Bund (EVD/EDI) und Kantone (EDK) legen erstmals gemeinsame bildungspolitische Ziele für den Bildungsraum Schweiz fest. Zu ihrer Realisierung trägt jeder in seinem Zuständigkeitsbereich bei. Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, Vorsteher des EVD, und Staatsrätin Isabelle Chassot, Präsidentin der EDK, würdigten die "Erklärung 2011" als Erfolg und Ausdruck der neuen verstärkten Zusammenarbeit von Bund und Kantonen auf der Basis der Bundesverfassung. Die Erklärung stützt sich auf die in der Bundesverfassung verankerte Verpflichtung von Bund und Kantonen, gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz zu sorgen (Art. 61a Abs. 1). Chancen und Potenziale des schweizerischen Bildungssystems sollen damit optimal genutzt werden. Die Ziele: Obligatorische Schule: Die Bundesverfassung (Art. 62, Abs. 4) verpflichtet die Kantone, Ziele und wichtige Strukturen der Bildungsstufen zu harmonisieren. Die Kantone setzen dies für den Bereich der obligatorischen Schule auf Basis der Lösungen des HarmoS-Konkordats um. 2015 ziehen sie Bilanz über die Harmonisierung der kantonalen Schulsysteme. Nachobligatorischer Abschluss: Erwachsene ohne Abschluss auf Sekundarstufe II werden auf dem Arbeitsmarkt vermehrt zu einer Risikogruppe. Heute erwerben 90% der Jugendlichen einen Abschluss dieser Stufe. Die Quote soll auf 95% gesteigert werden. Handlungsbedarf besteht namentlich bei Jugendlichen, die das Schulsystem nicht vollständig in der Schweiz durchlaufen haben. Gymnasiale Maturität: Der Bildungsbericht weist auf Lücken der Studierfähigkeit einzelner Maturandinnen und Maturanden hin. Zur Zeit prüfen Bund und Kantone gemeinsam Massnahmen, wie die Studierfähigkeit der Maturandinnen und Maturanden und damit der prüfungsfreie Zugang zur Universität langfristig sichergestellt werden kann. Abschlüsse der höheren Berufsbildung international vergleichbar machen: Die Schweiz verfügt über kompetitive Abschlüsse im Bereich der höheren Berufsbildung. Da höhere Berufsbildungs- Abschlüsse im Ausland in der Regel auf anderen Wegen erworben werden, muss die Vergleichbarkeit im internationalen Kontext sichergestellt werden. Wissenschaftlicher Nachwuchs: Die universitären Hochschulen der Schweiz haben Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von eigenem wissenschaftlichen Nachwuchs. Die Attraktivität einer Karriere für junge Forschende an universitären Hochschulen soll verbessert werden. Validierung von Bildungsleistungen: Den zunehmend flexiblen Laufbahngestaltungen mit Umorientierungen, Familienpausen und Wiedereinstiegen soll vermehrt Rechnung getragen werden. Nicht in der Schule erworbene Lernleistungen sollen zunehmend im formalen Bildungssystem als Vorleistungen angerechnet werden können. Aus den Zielen leiten EVD/EDI und EDK konkrete Massnahmen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich ab. Sie sprechen sich zusätzlich dafür aus, auch bei weiteren Fragen verstärkt zusammen zu arbeiten. So beispielsweise beim Einsatz gegen den Fachkräftemangel in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) oder im Gesundheitsbereich. Die im Rahmen des Bildungsmonitoringprozesses zukünftig alle vier Jahre erscheinenden Bildungsberichte werden über die Erreichung der Ziele und die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen Auskunft geben. Der nächste nationale Bildungsbericht wird für das Jahr 2014 erwartet. Kontext Am 21. Mai. 2006 hat das Schweizer Stimmvolk mit 86% Ja-Stimmen sehr deutlich die neuen Bildungsartikel in der Bundesverfassung angenommen. Unter anderem wurde mit dieser Revision der Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Bildungsbereich ein höheres Gewicht eingeräumt. Eines der Instrumente zur Erfüllung dieser verstärkten Zusammenarbeit ist das Bildungsmonitoring Schweiz. Getragen wird es einerseits vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und dem Eidgenössische Departement des Innern (EDI), andererseits vom Schulkonkordat der Kantone und seiner Behörde, der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK). Im Februar 2010 konnte als erstes Produkt der "Bildungsbericht Schweiz 2010" publiziert werden. Basierend auf der Auswertung dieses Berichts haben EVD/EDI und EDK erstmals in einer gemeinsamen Erklärung wichtige bildungspolitische Ziele für den Bildungsraum Schweiz festgelegt.
Die Bundesverfassung verpflichtet Bund und Kantone, gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraumes Schweiz zu sorgen (Art. 61a Abs. 1 BV). Eines der Instrumente zur Erreichung dieses Verfassungsziels ist der von Bund und Kantonen gemeinsam getragene und langfristig angelegte Bildungsmonitoringprozess. Der Bildungsbericht Schweiz 2010 ist wie der vorausgegangene Pilotbericht 2006 ein Ergebnis dieses Prozesses und damit ein wichtiges Zeugnis der Kooperation von Bund und Kantonen im Bildungsbereich. I Qualität und Durchlässigkeit als Eckpfeiler für den Bildungsraum Schweiz Bund und Kantone verständigen sich auf wenige konkrete und überprüfbare Ziele für das laufende Jahrzehnt. Mit diesen Zielen wollen Bund und Kantone aufgrund der Erkenntnisse des Bildungsberichts 2010 die Chancen und die Potentiale des schweizerischen Bildungssystems besser ausschöpfen. Auf der Grundlage der Bildungsberichte von 2014 und 2018 soll überprüft werden, wo das Bildungssystem Schweiz in Bezug auf die Erreichung dieser Ziele steht. Mit einer auf allen Bildungsstufen auszubauenden Zusammenarbeit und einer vermehrt auch stufen-übergreifenden Koordination von der Vorschule bis zur Tertiärstufe bietet sich die Chance, weitere Potentiale zu erschliessen. II Gemeinsame bildungspolitische Ziele von Bund und Kantonen 1. Für den Bereich der obligatorischen Schule sind das Eintrittsalter, die Schulpflicht, die Dauer der Bildungsstufen sowie die Übergänge vereinheitlicht und die Ziele harmonisiert. Für die Harmonisierung der Ziele sind insbesondere... a. nationale Bildungsziele in Form von Grundkompetenzenin den Fachbereichen Schulsprache, Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaften verabschiedet, b. sprachregionale Lehrpläne erlassen, die sich an diesen Grundkompetenzen orientieren. Die Verfassung verpflichtet die Kantone, die genannten Eckwerte zu vereinheitlichen und die Ziele zu harmonisieren. Mit den in der interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS-Konkordat) vorgelegten Lösungen und Instrumenten soll dieses Ziel erreicht werden. Die Verfassungsziele sind in allen Kantonen durch die kantonale Gesetzgebung zu verwirklichen. Nach Ablauf der Umsetzungsfrist ist Bilanz zu ziehen über die Harmonisierung der kantonalen Schulsysteme und die Umsetzung der Harmonisierung von Zielen und Übergängen. Dieses Ziel wurde bereits 2006 mit den Leitlinien zum Nahtstellenprojekt von Kantonen, Bund und Organisationen der Arbeitswelt definiert. Der Bildungsbericht 2010 zeigt auf, dass es bei in der Schweiz geborenen Jugendlichen weitgehend erreicht ist. Handlungsbedarf besteht hingegen bei Jugendlichen, die das Schulsystem nicht vollständig in der Schweiz durchlaufen haben. Sie bleiben deutlich häufiger ohne nachobligatorischen Abschluss auf Sekundarstufe II. Mit dem gymnasialen Maturitätsausweis wird die allgemeine Hochschulreife mit Anrecht auf prüfungsfreien Zugang zu den universitären Hochschulen erworben. Der Bildungsbericht 2010 weist jedoch auf Lücken der Studierfähigkeit einzelner Maturandinnen und Maturanden hin. Es werden Massnahmen geprüft, welche die Studierfähigkeit der Maturandinnen und Maturanden und damit den allgemeinen Hochschulzugang mit gymnasialer Matur sicherstellen. Die Verfassung verpflichtet Bund und Kantone, sich für eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung von allgemein bildenden und berufsbezogenen Bildungswege einzusetzen (Art. 61a Abs. 3 BV). Mit der Sicherung der nationalen und internationalen Vergleichbarkeit der Abschlüsse der höheren Berufsbildung wird dieser Verfassungsauftrag umgesetzt. Ein wesentlicher Teil der an universitären Hochschulen in Lehre und Forschung anfallenden Arbeiten kann nur durch den Einsatz von Personen sichergestellt werden, die selbst eine Doktorats- und Post-Doc-Ausbildung absolvieren. Dadurch werden ihre Möglichkeiten, eigene Forschung zu betreiben, zusehends eingeschränkt, da die dafür erforderliche Zeit fehlt. Gegenüber einem Wechsel in die Privatwirtschaft verliert somit ein Verbleib in der Forschung auch für wissenschaftlich hoch qualifizierte Nachwuchskräfte zusehends an Attraktivität. Hohe Drop-Out-Quoten sind zudem ein Hinweis, dass auch die Qualität der Lehre in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Bundesverfassung verpflichtet Kantone und Bund sowie die Kantone untereinander zur Zusammenarbeit im Bildungsbereich (Art. 61a Abs. 2 BV). In den nächsten Jahren steht die Lösung von Problemen an, die in besonderer Weise eine Zusammenarbeit nötig machen. Ungenutzte Potentiale auf allen Bildungsstufen, von der Vorschule bis zur Tertiärstufe, können so erschlossen werden. (1) In einem mehrsprachigen Land kommt der Koordination und der Weiterentwicklung des Sprachenunterrichts und dem Austausch zwischen den Sprachregionen ein besonderes Gewicht zu. In Umsetzung des Sprachengesetzes fördern Bund und Kantone gemeinsam den schulischen Austausch, stärken die mehrsprachige Bildung und unterstützen eine wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit. (2) In verschiedenen Bereichen zeichnet sich ein Fachkräftemangel ab, so z.B. in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) und im Gesundheitsbereich. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist es ein gemeinsames Anliegen von Bund und Kantonen, dass auf allen Bildungsstufen das entsprechende Interesse geweckt und gefördert wird. (3) Für die Qualität des Unterrichts auf allen Bildungsstufen sind gut ausgebildete Lehrpersonen zentral. Sie müssen in genügender Anzahl ausgebildet werden, was auch die Entwicklung neuer Ausbildungszugänge und -formen nötig macht. Der Aufbau der Fachdidaktikzentren soll vorangetrieben und die Forschung der Fachdidaktik gefördert werden. (4) Für die Entwicklung eines eigenständigen politischen Urteilsvermögens und der Fähigkeit, am politischen Geschehen des demokratischen Gemeinwesens teilnehmen zu können, ist Bildung von besonderer Bedeutung. Die zu diesem Zweck zu fördernde politische Bildung (éducation à la citoyenneté) bedingt die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen über das gesamte Bildungssystem hinweg. IV Ausblick Die im Rahmen des Bildungsmonitoringprozesses zukünftig alle vier Jahre erscheinenden Bildungsberichte werden über die Erreichung der Ziele und die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen Auskunft geben.
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