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Langfristige Waldforschung für nachhaltige Waldwirtschaft
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Langfristige Waldforschung für nachhaltige Waldwirtschaft
von Reinhard Lässig und Sonja Stalder, Kommunikation WSLAmt für Wald KAWA
In Plenterwäldern wird laufend so viel Holz genutzt wie nachwächst, kleinflächig und ohne dass Kahlflächen entstehen. Schweizer Plenterwälder gelten im In- und Ausland als beispielhaft für die nachhaltige Waldbewirtschaftung.

Im Toppwald bei Konolfingen im Emmentall werden einige von ihnen seit 1905 von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL erforscht, in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald des Kantons Bern.

Anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums der WSL zogen beide Institutionen Bilanz: Die Ergebnisse aus der langfristigen Waldwachstumsforschung helfen der Forstpraxis, die Wälder optimal zu bewirtschaften.

Seit 105 Jahren wird in den Plenterwäldern des Emmentals geforscht. Auf den Versuchsflächen der WSL im Toppwald bei Konolfingen im Emmental sind seitdem wertvolle Forschungsergebnisse entstanden. Die langfristigen Untersuchungen zeigen unter anderem, dass der Holzzuwachs in den letzten 80 Jahren um 50 Prozent zugenommen hat. Plenterwälder sind gerade für private Waldeigentümer attraktiv. Da immer nur die dicken Bäume genutzt werden, erwirtschaften sie regelmässiges Einkommen. Doch die Versuche zeigen noch mehr: "Im Plenterwald können wir am Wachstum der Bäume langfristige Veränderungen z.B. des Bodens oder des Klimas erkennen", sagt Andreas Zingg, der die Waldwachstumsforschung an der WSL leitet.

Vor überhundert Jahren standen vor allem Fragen der Walderhaltung und der Sicherung des Schutzes vor Naturgefahren durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung im Vordergrund der Waldforschung. "Heute steht der Wald vor allem dort im Mittelpunkt, wo über die global steigende Nachfrage nach Holz und nach erneuerbaren Energien sowie über die Folgen des Klimawandels diskutiert wird", sagt Andreas Rigling, Direktionsmitglied der WSL. Viele der im Umweltbereich neu aufgetauchten Fragen liessen sich dank der langfristigen Versuchsreihen und Datenarchive der WSL mindestens teilweise beantworten, so der Waldforscher, der seit einigen Jahren selber im Wallis beobachtet, wie die Waldföhre klimabedingt durch die Flaumeiche ersetzt wird.

Gut dokumentierte Plenterwälder wie der Toppwald, in dem Weisstannen und Fichten bis zu 100 cm dick und 50 m hoch werden, dienen der Forstpraxis auch für die forstliche Aus- und Weiterbildung. "überlange Zeit gemessene Plenterwälder sind für mich Referenzobjekte, von denen wir lernen können, wie wir einen Wald mit wenig Aufwand pflegen und lenken müssen, damit er seine Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsfunktionen nachhaltig erbringen kann", sagt Walter Marti, Leiter der Waldabteilung Emmental des Amts für Wald des Kantons Bern. Der Forstingenieur weiss aus Erfahrung, dass Forstwartlehrlinge, angehende Forstingenieure, aber auch ausgebildete Forstleute gerne in den Toppwald kommen, um hier am Objekt praktischen Anschauungsunterricht zu erhalten.

Wirtschaftliche Vorteile

Wer sein Erspartes anlegt, erhält Zinsen. Der Wirtschafter im Wald kann also mit gutem Recht erwarten, dass auch der Wald regelmässig Zins abwirft. für Roger Schmidt, den Leiter des kantonalen Staatsforstbetriebes, liegt der wirtschaftliche Vorteil des Plenterwaldes auf der Hand. "Hier wird Wertholz produziert, es werden stets nur dicke Bäume geerntet, die auf dem Holzmarkt gute Preise erzielen", sagt er.

"Vor 40 Jahren konnte man allerdings mit dem Erlös eines Kubikmeter Holzes noch 10 Arbeitsstunden bezahlen, heute langt der Erlös gerade einmal für 1,5 Stunden", sagt Schmidt. Und weil heute viele Holzschläge sogar "Nullnummern" sind, wenn man die gesamten Bewirtschaftungskosten berücksichtigt, sind Forschung, Lehre und Praxis gefordert, die Holzernteprozesse effizienter zu gestalten. Auch die Plenterung muss sich weiter entwickeln, um die sich ändernden Bedürfnisse optimal zu erfüllen. Gut ist es gemäss Schmidt um die Ökologie bestellt. Denn in diesen reich strukturierten Tannen-Fichten-Buchen-Wälden finden viele Pflanzen- und Tierarten ihren Lebensraum.

Ein Perpetuum mobile ist der Plenterwald aber dennoch nicht, auch wenn Plenterwaldwirtschaft zerstörungsfreie, einzelstammweise Holznutzung sowie in hohem Ausmass Nachhaltigkeit bezüglich der Holz- und Energieversorgung, des Einkommens, der Waldverjüngung und des Ökosystems bedeutet. Plenterwaldwirtschaft ist stets mit viel Arbeits- und somit Kostenaufwand verbunden. für den Bewirtschafter geht die Rechnung am Ende ebenso knapp auf wie in anders bewirtschafteten Wäldern. Wenn es jedoch gelänge, den Wert der Plenterwälder für die Erholung, die Ökologie, den Boden- und Grundwasserschutz zu beziffern und als Erlös zu verbuchen, dann dürfte der Plenterwald anderen Bewirtschaftungsformen gegenübervermutlich im Vorteil sein. Hier ist die ökonomische Forschung gefragt, die in diesem Zusammenhang wichtige Grundlagen für künftige Entscheide erarbeiten kann.

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Bedeutung von Referenzflächen für die forstliche Aus-, Fort- und Weiterbildung
von Walter Marti, Leiter Waldabteilung 4 Emmental, Amt für Wald
Ich komme mit Forstwirtschaft-Studierenden, Forstingenieuren, Förstern oder interessierten Waldbesitzern immer wieder in den Toppwald, um an Forschungsflächen der WSL zu beobachten und zu lernen. Hier liegen Objekte vor, die den klassischen naturnahen Waldbau repräsentieren. Einzelstammweise Nutzung, Naturverjüngung und standortsgerechte Baumartenmischung sind die Eckpfeiler dieser Waldbewirtschaftung. Hier im Toppwald werden diese Grundsätze in einem sogenannten Plenterwald - ein mit Fichte, Tanne und beigemischten Buchen zusammengesetzten, stufig aufgebauten Mischwald - ideal berücksichtigt.

Um die Plenterwirtschaft zu visualisieren, bin ich auf Musterwaldbestände angewiesen. In diesem Waldgebiet, wo ein Waldbestand seit Generationen als Plenterwald bewirtschaftet und dabei seit 1905 durch die WSL wissenschaftlich begleitet wird, findet sich ein gutes Referenzobjekt für die forstliche Bildung. Es ist sehr gut dokumentiert, wie der Wald wächst, genutzt wird und in welchem Zustand er sich nach jedem Eingriff befindet. Die Datenreihe kann auch Fehler in der Bewirtschaftung aufzeigen, so zum Beispiel, wenn sich zu viele grosse Bäume in einer Fläche befinden und dadurch mittlere und kleine zu wenig Licht und Raum für eine ausreichende Entwicklung vorfinden. Auch der sich langfristig auswirkende Einfluss des Wildes lässt sich durch eine langjährige Zahlenreihe nachweisen, wenn zum Beispiel die vom Rehwild besonders beliebten Weisstannen infolge hoher Wilddichte übermehrere Jahrzehnte ausfallen.

Im Wald geschehen Veränderungen nur langsam. Im privatwaldreichen Emmental gibt es kaum Daten über den Zustand und die Entwicklung des Waldes. Die Ergebnisse des Landesforstinventares sind dienlich für einen guten Gesamtüber blick, sie können aber niemals Auskunft über den Einzelbestand geben. Die Fragen, die sich jeder Waldbauer bei jedem Bestandeseingriff stellen muss, "woher kommst du, wer bist du, wohin will ich dich haben?", können bei solchen Referenzobjekten sehr sachlich und fundiert diskutiert und beantwortet werden. Es geht schlussendlich um die Beantwortung der Frage, wie ein Waldbestand mit möglichst wenig Aufwand so gelenkt wird, dass er seine vielfältigen Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtfunktionen nachhaltig erbringen kann.

Forstwirtschaft-Studierende der ETH, der Fachhochschule Zollikofen und der Försterschule Lyss, aber auch aktive Forstingenieure, Förster, Forstwartlernende und Waldbesitzer benützen deshalb oft und gerne den Toppwald, um hier am Objekt praktischen Anschauungsunterricht zu erhalten.

Mein Dank geht an die WSL für die Fortführung der Aufnahmereihen und den Staatsforstbetrieb für die Zurverfügungstellung der Forschungsfläche. Gut ausgebildete Forstleute sorgen für eine nachhaltige, naturnahe, ökonomisch und ökologisch sinnvolle Waldbewirtschaftung und davon profitieren schlussendlich alle.

Quelle: WSL 2011

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Weitere Informationen
Eidgenössische Forschungsanstalt WSL Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF
Links
Externe Links
Waldwissen Bundesamt für Umwelt BAFU
Eidg. Forschungsanstalt WSL
WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF
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