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VSE - Wege in die neue Stromzukunft
Referat von Kurt Rohrbach, Präsident VSE anlässlich der VSE- Medienkonferenz vom 12. Juni 2012, Bern

Wichtige Weichen für den Weg in die Zukunft stellen die demokratischen Institutionen, Behörden, Gesetzgeber und letztlich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger. Sie setzen die Rahmenbedingungen für Investoren, Betreiber, aber auch Verbraucher, Anwender, Vermittler und andere Akteure. Die Gestaltung dieser Rahmenbedingungen muss bewusst und in Kenntnis der Sachlage erfolgen. Als Energieunternehmen sind wir einerseits Akteure, Investoren, andererseits Mitgestalter, wir sind aber nicht die allein Betroffenen. Wir sind zwar auch betroffen, aber die Auswirkungen tragen vor allem die Wirtschaft, insbesondere die Produktionsbetriebe und der Verkehrssektor. Deshalb haben wir Ihnen aufgezeigt, welche Wege in diese Zukunft wir uns vorstellen können. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie die Auswirkungen aussehen. Wir stellen an uns als Fachleute den Anspruch, diesen Beitrag professionell, mit dem nötigen Tiefgang und objektiv zu leisten. Mit der Studie schaffen wir Transparenz, diese ist zentral, damit faktenbasiert diskutiert und entschieden werden kann.

Eine Forderung der Branche ist seit langem, dass für die Stromzukunft unterschiedliche, aber in sich konsistente Szenarien definiert werden. Weshalb legen wir so grossen Wert auf das Denken in Szenarien? Als demokratische Gesellschaft können wir zwar die Rahmenbedingungen gestalten und die Struktur der Stromversorgung weitgehend beeinflussen. Allerdings haben wir auf viele Faktoren keinen Einfluss, etwa wie sich die Konjunktur entwickelt oder wie sich weltweit die Verfügbarkeit und die Preise von Primärenergieträgern präsentieren, welchen Einfluss die Klimapolitik wichtiger Staaten darauf hat. Ein wesentliches Element bei der Neugestaltung der Stromversorgung wird die wirtschaftliche Entwicklung sein. Von ihr hängt massgeblich ab, wie schnell ein Umbau vonstattengehen kann. Bis ins Jahr 2035 müssen je nach Szenario über 70 Milliarden Franken in die Stromversorgung investiert werden, bis 2050 sind es gar 118-150 Milliarden Franken. Nur gestützt auf Szenarien kann beurteilt werden, ob in den verschiedenen wirtschaftlichen Situationen diese Kosten verkraftbar sind.

Ein weiterer Faktor, der die künftige Elektrizitätsversorgung beeinflusst, ist die Einbettung in den Strommarkt der EU. Die neue Stromzukunft lässt sich in allen Szenarien deutlich einfacher gestalten, wenn die Schweiz international vernetzt ist und sich die europäischen Staaten bei schwankender Stromproduktion gegenseitig unterstützen. Bei dieser Frage wird das bilaterale Stromabkommen mit der EU von zentraler Bedeutung sein.

Zu berücksichtigen sind auch indirekte Effekte. So fliessen die Kosten der Stromproduktion über die Strompreise in die Produktionskosten von hiesigen Gütern und Dienstleistungen. Steigen diese Kosten, beeinflusst dies die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und belastet zudem unsere Haushalte. Es geht deshalb nicht nur darum, was die Politik vorsieht, sondern auch darum, was die Schweizer Wirtschaft und die Schweizer Bürgerinnen und Bürger bereit sind direkt spürbar oder indirekt auf sich zu nehmen! Anhand verschiedener Szenarien kann das Ausmass solcher Belastungen aufgezeigt werden.

Wenn man den Beitrag verschiedener Produktionstechnologien und ihre Integration in ein Gesamtsystem beurteilen will, kommt man nicht darum herum, das Versorgungssystem auf Stundenbasis abzubilden. Wer das nicht tut, scheitert oder kommt zu falschen oder zumindest zu wenig abgestützten Resultaten. Diese Aussage mag streng erscheinen, aber als Versorger wissen wir, wovon wir sprechen. Wir wissen auch, dass die nötigen Infrastrukturen, insbesondere die Transportkapazitäten, welche die nötige Einbettung in den europäischen Verbund sicherstellen, in jeder Stunde verfügbar sein müssen.

Aufgrund der Tiefe unserer Untersuchungen und Abklärungen sind wir sicher, dass alle drei Szenarien von technischer Seite her machbar sind. Die technische Machbarkeit ist allerdings nur ein Aspekt. Der gewählte Weg muss auch aus wirtschaftlichem und sozialem Aspekt gangbar sein. Bereits das Szenario 1 ist keineswegs ein Sonntagsspaziergang, sondern eine anstrengende Bergwanderung, die man nur mit genügend Ausdauer und Fitness besteht. Die Szenarien 2 und 3 sind noch anspruchsvoller und müssen, wie Niklaus Zepf dies dargelegt hat, eher mit einer Kletterpartie verglichen werden. Und auf allen beschriebenen Wegen liegen Stolpersteine.

Stolpersteine auf dem Weg: Zielkonflikte, Akzeptanz und Verfahren

Zu den Stolpersteinen gehören unter anderem die zahlreichen Zielkonflikte. Soll die künftige Energiepolitik auf Vorschriften setzen und so die individuelle Entscheidungsfreiheit einschränken? Sollen tiefe Strompreise das Ziel sein oder die kostenintensive Förderung von zum Teil noch marktfernen erneuerbaren Energien? Sollen die strengen Gewässerschutz-vorschriften aufrechterhalten oder die Wasserkraft maximal ausgebaut werden? Wie ist zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen bei Eingriffen in die Landschaft zu entscheiden? Sollen strenge Klimaschutzziele angestrebt oder Gaskombikraftwerke oder, in Einzelfällen, kraftkopplungsanlagen zugebaut werden? Ist die Auslandabhängigkeit durch zusätzliche Importe zu erhöhen oder die Eigenproduktion zulasten von Natur- und Heimatschutz auszubauen? Diese und weitere Zielkonflikte müssen offen diskutiert und wichtig! - am Schluss auch entschieden werden. Die Schweiz kommt nicht darum herum, sich bis zu einem gewissen Grad zu entscheiden zwischen Naturschutz, Wirtschaftlichkeit, Wohlstand, Autonomie und Klimazielen.

Bleiben wir realistisch: Für Erneuerbare Energie sind immer alle - bis die Umsetzung sie direkt berührt. Also zum Beispiel: Windenergie Ja! - aber bitte keine Windturbine vor meiner Aussicht. Wasserkraft? Super! Aber ganz sicher nicht in Form eines Kleinwasserkraftwerks im Bach meines Naherholungsgebiets. Biogas? Tolle Idee - aber bestimmt nicht in meiner Nachbarschaft. Ein Umdenken ist in allen Szenarien Voraussetzung - je anspruchsvoller das Szenario, desto radikaler das nötige Umdenken. Wer dies nicht akzeptiert, darf keinen Umbau des Systems fordern.

Ein weiterer - seit langem bekannter - Stolperstein sind die langwierigen und aufwändigen Verfahren. Eine institutionelle behördliche Koordination in diesem Bereich kennt die Schweiz - anders als Deutschland oder Italien - nicht. Ein ähnliches Bild präsentiert sich beim Netzbau, Planung, Genehmigung und Bau neuer Leitungen dauern zwischen 9 und 12 Jahren - im Durchschnitt! Einzelfälle sind sogar noch länger pendent. Die rasche Straffung der Verfahren für den Bau von Netzen und Produktionsanlagen fordern wir mit Nachdruck. Nur so können die Investitionen auf der vom Bund vorgegebenen Zeitachse realisiert werden.

An dieser Stelle möchte ich speziell auf die Bedeutung des Netzes für die neue Stromzukunft hinweisen. Künftig wird ein grosser Teil des Stroms aus dezentralen Anlagen stam-men, die unregelmässig produzieren. Das Stromnetz muss mit diesen Schwankungen um-gehen können. Es muss mit verschiedensten Erzeugern und Verbrauchern interagieren und auch extreme Fluktuationen auffangen. Dazu braucht es ein intelligentes Netz, ein sogenanntes "Smart Grid". Dies erfordert natürlich hohe Investitionen. Doch die notwendigen Investitionen in die bestehenden und neuen Netze werden nur erfolgen, wenn eine angemessene Entschädigung erwartet werden kann. Dies ist momentan nicht der Fall. Zudem liegen seit langem Ausbauprojekte auf dem Tisch, die von der Notwendigkeit her unbestritten sind. Doch die Umsetzung kommt, wie beschrieben, wegen den langen Verfahren einfach nicht voran. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Kürzestzusammenfassung:

Das eigentliche Problem am Ausstieg ist nicht der Ausstieg, sondern die Verunsicherung, die damit ausgelöst wurde. Sie kann nicht mit Unbekümmertheit und schon gar nicht mit noch so kreativen ungezügelten Regulierungsmassnahmen beseitigt werden. Helfen tun ein Abbau von Regulierung und ein investitionsfreundlicher Rahmen.


Zum Fazit: Der Umbau des Energiesystems ist eine Aufgabe, für die einige Grundvoraussetzungen nötig sind:

1) Die Zielkonflikte sind erkannt. Der Umbau der Stromversorgung kann nur erfolgreich sein, wenn diese gelöst werden, d.h. es sind grundsätzliche und verbindliche Entscheide zu treffen. Solche Entscheide auf jedes Einzelprojekt abzuschieben, ist weder ehrlich noch zielführend.

2) Die Stossrichtung ist aufgrund einer sorgfältigen Analyse verschiedener Szenarien festzulegen. Dabei gilt es wichtige Faktoren zu berücksichtigen: Die weltweite Entwicklung der Primärenergie-Märkte, die Energiepolitik der bedeutendsten Volkswirtschaften insbesondere aber auch der Nachbarländer die Einbettung in den Strommarkt der EU sowie die Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft.

3) Der Umbau des Stromversorgungssystems erfordert Investitionen in grossem Umfang. Voraussetzung sind die Bereitschaft und die Finanzkraft der Stromversorger, aber auch weiterer Akteure, zu investieren. Nur durch verlässliche, konsolidierte und harmonische Rahmenbedingungen werden solche Investitionen überhaupt ermöglicht.

Mit seiner Studie zeigt der VSE erstmals konsistente, belastbare Wege in die Energiezukunft auf und ermöglicht eine faktenbasierte Diskussion, welche die Voraussetzungen, aber auch die Konsequenzen dieser Wege ehrlich und transparent beschreibt. Nun sind alle Akteure stark gefordert, ihren Beitrag für den Umbau des Energiesystems zu leisten. Die Mitglieder des VSE werden ihre Rolle und ihre Mitwirkung bei der Neugestaltung der Stromversorgung, zu der sie bereit sind, dank der Vorschau 2012 besser definieren und beurteilen können.

Quelle: Verband Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE), Juni 2012

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