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Hannibal - ein Waldrapp in den Schweizer Alpen 2016
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Der Waldrapp - ein vom Aussterben bedrohter, koloniebrütender Vogel
Hannibal - ein Waldrapp in den Schweizer Alpen

Im September 2015 starteten zwei Fluggeräte mit 29 jungen Waldrappen im Po-Delta, überflogen den Apennin und landeten nach rund 4 Stunden Flugzeit in der Nähe von Siena. Ein Jungvogel fehlte bei der Landung, das Weibchen Hannibal mit Ringnummer 090. Trotz intensiver Suche und Aufrufen in den sozialen Medien blieb der Vogel verschollen. Im Juli 2016 wurde der Vogel überraschend in der Nähe von Mailand gesichtet. Dort verschwand er wieder, um am 19. Juli im Tessin aufzutauchen. Hannibal blieb, gut beobachtet von Schweizer Ornithologen. Am 17. September 2016 wurde er von einer Mitarbeiterin des Waldrappteams eingefangen und in die Quarantänestation des Natur- und Tierparks Goldau gebracht.

Am 8. November 2016, nachdem alle nötigen Dokumente vorliegen, wird Hannibal zuerst nach Österreich gebracht und weiter zu seinen Artgenossen, die sich derzeit im Wintergebiet in der südlichen Toskana aufhalten. Das Waldrappteam hofft, dass Hannibal sich in die Wildkolonie integrieren und wie ihre Artgenossen zwischen der Toskana und dem nördlichen Alpenvorland migrieren wird.

Hannibal in der Quarantäne im Tierpark Goldau

Hannibal ist nach dem bekannten Weibchen Shorty der zweite Waldrapp aus der angesiedelten Population, der sich in der Schweiz aufgehalten hat. Durchaus eine Rarität, denn die ehemaligen Europäischen Bestände erloschen bereits um 1630. Es war der Schweizer Naturforscher Conrad Gessner, der als erster den Waldrapp als Teil der Europäischen Fauna wissenschaftlich beschrieben hat. Von Gessner stammen auch die meisten Kenntnisse über die Brutvorkommen in Europa, unter anderem in Bad Ragaz*, Mariastein südlich von Basel, Alt-Wartburg bei Olten, im Umfeld von Zürich oder in Überlingen am Bodensee.

Von Gessner wissen wir auch, dass der Waldrapp in Europa wie im übrigen ehemaligen Verbreitungsgebiet als Zugvogel lebte.

Seit 2014 läuft die Wiederansiedlung des Waldrapps im Rahmen eines europäischen LIFE + Projekts. Acht Partner aus Italien, Österreich und Deutschland wollen den Waldrapp wieder als Zugvogel in Europa heimisch machen. Unterstützt werden sie unter anderem vom Natur- und Tierpark Goldau und von zooschweiz. Die Vögel des Projekts und der Europäischen Zoopopulation stammen von Kolonien im marokkanischen Atlasgebirge, die inzwischen auch alle erloschen sind. Genetisch und in ihrem Verhalten dürften diese Vögel den ehemaligen Europäischen Waldrappen sehr ähnlich sein.

Der aktuelle Bestand umfasst rund 80 Tiere, die zu den beiden Brutgebieten Burghausen in Bayern und Kuchl im Land Salzburg gehören, mit einem gemeinsamen Wintergebiet in der südlichen Toskana.

Ab 2017 wird ein drittes Brutgebiet in Überlingen am Bodensee gegründet, und bis Ende 2019 soll der Bestand mindestens 120 Tiere umfassen.

Es ist dies der erste Versuch, eine kontinental ausgestorbene Zugvogelart wieder anzusiedeln. Das Projekt hat einen ausgeprägten Innovationscharakter. Die angewandten Methoden und die Grundlagenforschung im Rahmen des Projekts zum Vogelflug und Vogelzug sind für die Erhaltung und Wiederansiedlung der zunehmenden Zahl bedrohter Zugvogelarten von wesentlicher Bedeutung.

Ein grosser Mehrwert des Projekts ist auch die umfangreiche Kampagne gegen die illegale Vogeljagd in Italien. Abschüsse in Italien waren vor Beginn der Kampagne, im Zeitraum 2003 bis 2013, für 70 Prozent der Verluste bei den Walrappen verantwortlich. Allein seit 1. September 2016 wurden drei Waldrappe abgeschossen, was einem finanziellen Schaden von 130'000 Euro für das LIFE+ Projekt entspricht. Wir gehen davon aus, dass bei anderen bedrohten Zugvogelarten die Verlustrate noch höher ist. Der Waldrapp bekommt als prominente «Indikatortierart» eine immer größere Bedeutung im Kampf gegen dieses sinnlose und unkontrollierte Töten.

Wir gehen davon aus, dass das Schweizer Alpenvorland auch heute und in der Zukunft dank umfassenden Aufwertungs- und Naturschutzmassnahmen reichlich geeigneten Lebensraum für wildlebende Waldrappe während der Brutsaison bietet. Eine europäische Wiederansiedlung entlang des Alpenbogens ist sinnvoll. Shorty und Hannibal geben, dem Slogan des Projekts entsprechend, Grund zur Hoffnung, dass sich die wildlebenden Waldrappe in naher Zukunft diesen Lebensraum selbst erobern werden.

Quelle: Text Natur- und Tierpark Goldau, 8. November 2016
*
Der Schweizer Naturforscher Conrad Gessner hat in seinem Vogelbuch in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine Abbildung mit der Bezeichnung "Waldrapp" publiziert. Er schreibt, dass diese Vogelart in den steil abfallenden Felsen bei Bad Pfäfers gefunden wurde. (Quelle: J. Stroh, 2. Mai 1917.). Die Felswände der Taminaschlucht zwischen Bad Ragaz und dem Bad Päfers wären auch heute für eine Wiederansiedlung der seltenen Vögel geeignet.

Der Natur- und Tierpark Goldau wurde 1925 gegründet. Er beherbergt auf 42 Hektaren über 100 Tierarten. Als wissenschaftlich geführter Tierpark setzt er sich für die Aufzucht und Wiederansiedelung der vom Aussterben bedrohten Tierarten ein. Der Tierpark Goldau beschäftigt 63 Vollzeit-Mitarbeitende und während der Saison bis zu 156 Personen. Er ist seit 2005 als gemeinnütziges Unternehmen ZEWO-zertifiziert. Das Gütesiegel zeichnet vertrauenswürdige Institutionen aus. Es steht für einen zweckbestimmten und effizienten Einsatz der finanziellen Mittel.

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