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Schweizer Jugend Suchtmittel
Schweizer Jugend Exzessiver Suchtmittelkonsum 2005
Staatskunde - Statistiken Schweiz
Exzessiver Suchtmittelkonsum nimmt zu
Übermässiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung sowie Unfälle und Verletzungen nehmen bei Jugendlichen in der Schweiz zu. Beim Kiffen nimmt unser Land im europäischen Vergleich gar eine Spitzenposition ein und die Anzahl Schweizer Teenager, die mit einem übermässigen Suchtmittelkonsum ihre Gesundheit gefährden, steigt. Die repräsentative Studie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) zeigt auf, wie sich die Gesundheit der Jugendlichen entwickelt hat und wie unser Land im europäischen Vergleich dasteht.

"Die Schweizer Jugendlichen trinken vermehrt über den Durst, sie kiffen mehr und ernähren sich ungesünder als früher", erklärt Holger Schmid, Leiter der Schülerstudie "Health Behaviour in School-Aged Children (HBSC)". "Was uns darüber hinaus Sorgen macht, ist, dass sie viel mehr Unfälle und Verletzungen haben als noch vor acht Jahren." Wie ein aktueller europäischer Vergleich zeigt, steht die Schweiz mit diesen Problemen aber nicht alleine da: In ganz Europa suchen die Jugendlichen den Alkoholrausch. Immer mehr Jugendliche haben Erfahrung mit Cannabis und der Anteil der jugendlichen Raucherinnen und Raucher ist europaweit hoch. Auch die ungesunde Ernährung sowie die Unfälle und Verletzungen sind in unseren Nachbarländern häufig.

Die Skandinavier trinken, die Schweizer kiffen und die Briten tun beides

Neben den erwähnten europäischen Gemeinsamkeiten zeichnen sich auch gewisse Unterschiede ab: Grossbritannien und die skandinavischen Länder ragen vor allem mit einem hohen Anteil sich betrinkender Jugendlicher heraus: Mehr als die Hälfte der 15-Jährigen in Grossbritannien, Dänemark, Finnland und der Ukraine waren schon mehrmals betrunken. In der Schweiz liegt die Rate mit 27,8% deutlich tiefer. Umso heftiger ziehen die helvetischen Jugendlichen aber am Joint: Beim Kiffen liegt die Schweiz zusammen mit Grossbritannien und Spanien ganz vorne: Etwa jeder dritte 15-Jährige in diesen drei Ländern hat in den 12 Monaten vor der Untersuchung Cannabis konsumiert.

Fragt man die Jugendlichen nach ihrem Gesundheitsbefinden, so zeigt sich ein grosses Ost-West-Gefälle: In den Ländern Osteuropas ist der subjektive Gesundheitszustand der Jugendlichen besonders schlecht. In Russland, Lettland und in der Ukraine bezeichnet ein Drittel bis fast die Hälfte der befragten Jugendlichen die eigene Gesundheit als "schlecht" oder nur "einigermassen gut". In der Schweiz liegt diese Rate bei 9,4%.

Die mittel- und westeuropäischen Jugendlichen fühlen sich aber deutlich häufiger zu dick und unwohl in ihrer Haut als die osteuropäischen: Rund ein Drittel der 15-Jährigen ist in den meisten mittel- und westeuropäischen Ländern mit seinem Körper unzufrieden. Die Schweiz liegt mit rund 33 Prozent im oberen Mittelfeld.

Trend in der Schweiz: mehr Unfälle und Verletzungen, weniger Gewalt

Unfälle und Verletzungen sind die wichtigste Todesursache bei Jugendlichen in der Schweiz und sie werden im Vergleich zu den Krankheiten immer wichtiger: In der Schülerbefragung von 2002 gab etwa die Hälfte der Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren an, in den letzten 12 Monaten wegen einer Verletzung (z.B. Sportverletzung, Freizeit- oder Verkehrsunfall) beim Arzt gewesen zu sein. Das sind 10 bis 15 Prozent mehr als 1994 (je nach Altersgruppe). Verglichen mit anderen Ländern in Mittel- und Westeuropa liegt die Schweiz damit leicht über dem Durchschnitt.

Für unser Land gibt es aber auch positive Entwicklungen zu verzeichnen: Gewalt in der Schule nimmt nach den Angaben der helvetischen Jugendlichen ab - sowohl die selbst erlebte, als auch die ausgeübte. Während im Jahre 1998 noch rund 20 Prozent der Jugendlichen angaben, in den letzten 2 Monaten wiederholt schikaniert worden zu sein, waren es im Jahr 2002 nur noch etwa 13 Prozent. Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz damit etwa im Mittelfeld. Höhere Anteile sind vor allem in Osteuropa zu finden.

10 Prozent mehr Jugendliche mit risikohaftem Suchtmittelkonsum

Tägliches Rauchen, wiederholte Trunkenheit und Cannabiskonsum gehören mit zu den Risikoverhaltensweisen, die die Gesundheit Jugendlicher gefährden. Der Anteil Schweizer Schüler und Schülerinnen mit einem ausgeprägten Suchtmittelkonsum hat zwischen 1998 und 2002 um fast 10 Prozent zugenommen.

Was ist der Grund für die zunehmende Lust am exzessiven Suchtmittelkonsum? "Risikoverhalten - und dazu gehört auch der übermässige Suchtmittel- oder Drogenkonsum - hat in unserer Gesellschaft und speziell in der Jugendkultur ein positives Image: Kiffen, saufen und rauchen sowie die eigenen Grenzen ausloten gilt als cool", erläutert Studienleiter Holger Schmid. "Ausserdem kann der Griff zu Alkohol, Tabak oder Cannabis für manche Jugendliche auch die Antwort auf steigende Leistungsanforderungen der Gesellschaft oder mangelnde Zukunftsperspektiven sein."

Gesundheitsverhalten von 11- bis 16jährigen SchülerInnen in der Schweiz
ein Projekt unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Projekt
Projektbeginn: (laufender Vertrag) Dezember 2000 - Projektende: November 2004
Auftraggeber: Finanziert durch das Bundesamt für Gesundheit (Vertrag Nr. 00.000300), die Kantone und die SFA.
Der Bericht zur Schweiz im internationalen Vergleich ist jetzt online erhältlich:
Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern. Entwicklungen, Trends und internationale Vergleiche.

Projektbeschreibung

Das Projekt "Health Behaviour in School-Aged Children" ist eine internationale, alle 4 Jahre stattfindende Untersuchung über Gesundheit und Gesundheitsverhalten 11- bis 16-jähriger Schülerinnen und Schüler. Sie steht unter Schirmherrschaft der WHO. Dreiunddreissig europäische Länder oder Regionen sowie Kanada und die Vereinigten Staaten nehmen daran teil.

Ziel dieser Studie ist es erstens, mittels einer standardisierten Methodologie Trenddaten über gesundheitsschädigende und gesundheitsfördernde Verhaltensweisen von Schülern und Schülerinnen in verschiedenen Ländern vergleichbar zu erheben. Zweitens gilt es, die erhobenen Daten vergleichend zu analysieren und die Basis für ein Informationssystem über Trends im Gesundheitsverhalten von Schülerinnen und Schülern zu legen. Diese Untersuchung gibt zudem Aufschluss über mögliche präventive Massnahmen.

Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme ist mit der Untersuchung in der Schweiz betraut. Sie ist Garant für die erfolgreiche Teilnahme an den Untersuchungen von 1986, 1990, 1994, 1998 und 2002. Sie setzt Forschungsschwerpunkte, die sich auf die Erfassung von Konsummustern legaler und illegaler Stoffe bei Kindern und Jugendlichen, von Risikoverhalten, von Gewaltbereitschaft, Sexualität, Unfällen und gesundheitsfördernden Verhaltensweisen wie Sport usw. konzentrieren. Die Resultate der vorangegangenen Untersuchungen (1986, 1990, 1994 und 1998) wurden in einer Vielzahl von Publikationen (PDF 250Kb) veröffentlicht.

Die letzte Befragung wurde 2002 durchgeführt. Bereits im April 2003 fand die Pressekonferenz zu den Ergebnissen der Befragung statt. Ein Schwergewicht wurde dabei auf den Trend im Konsum psychoaktiver Substanzen über die Untersuchungsjahre seit 1986 gelegt. Die für die Schweiz repräsentative Untersuchung zeigt einen Anstieg in der Häufigkeit der Alkoholkonsums und in der Häufigkeit von Trunkenheitserlebnissen. Der regelmässige Konsum von Zigaretten stabilisiert sich hingegen auf hohem Niveau. In der Altersgruppe der 15-/16-Jährigen wird Cannabis immer häufiger konsumiert. Aussagen zu Trends im Konsum anderer Drogen sind aufgrund der Seltenheit nur mit grösster Vorsicht zu machen. Bei Kokain und Ecstasy scheint es sich aber um kommende Substanzen zu handeln. Die Ergebnisse wurden in einem Forschungsbericht (Schmid et al., 2003) und in einer dreisprachigen (Schmid et al., 2003; d, f, i) Broschüre dem breiten Publikum vorgestellt.

Neben der Analyse des Konsumverhaltens wurde eine umfassende beschreibende Statistik aller Fragen zu Gesundheit und Gesundheitsverhalten erstellt. Parallel zur nationalen Beschreibung (Kuendig et al., 2003) wurde für die Kantone Aargau, Bern, Graubünden, Fribourg, Genève, Jura, Tessin und Valais je eine kantonale Beschreibung geliefert, die einen direkten Vergleich zwischen der Schweiz und dem Kanton erlaubt. Daten zur Gesundheitserziehung in der Schule aus der Sicht der Lehrkräfte und aus der Sicht der Schuldirektion wurden ebenfalls analysiert und in Berichten beschrieben.

Eine Kooperation mit dem "Swiss Multicenter Adolescent Survey on Health 2002 - SMASH02" wurde ebenfalls aufgenommen und die Ergebnisse zeigen die hohe Konsistenz zwischen den komplementären Altersgruppen von HBSC (11- bis 16-Jährige) und SMASH02 (16- bis 20-Jährige).

Die nächste Befragung ist für das Schuljahr 2005/2006 vorgesehen. Sie legt den Schwerpunkt auf die Weiterführung der Beschreibung von Trends im Gesundheitsverhalten anhand der Befragungen seit 1986.

Hilfe für Risikogruppen - Gesundheitsförderung für alle
Die Ergebnisse der Schülerstudie sollten Erziehungs- und Gesundheitsfachleute aufhorchen lassen. "Wenn Jugendliche regelmässig Suchtmittel oder Drogen konsumieren, ist das meist Ausdruck eines generellen Unwohlseins", erklärt Michel Graf, Direktor und Präventionsfachmann der SFA. "Solche gefährdete Jugendliche brauchen dringend fachkundige Unterstützung - sei dies durch den Schulpsychologen bzw. -sozialarbeiter, die Hausärztin oder eine Suchtfachstelle." Suchtprävention setzt aber schon früher ein: Die SFA unterstützt mit zahlreichen Informationsbroschüren und Lehrmitteln für den Schulunterricht (z.B. "Cannabis und Schule" oder "Alkohol - mit Jugendlichen darüber reden") eine kritische Auseinandersetzung mit Suchtmitteln und ihren Risiken.

Der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen müsse in unserer Gesellschaft eine höhere Priorität eingeräumt werden, ist Graf überzeugt. "Die Heranwachsenden brauchen Unterstützung, um mit der immer komplexer werdenden Umwelt konstruktiv umgehen zu lernen." Diese gesundheitsfördernden Massnahmen sind allerdings nur dann wirksam, wenn alle Akteure am gleichen Strick ziehen: Eltern, Lehrkräfte, aber auch die Gemeinde sowie die Politiker und Politikerinnen sind gefordert: "Jugendschutzmassnahmen, Zugangsbeschränkungen, Werbeverbote und eine Hochpreispolitik haben sich als sehr wirksam erwiesen", so Graf, "sie müssen deshalb dringend umgesetzt werden.">

Quelle: Text Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA), 2005

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Schweizerische Fachstelle für Alkhol- und andere Drogenprobleme
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