des Mittelmeerraumes, Römische Provinzen, Prähistorische Archäologie, Vorderasiatische Archäologie) ein umfassendes Studium vergangener Epochen. Forschungsprojekte im In- sowie im Ausland bieten fü̈r Studierende einen frühen Einstieg in die wissenschaftliche Praxis. Die Forschungen des Instituts beruhen auf den regionalen und thematischen Schwerpunkten der vier Abteilungen und umfassen alle Epochen der Menschheitsgeschichte.

Über die Abteilung für Vorderasiatische Archäologie

Die Abteilung Vorderasiatische Archäologie erforscht den Zeitraum vom Beginn des Neolithikums (ca. 12'000 v. Chr.) bis zum Beginn des Hellenismus (4. Jh. v. Chr.) mit den geographischen Schwerpunkten Mesopotamien, Syrien-Palästina, Anatolien und Iran. In den Epochen, in denen bedeutende Beziehungen zum Alten Orient bestehen, erweitert sich der Horizont: Die Arabische Halbinsel, der eurasische Steppengü̈rtel und Pakistan werden einbezogen. Untersucht werden einerseits die materiellen Hinterlassenschaften und andererseits die über die grossen Mengen textlicher Zeugnisse erschlossenen ideellen Errungenschaften des Alten Orients. Behandelt werden Aspekte wie Siedlungsgeographie, Urbanistik, Architektur, Kunst, Keramik, Bestattungswesen, Religion, Literatur, Geschichte, Handel und Wirtschaft, Sozialgeschichte und Alltagsleben. Vermittelt werden auch Theorien und Methoden der modernen archäologischen Forschung, darunter v.a. des Ausgrabungswesens in Vorderasien.

Quelle: Text Universität Bern, Institut fü̈r Archäologische Wissenschaften (IAW), 17. Dezember 2024
Die Jungsteinzeit und die Bronzezeit dauerten von ca. 10'000 bis 1'000 vor Christus. Die Jungsteinzeit endete ca. 2'800 vor Christus.
Die Eisenzeit war eine Epoche der Menschheitsgeschichte, welche in Mittteleuropa ungefähr um 800 v. Chr. und in Vorderasien um ca. 1'200 v. Chr. begann. Die Eisenzeit endete je nach Region zu unterschiedlichen Zeitpunkten. In Mitteleuropa endete die Eisenzeit mit dem Aufstieg des Römischen Reiches um ca. 500 vor. Christus. In Vorderasien dauerte diese Zeitepoche bis ins Mittelalter hinein.
Tuwa ist eine autonome Republik der Russischen Föderation, welche an der Grenze zur Mongolei westlich von Irkutsk liegt und vom Fluss Jenissei durchflossen wird.
Russland: Gewalt und blutige Rituale der Reiterkrieger in Sibirien vor 1'700 Jahren

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