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Bekämpfung der Legionärskrankheit 2021
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Legionärskrankheit
Lösungen nach Mass für die Bekämpfung der Legionärskrankheit

Legionellen können in Trinkwasseranlagen zum Gesundheitsrisiko werden. Doch die Zusammenhänge sind komplex, und der Umgang mit diesem Risiko verlangt nach einer viel stärker differenzierten Vorgehensweise als bisher angenommen.

Forscherinnen und Forscher müssen vermeintliche Gewissheiten hinterfragen - das ist Teil ihres Jobs. So auch im Fall von Legionellen und Sanitäranlagen. Fachleute erklären seit Jahrzehnten, die Verbreitung dieser Bakterien, welche die Legionärskrankheit verursachen, werde durch Stagnation begünstigt. Sie gilt gar als Hauptrisikofaktor für das Wachstum von Legionellen. Der Lockdown vom Frühling 2020, so wurde befürchtet, könnte zu einer massiven Verbreitung der Legionärskrankheit führen. Viele Grossgebäude waren während Wochen nicht mehr im Betrieb, ihre Trinkwasseranlagen standen still. Solche Befürchtungen wurden nicht nur regelmässig in der Presse und in den sozialen Medien laut, sondern auch in wissenschaftlichen Publikationen geäussert.

Der Eawag-Forscher Frederik Hammes allerdings warnt vor der «mantrahaft» vorgetragenen Devise, es gelte in erster Linie, Stagnation zu verhindern, um Legionellen in Sanitäranlagen zu vermeiden. «Stagnation ist nur ein Faktor unter vielen, die sich zudem gegenseitig beeinflussen», sagt er, «es sind noch viele Fallstudien nötig, um ihren Einfluss klarer beschreiben zu können.» Als Ko-Autor eines kürzlich in der Fachzeitschrift «Environmental Science Water Research & Technology» publizierten Beitrags plädiert Hammes deshalb für eine differenzierte Betrachtungsweise. Denn so eindeutig, wie lange gedacht, liegen die Dinge nicht.

Auswirkungen von Stagnation sind unklar

Zweifel daran, wie sich Stagnation tatsächlich auf die Vermehrung von Legionellen auswirkt, weckte eine Untersuchung, die das von Frederik Hammes geleitete Projekt LeCo (Legionellenbekämpfung in Gebäuden) diesen Frühling durchführte. Dabei wurde ein grosses Gebäude während und nach der Stagnation sowie nach der Spülung und während der Inbetriebnahme beprobt. Das Resultat: Die langfristige Stagnation führte nicht zu einer erhöhten Konzentration der Legionellen, sondern wirkte gar leicht vermindernd. Auch der nachfolgende Minimalbetrieb führte nicht zu einer Vermehrung der Legionellen.

Danach führten Frederik Hammes und sein Eawag-Kollege William Rhoads eine grosse Literaturrecherche durch und kamen in ihrem Artikel zum Schluss, dass die verfügbare Evidenz zu den Auswirkungen von Stagnation auf das Wachstum von Legionellen «komplexer und weniger überzeugend» sei, als bisher dargestellt. Um die Gesundheitsrisiken von Legionellen in Sanitäranlagen abzuklären, sei ein «sorgfältigeres Vorgehen» bei der Dokumentation der Stagnationsauswirkungen nötig.

Hohe Kosten für die Vermeidung von Stagnation

Die beiden Eawag-Forscher formulierten deshalb präzise Fragestellungen, die es zu klären gebe und die künftige Studien zu den Auswirkungen des Corona Lockdowns auf Stagnation und die Verbreitung von Legionellen berücksichtigen müssten. Gefragt seien nicht zuletzt eindeutige Definitionen der stark variierenden Begleitumstände einer Stagnation. «Vor dem Hintergrund der hohen Kosten, die damit verbunden sind, eine Stagnation in Gebäuden zu reduzieren», betont Frederik Hammes, «braucht es ein besseres Verständnis aller Variablen, um Empfehlungen an die Verantwortlichen von Sanitäranlagen abgeben zu können.» Das bedeutet nicht, dass Stagnation unproblematisch wäre. «Sie ist durchaus ein Faktor», so Hammes, «der die Wasserqualität beeinträchtigen kann.»

Zu besseren Grundlagen soll auch das Projekt «LeCo» zur Bekämpfung von Legionellen in Gebäuden beitragen, das im März 2020 gestartet wurde. Im auf vier Jahren angelegten Forschungsprogramm arbeiten unter Leitung der Eawag verschiedene Institutionen multidisziplinär zusammen, um die Legionellen-Thematik umfassend zu bearbeiten. Das grossangelegte Vorhaben wird von verschiedenen Bundesämtern mit insgesamt 2,5 Millionen Franken gefördert.

Schulung für eine zielführende Probenahme

Einer der Projektäste befasst sich mit der Weiterentwicklung, Optimierung und Standardisierung der Entnahme von Wasserproben in Sanitäranlagen sowie der anschliessenden Analyse dieser Proben. In einem kürzlich erschienenen Artikel in der Fachzeitschrift «Aqua & Gas» legt ein aus verschiedenen Partnerorganisationen zusammengesetztes Autorenteam ein Gesamtkonzept für die Probennahme vor. Ergänzend wurden unterstützende Anleitungen, Entscheidungs- und Dokumentationsvorlagen erstellt. Zudem wird gegenwärtig ein Schulungsangebot entwickelt, das Kompetenzen vermitteln soll, die für eine fachgerechte Beprobung nötig sind.

«Gebäudeinstallationen sind ein weitläufiges Ökosystem mit unzähligen Nischen.» Franziska Rölli, HSLU

Denn eines ist klar: «Gebäudeinstallationen sind ein weitläufiges Ökosystem mit unzähligen Nischen, die sich bezüglich Temperatur, Nährstoffangebot und weiterer Faktoren unterscheiden», wie Franziska Rölli von der Hochschule Luzern sagt, die im Projekt «LeCo» mitforscht. Dementsprechend stark variieren die Artenzusammensetzung und die Anzahl der Mikroorganismen. Nicht nur zwischen einzelnen Anlageteilen, sondern auch zwischen ganzen Trinkwasseranlagen. Sowohl bei der Beprobung wie auch der Interpretation der Ergebnisse muss dies entsprechend berücksichtigt werden. Für die Bekämpfung von Legionellen in Sanitäranlagen gibt es deshalb keine allgemeingültigen Massnahmen - gefragt sind massgeschneiderte, den Umständen angepasste Lösungen.

Originalpublikationen

Rölli, F.; Kötzsch, S.; Kunz, I.; Hammes, F. (2020) Mal schnell eine Wasserprobe nehmen. Untersuchung von Gebäude-Trinkwasser-Installationen auf Legionellen, Aqua &Gas, 100(12), 26-32, Institutional Repository

Rhoads, W.; Hammes, F. (2020) Growth of Legionella during COVID-19 lockdown stagnation, Environmental Science: Water Research and Technology, doi:10.1039/D0EW00819B, Institutional Repository

Quelle: Text Kaspar Meuli & Andri Bryner, eawag , 21. Januar 2021
Das Einatmen von fein zerstäubten, kontaminierten Wassertröpfchen ist gefährlich. Das kann überall dort passieren, wo solche Tröpfchen entstehen: in Autowaschanlagen, Rückkühlwerken von Klimaanlagen oder industriellen Kühltürmen. Unter bestimmten Umständen allerdings können sich Legionellen auch im Trinkwasser bilden. Und dann werden Springbrunnen, Dampfbäder und Duschen zu einer potenziellen Infektionsquelle.
Die von Legionellen verursachten Erkrankungen sind die Legionärskrankheit und das Pontiac Fieber. Die Legionärskrankheit löst in einigen Fällen schwere Lungenentzündungen aus und kann bei schweren Verläufen zum Tod führen.

Legionellen (Legionella pneumophila) besiedeln sowohl Oberflächengewässer wie auch Grundwasser. Legionellen können sich in wasserführenden Installation wie u.a. Trinkwasserleitungsnetzen oder Kühlwassersystemen ausbreiten. Die Legionellen entwickeln sich besonders gut in ruhendem, handwarmem Wasser, insbesondere in Wasser versprühenden Geräten wie Luftbefeuchtern oder Klimaanlagen.Die Krankheitserreger werden durch wasserhaltige Aerosole verbreitet.

Wird das Wasser bis fast zum Siedepunkt erhitzt, so werden die Bakterien abgetötet.


Wasser Klima, Gewässerschutz, Wasserversorgung, Nutzung, Trinkwasser

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