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Kanton Bern: Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel
Referat Prof. Dr. Daniel Steiner, Leiter Institut Vorschulstufe und 2019
Primarstufe (IVP) der Pädagogischen Hochschule PHBern
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Lehrpersonenmangel
Kanton Bern: Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel
Referat: Prof. Dr. Daniel Steiner, Leiter Institut Vorschulstufe und Primarstufe (IVP) der Pädagogischen Hochschule PHBern
anlässlich der Medienkonferenz der Erziehungsdirektion vom 28. Februar 2019

Bevor ich mich zur Frage äussere, was die PHBern heute gegen den Lehrpersonenmangel im Kanton Bern tut und welche Massnahmen in Zukunft ergriffen werden können, möchte ich Ihnen zwei Studentinnen der PHBern vorstellen. Es sind dies Kim Niederer, Studentin am Institut Vorschulstufe und Primarstufe der PHBern, und Patricia Jover. Frau Jover studiert am Institut Sekundarstufe I. Frau Niederer war im Herbstsemester 2018 im Semestereinsatz an der Schule Oberbipp. Frau Jover ist zurzeit und bis zu den Sommerferien im Semestereinsatz in Hofstetten bei Brienz an einer altersdurchmischten 7. bis 9. Realklasse.

Ich möchte betonen: Die beiden Studentinnen haben die Einsätze an den Schulen nicht gesucht. Die betroffenen Schulen haben sich über das zuständige Schulinspektorat an die PHBern gewandt und wir von der PHBern haben sorgfältig Studierende ausgewählt, von denen wir erwarten können, dass sie die Notmassnahme - und um eine solche handelt es sich hier - erfolgreich bewältigen werden. Dazu gehört auch, dass die PHBern eine Begleitperson und die Schulen vor Ort eine Mentoratsperson zur Betreuung und Unterstützung der Studie-renden garantieren können.

Zuerst stelle ich Ihnen nun die Situation auf der Sekundarstufe I vor: Es geht also um die 7., 8. und 9. Klassen. Das Studium am Institut Sekundarstufe I besteht aus einem Bachelor- und einem anschliessenden Masterstudium. Das Bachelorstudium dauert in der Regel sechs Semester. Im Rahmen eines Vollzeitstudiums beträgt die gesamte Studiendauer neun Semester. Mit Ausnahme des 1. Praktikums können grundsätzlich alle Praktika der Ausbildung im Falle einer Anstellung auf der Sekundarstufe I an den eigenen Klassen, also berufsbegleitend, absolviert werden. Besonders das 3. Praktikum, welches in der Regel im 6. Semester absolviert wird und ein halbes Jahr dauert, ist sehr beliebt und kann auch als Notfallmassahme benutzt werden, indem Studierende dieses Praktikum als angestellte Lehrperson machen. Frau Jover leistet zurzeit - wie gesagt - einen solchen Einsatz in Hofstetten bei Brienz.

Das Institut Sekundarstufe I hat kürzlich eine Umfrage gemacht und dabei erfahren, dass 40 Prozent der Bachelor-Studierenden eine bezahlte Anstellung an einer Schule haben oder hatten. Bei den Master-Studierenden sind es sogar 90 Prozent. Auch nach dem Umfang der Anstellungen wurde gefragt: Rund die Hälfte der Anstellungen umfasst ein halbes Pensum oder mehr.

Am Institut Sekundarstufe I studieren knapp 1000 Studierende. Sie können sich leicht ausrechnen, dass mehrere Dutzend Klassen im Kanton Bern keine Lehrperson hätten, wenn die Studierenden der PHBern hier nicht eingesprungen wären. Umgekehrt muss man auch sagen, dass das Potenzial der PHBern, um weitere Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel zu ergreifen, auf der Sekundarstufe I schon weitgehend ausgeschöpft ist.

Ich komme zu den Einsätzen, die auf der Vorschulstufe und Primarstufe geleistet wurden und auch in Zukunft geleistet werden. Das Studium am Institut Vorschulstufe und Primarstufe wird nach drei Jahren mit dem Bachelor und dem Lehrdiplom abgeschlossen. Im Gegensatz zum viereinhalbjährigen Studiengang am Institut Sekundarstufe I ist es an meinem Institut aus Zeitgründen deutlich schwieriger, neben dem Studium einer Anstellung an einer Schule nachzugehen. Seit 2011 gibt es ein gemeinsames Projekt mit der Erziehungsdirektion, welches vorsieht, dass Studierende im 5. oder 6. Semester einen halbjährigen Einsatz auf der Vorschulstufe oder Primarstufe leisten können. Dies im Sinne einer Notmassnahme, wenn keine diplomierte Lehrperson gefunden wird. Der Plan musste in früheren Jahren nur vereinzelt und im vergangenen Sommer 2018 erstmals in grösserem Umfang umgesetzt werden. 40 Anfragen sind bei den beiden Instituten Vorschulstufe und Primarstufe der PHBern und der NMS eingegangen. 30 Studierende der beiden Institute waren schliesslich von August 2018 bis Ende Januar 2019 an 20 Stellen im Einsatz. Für das zweite Halbjahr sind 10 Anfragen eingegangen.

Als Verantwortlicher des Studiengangs Vorschulstufe und Primarstufe der PHBern möchte ich hierzu festzuhalten, dass

● wir von den Schulleitungen sehr gute Rückmeldungen zum Engagement der Studieren-den erhalten haben,

● die allgemeine Einschätzung der Studierenden zum Semestereinsatz ebenfalls sehr positiv ausfiel.

Nun möchte ich die beiden Studentinnen bitten, kurz über ihre Erfahrungen im Semestereinsatz zu berichten:

● Warum haben Sie sich für einen Semestereinsatz anstelle eines üblichen Praktikums entschieden?

● Was war Ihr schönstes Erlebnis?

● Welches waren für Sie die grössten Herausforderungen?

● Kamen Sie zwischendurch an Ihre Grenzen?

● Wie erlebten Sie die Unterstützung durch die Begleitpersonen der PHBern und die Mentoratspersonen der Schulen?

● Wem würden Sie einen solchen Einsatz empfehlen?

Nun möchte ich noch ein Pilotprojekt vorstellen, mit dem das Institut Vorschulstufe und Primarstufe der PHBern einen Beitrag gegen den Lehrpersonenmangel leisten wird. Mit dem Pilotprojekt «Studienbegleitender Berufseinstieg» (SBBE), das im August 2019 starten wird, wollen wir an der PHBern aber auch den Berufseinstieg neu gestalten und gleichzeitig dafür sorgen, dass Studierende früher eine Anstellung im Schulfeld annehmen können.

Der Berufseinstieg

● ist aufgrund vielfältiger Anforderungen an die Berufstätigkeit eine Phase starker Beanspruchungen,

● ist eine Schlüsselphase in der (berufs)biografischen Entwicklung,

● ist am Institut Sekundarstufe I bereits heute in vielen Fällen studienbegleitend, wie ich Ihnen zu Beginn ausgeführt habe.

Das Pilotprojekt sieht vor, dass

● das 3. Studienjahr in zwei Jahren absolviert wird,

● die Studierenden parallel zum Studium 40 bis 60 Prozent an einer Schule angestellt sind,

● Begleitpersonen der PHBern und Mentoratspersonen der Schulen vor Ort die Studieren-den betreuen und unterstützen.

Der Studienbegleitende Berufseinstieg ist somit - wie gesagt - auch ein Beitrag gegen den Lehrpersonenmangel auf der Vorschulstufe und der Primarstufe. Im Zentrum steht aber ein
sanfterer und besser unterstützter Berufseinstieg. Ein wichtiges Ziel dabei ist, die Zahl der jungen Lehrpersonen, die bereits nach kurzer Zeit den Lehrberuf enttäuscht verlassen, weiter zu senken. Statistiken zeigen, dass 5 Jahre nach Abschluss der Ausbildung 80 Prozent der Lehrpersonen noch im Beruf tätig sind. Wenn dieser Prozentsatz mit dem Pilotprojekt noch weiter erhöht werden könnte, wäre dies ein grosser Erfolg - auch im Kampf gegen den Lehrpersonenmangel.

Gut 20 Studierende werden ab August 2019 am Pilotprojekt teilnehmen. Die Ergebnisse der Testphase werden auf jeden Fall bei der Entwicklung des neuen Studiengangs für die Vorschulstufe und Primarstufe, der ab 2022 gelten wird, einfliessen.

Schliesslich möchte ich noch einige Aspekte beleuchten, die mir im Zusammenhang mit dem Lehrpersonenmangel wichtig erscheinen, und einen Blick in die Zukunft wagen:

● Insbesondere dank intensiver Werbeanstrengungen seit 2014 innerhalb und ausserhalb des Kantons Bern weist die PHBern seit mehreren Jahren steigende Studierendenzahlen auf und leistet bereits auf diese Weise einen Beitrag gegen den Lehrpersonenmangel.

● Der Anteil der Studierenden ohne gymnasiale Maturität steigt seit mehreren Jahren an. 2011 hatten noch 75 Prozent aller Studierenden eine gymnasiale Maturität. Im Herbstsemester 2018 waren es noch 62 Prozent. Mehr als ein Drittel unserer Studierenden kommt somit nicht mehr über den klassischen Weg der Gymnasien zu uns. Sie haben eine Be-rufs- oder Fachmaturität erlangt, verfügen über einen ausländischen Ausweis oder haben ihre Zulassung über eine Passerelle, den Vorbereitungskurs oder die «Admission sur dossier» erlangt.

● Bereits heute ist das Teilzeitstudium an der PHBern weit verbreitet. Oft wird es genutzt, um neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit als Lehrperson an einer Schule nachzugehen.

● Die PHBern schafft im Auftrag der Erziehungsdirektion eine Kontaktstelle «Lehrpersonenmangel», um die Schulen bei der erschwerten Stellenbesetzung noch zielgerichteter unterstützen zu können.

● Die neuen Studiengänge an der PHBern, welche 2021/2022 umgesetzt werden, bringen mehr Individualisierung und Flexibilisierung. Ziel ist es, die Studiengänge konsequenter an den individuellen Voraussetzungen der Studierenden auszurichten. Selbstverständlich werden die neuen Studiengänge in enger Zusammenarbeit mit den Partnerschulen der PHBern entwickelt.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch ein paar Worte zum Handlungsbedarf und zu den Grundsätzen der PHBern:

● Wir müssen den Lehrberuf attraktiver machen.

● Wir müssen mehr Personen erreichen, die auf dem zweiten Bildungsweg an die PHBern kommen, um sich zur Lehrerin oder zum Lehrer ausbilden zu lassen.

● Dazu braucht es zusätzliche, massgeschneiderte Lösungen, gerade zur Finanzierung des Studiums von Personen über 30 Jahren.

● Die PHBern versteht sich als Hüterin und Garantin einer qualitativ hochstehenden Lehre-rinnen- und Lehrerbildung. Sie unterstützt die Schulen bei der Besetzung offener Stellen nach Kräften. Notlösungen dürfen aber auf keinen Fall auf Kosten der Studierenden und der Ausbildungsqualität umgesetzt werden.

Die PHBern prägt die Schule der Zukunft: innovativ, vernetzt und agil. Dies gilt auch im Kampf gegen den Lehrpersonenmangel.

Quelle: Text Kanton Bern, 28. Februar 2019
Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel»
Kantone Gemeinsam gegen den Lehrpersonenmangel 2010

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