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Fakten zum Twannberg-Meteoriten 2016
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Meteoriten
Twannberg-Meteorit: Fakten

Woraus besteht der Twannberg-Meteorit?

Wie erkennt man einen Meteoriten?

Darf ich einen selbst gefundenen Meteoriten behalten?

Was ist ein Meteorit?

Meteoriten sind Bruchstücke von anderen Himmelskörpern unseres Sonnensystems, meist von Asteroiden. Weil sie im Gegensatz zu allen Gesteinen der Erde seit der Entstehung des Sonnensystems vor 4'567 Milliarden Jahren kaum Veränderungen unterworfen waren, sind sie von grösstem wissenschaftlichem Interesse. Fast alles, was wir über das frühe Sonnensystem und damit auch die Entstehung der Erde wissen, stammt aus der Untersuchung von Meteoriten.

Was ist ein Eisenmeteorit?

Der Twannberg-Meteorit ist ein Eisenmeteorit. Eisenmeteoriten sind Bruchstücke von ursprünglich mehrere Kilometer grossen Kernen von Asteroiden, die kurz nach der Entstehung unseres Sonnensystems vor 4'567 Milliarden Jahren aufgeschmolzen sind.

Die genaue Analyse der rund 1'100 bekannten Eisenmeteoriten hat ergeben, dass diese Reste von über 50 verschiedenen Asteroidenkernen darstellen.

Der Twannberg-Meteorit gehört nun zu einer kleinen Gruppe (IIG) mit nur sechs anerkannten verschiedenen Meteoriten, also ein sehr seltener Meteoritentyp. Die anderen fünf Meteoriten dieser Gruppe (vier verschiedene Fallereignisse) sind Tombigbee River und Auburn, beide in Alabama, USA (Funde 1859 und 1867, vermutlich zusammen gehörend); La Primitiva, Chile (Fund 1888); Bellsbank, Südafrika (Fund 1955); Guanaco, Chile (Fund 2000).

Aus was besteht der Twannberg-Meteorit?

Eine Tonne Twannberg-Meteorit besteht aus: 928 kg Eisen, 50 kg Nickel, 16,7 kg Phosphor, 5 kg Kobalt, 90 g Kupfer, 35 g Gallium, 30 g Germanium, 15 g Arsen, 1 g Gold, 0,1 g Iridium. Die Zusammensetzung von Twannberg ist innerhalb der Eisenmeteoriten sehr ungewöhnlich: Er weist den niedrigsten Nickel-Gehalt auf (4.5% im Metall), dafür einen sehr hohen Phosphor-Gehalt.

Wann ist der Twannberg-Meteorit gefallen?

Das Fall-Alter kann mit Hilfe sogenannter kosmogener Isotope bestimmt werden. Dies sind radioakive Elemente, welche im All durch die kosmische Strahlung im Meteorit erzeugt wurden und nach dem Fall wieder zerfallen. Diese radioak/ven Atome sind nur in winzigsten Spuren vorhanden, entsprechend schwierig ist die Analyse. Das vom Physikalischen Institut der Universität Bern bestimmte terrestrische Alter (Fall-Alter) des Twannberg-Meteoriten beträgt 100'000 bis 200'000 Jahre (in Zusammenarbeit mit Forschern in Dresden).

Wie gross war Twannberg, als er auf die Erde fiel?

Anhand der Analysen (Edelgasmessungen) der Physiker der Universität Bern konnte bestimmt werden, dass Twannberg beim Fall einige Meter Durchmesser gehabt haben muss. Eine der analysierten Proben deutet sogar auf einen Durchmesser von 6-20 m hin. Die bisher gefundenen 75 kg entsprechen hingegen lediglich einem Würfel von etwa 21 cm Kantenlänge oder einer Kugel von 26 cm Durchmesser.

Hat der Twannberg-Meteoritenfall Krater produziert?

Viele Eisenmeteoriten-Fälle mit präatmosphärischen Massen im Bereich von mindestens einigen 100 t (Durchmesser von einigen Metern) haben kleine Krater produziert. Es ist also durchaus möglich, dass dies auch beim Fall des Twannberg-Meteoriten geschehen ist. Auf dem Twannberg und in der weiteren Umgebung existieren einige auffällige kraterähnliche Geländeverwerfungen. Die Forscher untersuchten mehrere davon, konnten aber keine Hinweise auf eine Entstehung als Resultat eines Meteoritenfalls feststellen. Es kann gut sein, dass eingrosser Teil des Meteoriten auf ein Gebiet fiel, auf dem sich später Gletscher türmten - dadurch wären die Spuren wohl vollständig verwischt worden.

Wie unterscheidet man ein Stück Eisenmeteorit von Schrott?

Obwohl für Meteoriten niedrig, ist der Nickelgehalt von rund 4,5 % charakteristisch. Wir verwenden ein tragbares Röntgenfluoreszenzgerät, welches eine Unterscheidung von Twannberg-Meteoriten von Schrott anhand des Nickelgehaltes innerhalb von rund 10 Sekunden zulässt. Chemische Tests sind ebenfalls möglich, jedoch wesentlich aufwändiger und oft weniger sicher. Zur eindeutigen Identifikation von Twannberg-Meteoritenmaterial dient der Nachweis der grossen Schreibersit-Einschlüsse.

Haben die Meteoritenjäger am Twannberg auch andere Dinge gefunden?

Bis Mai 2016 sind bei der Suche mehr als eine halbe Tonne «Eisenschrott» zu Tage gefördert worden, unter denen höchst spannende Objekte schlummern. Gefunden wurden unter anderem: 400 Ochsen-Hufeisen, 50 Sicheln, 276 Messerklingen, 200 Glockenklöppel und 100 Eisenkeile, aber auch archäologisch bedeutendes Fundgut wie römische Münzen und Fibeln, Lanzenspitzen, ein bronzezeitliches Messer und ein mittelalterlicher Rittersporen. Zudem gab es auch skurrile Funde wie eine Kugelstoss-Kugel und ein verbuddeltes «Lager» mit etlichen Flaschen alkoholischer Getränke.

Wem gehören die Meteoriten?

Das Auffnden einer grösseren Anzahl von Twannberg-Meteoriten, einem Material von grosser Seltenheit und von wissenschaftlichem Interesse, war Anlass, die Anwendung der gesetzlichen Grundlagen mit allen zuständigen Institutionen abzusprechen.

Grundlage ist Artikel 724 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, welcher Folgendes festlegt: «Herrenlose Naturkörper oder Altertümer von wissenschaftlichem Wert sind Eigentum des Kantons, in dessen Gebiet sie gefunden worden sind» (Ziffer 1). Weiter ist festgehalten: «Der Finder und im Falle des Schatzes auch der Eigentümer haben Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, die jedoch den Wert der Gegenstände nicht übersteigen soll».

Im Falle der vielen Twannberg-Funde gab es mindestens zwei Knackpunkte:

Welche Objekte sind von wissenschaftlichem Wert und was ist eine angemessene Entschädigung?

Gemeinsam mit Vertretern der Universität Bern (Institut für Geologie, Physikalisches Institut) und dem Amt für Landwirtschaft und Natur, Abteilung Naturförderung, des Kantons Bern wurde eine Regelung erarbeitet, welche mit diesen gesetzlichen Grundlagen konsistent ist und sowohl für Wissenschaft als auch für die Finder möglichst gute Rahmenbedingungen bietet. Die Basis ist in der revidierten Naturschutzverordnung des Kantons Bern sowie in einer Weisung der Abteilung Naturförderung vom 15.3.2016 festgehalten. Darin wird definiert, dass das Naturhistorische Museum der Burgergemeinde Bern (NMBE) in Absprache mit den zuständigen Instituten der Universität Bern jene Stelle ist, welche über wissenschaftlichen Wert der einzelnen Funde entscheidet.

Alle Funde müssen dem NMBE zur Dokumentation vorgelegt werden. Die Entschädigung kann in gegenseitigem Einvernehmen aus einem Teil der Fundmasse bestehen, bei Objekten bis 100 g z.B. bleiben 90% beim Finder. Nach Abtreten eines Teils der Fundmasse gehört der Rest dem Finder.

Darf jeder suchen?

Die Benutzung eines Metalldetektors im Kanton Bern bedarf einer Bewilligung des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern. Verlangt wird insbesondere die Dokumentation und Ablieferung aller potentiell archäologisch interessanten Funde. Zusätzlich bestehen gewisse Auflagen des Naturschutzes und von Seiten der Gemeinden.

Wo kann ich einen fraglichen Meteoriten untersuchen lassen?

Fragliche Meteoriten, Twannberg-Stücke oder andere, können dem Naturhistorischen Museum Bern zur kostenlosen Prüfung vorgelegt werden. Wir appellieren an die Finder, den Fund gut zu dokumentieren (GPS-Koordinaten des Fundortes und Fundtiefe). Am besten melden Sie ihr Objekt per E-Mail mit einem guten Foto. Die folgende kleine Checkliste kann helfen:

Typisch für Meteoriten sind folgende Eigenschaften:

- Eisenmeteoriten sind schwer, stark magnetisch und meist rostig
- Magnetismus ist oft auch bei Steinmeteoriten vorhanden (aber nicht immer!)
- Schwarze, glänzende Kruste, darunter wesentlich heller
- Das Gestein enthält massenhaft Kügelchen von 0,2-2 mm Durchmesser

Sicher keine Meteoriten sind Objekte mit den folgenden Eigenschaften:

- Das Objekt ist auffällig schwer, metallisch, aber nicht magnetisch
- Rostig, aber nicht magnetisch
- Grosse, blasige Hohlräume oder sonst hohle Steine

Werden die gefunden Stücke weiter erforscht?

Ja, die Daten, welche vor allem am Physikalischen Ins5tut der Universität Bern, z.T. in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf in Deutschland, an Proben des Twannberg-Meteoriten erarbeitet werden, sind von grösster Bedeutung für das Verständnis des Fall-Ereignisses und fliessen auch direkt in die Ausrichtung der Prospektion ein. Dabei geht es einerseits um das Fall-Alter des Meteoriten, andererseits um die urspüngliche Position einzelner Fragmente im einige Meter grossen Asteroiden vor dessen Fall auf die Erde. Die Analysen von Edelgasen zeigen, dass es sich bei Twannberg um einen der grössten bekannten Eisenmeteoriten handeln muss.

Quelle: Text Simon Jäggi, Naturhistorische Museum der Burgergemeinde Bern (NMBE) , 18. August 2016

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