Geomorphologie: Massenbewegungen
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Rutschung in Brienz/Brinzauls (Graubünden)
Geomorphologie Massenbewegungen Bergsturzgefahr im Albulatal
Rutschung Brienz: Phase Blau 2023
15./16. Juni 2023: Verkehrswege auch im Talgrund zeitweise komplett gesperrt
Rutschung Brienz: Phase Orange 2023
Gefahrenlage hat sich verbessert - Besuch im Dorf ab 26. Juni 2023 stundenweise möglich
Rutschung Brienz: Phase Gelb 2023
ab 4. Juli 2023: Die Evakuierung von Brienz/Brinzauls wird aufgehoben
Rutschung Brienz: Phase Grün 2023
ab 20 . Oktober 2023: Die Phase Gelb wird beendet. Brienz/Brinzauls ist ohne drohende Naturgefahr bewohnbar.
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Massenbewegungen
Bergsturzgefahr im Albulatal (Graubünden)
Brienz/Brinzauls: Bedrohtes Dorf in der Bergsturzzone

Rutschungszone "Insel" teilweise abgerutscht:
Am 15./16. Juni 2023 wurde kurzzeitig die Phase Blau verordnet

Am Dienstag, 13. Juni 2023 lösten sich aus dem Gesteinspaket "Insel" grössere Feldmassen, welche mehrheitlich vom bereits vorhandenen Schuttkegel abgefangen wurden. Das Geologenteam stellte zu diesem Zeitpunkt fest, dass die "Insel" in eine immer grössere Gleitbewegung überging.

Kurz vor Mitternacht wurde am Donnerstag, 15. Juni 2023 akustisch eine grössere Erdbewegung im Hang wahrgenommen. Die im Hang installierten Sensoren, welche vor dem Ergeignis eine Gleitbewegung der Felsmassen von rund 40 m pro Tag gemessen hatten, versagten ab diesem Zeitpunkt ihren Dienst.

Ab Donnerstag, 15. Juni 2023, 23.30 Uhr gilt für die Gefahrenzone Brienz-Brinzauls die Phase Rot und im Talgrund die Phase Blau. Es gilt weiterhin ein totales Betretungsverbot für das evakuierte Gebiet.

Da der Felsabgang wegen des fehlenden Tageslichts vom Expertenteam nicht beurteilt werden konnte, rief der Gemeindführungsstab um 23.30 Uhr aus Sicherheitsgründen die Phase Blau aus. Während der Phase Blau werden die Kantonstrassen zwischen Tiefencastel und Surava und von Tiefencastel über Vazerol auf die Lenzerheide für jede Art von Verkehr gesperrt. Zusätzlich wird der Bahnverkehr auf der Albulalinie der Rhätischen Bahn ab Tiefencastel eingestellt.

Eine Begutachtung der Lage bei Tageshelle in den frühen Morgenstunden brachte die Gewissheit, dass das Dorf Brienz/Brinzauls äusserst knapp vor grösseren Schäden verschont wurde. Die Geröllmassen der abgrutschten "Insel" kamen wenige Meter vor dem alten Schulhaus zum Stillstand. Rund zwei Drittel der rund 1,9 Millionen Kubikmeter Felsmassen der "Insel" sind talwärts gerutscht. Der Schuttkegel ist bis 15 m dick.

Aufgrund einer neuen Lagebeurteilung wurde die Phase Blau im weiteren Tagesverlauf wieder aufgehoben. Zwar haben sich nach Angaben der Fachleute die ganz oben liegenden Rutschungszonen (West,Plateau und Front) während und kurz nach dem Abgang der Zone "Insel" ebenfalls talwärts bewegt. Später konnten das Geologenteam allerdings keine weiteren Bewegungen in den Rutschungszonen über der ehemaligen "Insel" beobachten.

Trotz der Aufhebung der Phase Blau blieben die Einschränkungen im Fahrplan der RhB und im Etappenplan der Tour de Suisse am Freitag noch bestehen. Der Streckenplan für das Radrennen Tour de Suisse musste für Freitag , 16. Juni 2023, einerseits wegen der Gefahrenverhältnisse am Berg über Tiefencastel, andererseits wegen eines tragischen Todefalls in der Tourkolonne, radikal umgestellt werden. Am 15. Juni 2023 hatte die Wagenkolonne des Radrennens während der Phase Rot die Strasse von Tiefencastel in Richtung Albulapass problemlos passiert.

Ab Montag, 26. Juni 2023 gilt für die Gefahrenzone Brienz-Brinzauls die Phase Orange . Es gilt weiterhin ein totales Betretungsverbot für das evakuierte Gebiet.

Ab Montag, 26. Juni 2023 verordnete der Gemeindeführungsstab der Gemeinde Albula/Alvra den Übergang von der Phase Rot zur Phase Orange. Nach dem Abgang des Schuttstroms ( siehe auch: Felssturz, Schuttstrom, Bergsturz) in der Nacht vom 15. Juni auf den 16. Juni 2023 hat sich die Gefahr, dass sich am Berg ein Bergsturz oder ein Felssturz ereignen sowie für das Dorf gefährliche Blockschläge auslösen könnten, nach der Einschätzungen der Fachleute wesentlich verringert.

Während der Phase Orange dürfen die Einwohner/innen und Ferienhausbesitzer/innen nach einer vorgängigen Gefahrenbeurteilung das Dorf unter Auflagen stundenweise besuchen. Für die Bewirtschaftung der Weidegebiete wurden die Einschränkungen gelockert.

Ab Dienstag, 4. Juli 2023 gilt für die Gefahrenzone Brienz-Brinzauls die Phase Gelb . Der Gemeindführungsstab hat die Evakuierung von Brienz/Brinzauls aufgehoben. Für das Gebiet nördlich des Dorfes gilt weiterhin ein absolutes Betretungsverbot.

Die Einwohnerinnen und Einwohner sowie die Dauernutzer/innen von Zweitwohnungen dürfen wieder in ihr Dorf zurückkehren und auch nachts dort bleiben. Die Strom- und die Wasserversorgung wurde wieder in einen funktionsfähigen Zustand versetzt.

In den nächsten Wochen oder Monaten rechnen die Fachleute nicht mit der Gefährdung des Dorfes durch nachrutschende Gesteinsmassen. Eine mögliche künftige Gefahr geht von den Felspartien hoch über dem Dorf am Rand des Rutschgebietes aus. In der Rutschungszone «Plateau» liegen noch zwei bis vier Millionen Kubikmeter sprödes Dolomitgestein. Der gesamte Hang wird weiterhin durch ein Frü̈hwarnsystem mit vier voneinander unabhängigen Komponenten ü̈berwacht. Die aktuelle Gefahrensituation wird laufend durcherfahrene Experten und Expertinnen fü̈r Geologie und Naturgefahren beurteilt.


Ab Freitag, 20. Oktober 2023 gilt für die Gefahrenzone Brienz-Brinzauls die Phase Grün . Der Gemeindführungsstab hat die Phase Gelb von Brienz/Brinzauls aufgehoben. Das Dorf kann wieder bwont werden. Es droht gegenwärtig keine Naturgefahr. Signalisierte Betretungsverbote und Absperrungen müssen unbedingt beachtet werden.

Die Gefährdung für das Dorf Brienz/Brinzauls hat seit dem Rutschungsereignis vom 15. Juni 2023 laufend abgenommen. Die Rutschungsgeschwindigkeiten der Gesteinsmassen bewegen sich gegenwärtig im Bereich wie vor der Evakuierung. Eine vorübergehende Beschleunigung gab es nach Starkregenphasen.

Aktuelle Geschwindigkeiten

Plateau: ca. 2.1 m/Jahr | abnehmend
Front: ca. 3.5 m/Jahr | stagnierend
West: ca. 3.7 m/Jahr | abnehmend
Insel Ost: 2.2 m/Jahr | leicht abnehmend
Rücken Caltgeras: 1.7 m/Jahr | zunehmend
Rutschung Dorf: 1.1 m/Jahr | zunehmend

Die Gemeinde Albula-Alvra hat in Zusammenarbeit mit Experten und Expertinnen von kantonalen Amtsstellen, von Bundesämtern sowie privaten Unternehmen einen Evakuierungs- und Massnahmenplan entwickelt, welcher bei Bedarf über einen Gefahrenstufenplan abgewickelt würde.

Der Gefahrenstufenplan

Der Gefahrenstufenplan fürdie Region Brienz-Brinzauls besteht aus 5 Phasen. Jeder Phasewird je eine Farbe zugeordnet.

In der Phase GRÜN (Gefahrenstufe 1) geht von den Gesteinsmassen am Berg keine unmittelbare Gefahr aus.

Während der Phase GELB rechnet das Expertenteam damit, dass innerhalb von 2 bis 6 Wochen eine gefährliche Massenbewegung am Berg entstehen könnte.

In der Phase ORANGE geht vom Berg noch eine grössere Gefahr aus. Die Behörden fordern die Bevölkerung auf, das Dorf allenfalls mit ihren Tieren zu verlassen. Innerhalb von drei Wochen wird mit einem grösseren Rutschereignis gerechnet.

Während der Phase ROT hat sich am Berg eine Situation aufgebaut, welche das Dorf ernsthaft gefährden kann. gefährden kann. Es wird erwartet, dass das Ereignis innerhalb der nächsten vier bis zehn Tage bevor steht. Die Behörden verfügen ein totales Betretungsverbot für das evakuierte Gebiet.

Die Behörden rufen die Gefahrenstufe BLAU aus, wenn sie unmittelbar mit einem grösseren Abbruch rechnen. Der bereits gesperrte Perimeter ROT wird durch einen gesperrten Perimeter BLAU ergänzt. Im Perimeter BLAU liegen u.a. die westlich des Dorfes verlaufende Ortsverbindungsstrasse Tiefencastel auf die Lenzerheide sowie die südlich, entlang des Flusses Albula verlaufende Strassen- und Bahnverbindung von Tiefencastel nach Filisur.

Im Rutschgebiet ist im Sektor "Insel" ein Paket von rund 1,9 Millionen m3 Gestein in stetiger Bewegung in Richtung Dorf. Das Gesteinspaket besteht aus Dolomitgestein und der dolomitartiger Rauwacke. Rauwacke ist ein gelbliche, poröses Dolomitgestein.

Quelle: u.a. verschiedenen Bulletins der Gemeinde Albula-Alvra
Text: RAOnline
Auf der Website der Gemeinde Albula/Alvra (www.albula-alvra.ch) werden alle aktuellen Informationen zum Brienzer Rutsch publiziert.
Das Dorf Brienz (romanisch: Brinzauls) liegt nordöstlich von Tiefencastel (romanisch: Casti) auf rund 1'150 m ü.M. und damit rund 300 m über dem Fluss Albula (romanisch: Alvra). Im Dorf, welches an der Verbindungsstrasse von der Lenzerheide nach Davos liegt, lebten im Jahr 2020 noch rund 100 Einwohner/innen. Zur Gemeinde Albula/Alvra gehören die Dörfer Brienz/Brinzauls, Surava, Tiefencastel und Vazerol.
Die mittelalterliche Festung Belfort wurde im 13. Jahrhundert von den mächtigen Freiherren von Vaz bewohnt. Die Burgruinenanlage ist renoviert und ist zu Fuss zugänglich.

Flyschgestein

Flysch ist ein Sedimentgestein, in welchem sich Sand mit verschiedenen Korngrössen und Ton verfestigt haben. Flyschgesteine entstanden vor allem entlang von Kontinentalrädern, wo Flüsse Erosionsmaterial abgelagert hatten. Die Helvetischen Decken im Alpenraum bestehen zu einem grossen Teil aus Flyschgestein.

Dolomit

Dolomit ist eindem Kalkstein ähnliches, aus Magnesium und Calcium aufgebautes marines Sedimentgestein.

Rauwacke (Zelldolomit)

Gelblicher, poröser Dolomit mit Hohlräumen durch Auswaschung und darin einglagertem Gips.

Allgäu-FM oder Allgäuformation oder Allgäuschichten

Die Allgäuschichten wurden im Erdzeitalter Mesozoikumin den Epochen Lias und Dogger der Jura-Formation in Sedimentationsbecken der Nördlichen Kalkalpen abgelagert. Sie bestehen häufig aus kalk- und tonreichen Mergelgesteinen. Diese Schichten werden vor allem in abgerutschten Steilhängen sichtbar. (siehe auch: Faltenjura im Kanton Aargau)

Bergsturz Ein Bergsturz ist eine Massenbewegung von Felsblöcken, Geröll und Schutt mit einem Volumen von über einer Million m3 Material.
Felssturz Von einem Felssturz spricht man, wenn sich Felsblöcke, Geröll und Schutt mit einem Volumen von weniger einer Million m3 talwärts bewegen.
Steinschlag Ein Steinschlag ist ein Sturzprozess, bei welchem sich kleinere Mengen von Fels-, Schutt- und Steinmaterial, oft sogar nur einzelne Steine ins Tal stürzen. Grössere Steinschlagereignisse können u.a. Verkehrsverbindungen und Wanderwege kurzzeitig blockieren.
Murgang oder Rüfe Murgänge sind eine Mischung aus Hochwasser, Erdrutsch und Felssturz. Murgänge oder Rüfen sind «Gerölllawinen».
Massenbewegungen
Massenbewegung Grundtypen
Massenbewegungen Felsstürze im Hochgebirge
Bergsturz am Pizzo Cengalo im Bergell/Bregaglia (GR)
Massenbewegungen im Kanton Graubünden

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