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Mikrokredit- und Mikrofinanzsystem

Was ist ein Mikro-Kreditsystem?

Das Mikro-Kreditsystem gilt als das Bankensystem für die arme Bevölkerung. Mikro-Kreditsystem ermöglicht den mittellosen Menschen, den "Teufelskreis der Armut" zu durchbrechen. Sehr arme Menschen, häufig Frauen, benötigen als Anstoss zum Aufbau eines eigenen kleinen Geschäfts ein Darlehen von meistens unter 200 US$. Ihren traditionellen Fähigkeiten und ihrem eigenen Unternehmerinstinkt entsprechend investieren diese Menschen das Geld in den Aufbau, den Erhalt und den Ausbau einer Erwerbsquelle, aus welcher sie ihren alltäglichen Lebensunterhalt bestreiten können.

Die Menschen erhalten das Darlehen von lokalen Organisationen (englisch: microfinance institutions (MFIs)). Der Schlüssel zum Mikro-Kreditsystem besteht darin, dass die Darlehen in einer bestimmten Frist mit einem an die Situation angepassten Zins zurückbezahlt werden müssen. Das zurückbezahlte Geld wird wieder in das Mikro-Kreditsystem integriert. Mit diesem Geld werden wieder neue Mikrokredite an andere Menschen vergeben (englisch: recycling of loan dollars).

Wie arbeiten die Microfinance Institutions (MFIs)?

Die Mikrokredit-Organisationen sind lokal verwurzelte Unternehmen, welche ihre arme Kundschaft über die Möglichkeiten beraten, wie sie die Mikrokredite sinnvoll und nachhaltig investieren können. Die MFIs bieten den Menschen auch andere Finanzprodukte wie Sparkonten oder Versicherungen an.

MFIs sammeln wöchentlich die zurückzubezahlenden Geldbeträge bei ihrer Kundschaft an. Die Berater der MFIs bauen in ihren Quartieren oft eine bescheidene Gesundheitsvorsorge oder andere soziale Dienstleistungen wie die Kinderbetreuung usw. auf. Sie beraten ihre Kunden auch in anderenLebensfragen usw.

Ein Mikro-Kreditsystem ist häufig von einem sozialen und wirtschaftlichen Netzwerk begleitet.

Microfinance Institutions (MFIs) unterscheiden sich in ihrer Grösse und Reichweite. Manche MFIs betreuen nur einige tausend Kunden in ihrer unmittelbaren Umgebung. Andere MFIs haben einen Kundenkreis von ein paar hundertausend Kreditnehmern, welche in einer weitläufigen Region verstreut leben. Die gösste MFI weltweit ist die Grameen Bank in Bangladesch, welche erfolgreich ungefähr sieben Millionen Kunden im ganzen Land bedient.

Woher haben die Microfinance Institutions (MFIs) ihr Geld?

Organisationen wie die Grameen Foundation gewähren den MFIs Geldüber direkte Darlehen, Bürgschaften, Darlehensgarantien oder andere innovative Finanztechniken. Die MFIs erhalten das Geld von Privatpersonen, Fonds, Regierungen oder internationalen Organisation wie der Weltbank. Die MFIs leihen sich Geld auch von traditionell arbeitenden Banken aus.

Die Grameen Foundation hat einen grosses Interesse daran, dass die Mikrofinanz-Unternehmen wie auch die MFIs eigenwirtschaftlich arbeiten und eine grosse Selbständigkeit erwerben.

Die Grameen Foundation unterstützt dabei Initiativen, welche das Mikro-Kreditsystem und Mikro-Finanzsystem sinnvoll, gerecht und nachhaltig mit dem traditionell arbeitenden, privaten Bankensektor verknüpfen.Die Grameen Bank in Bangladesch hat diesen Weg erfolgreich beschritten.

Die Grameen Bank arbeitet mit eigenen Mitteln und benötigt keine Spenden oder Gelder von aussenstehenden Institutionen mehr.

Was unterscheidet das Mikro-Kreditsystem von anderen Kreditsystemen?

MFIs verlangen von ihren Kunden keine Sicherheiten. Auch sehr arme Menschen, welche über keine eigenen Mittel und keinen eigenen Besitz verfügen, können Kredite beantragen.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der MFIs gehen persönlich zu ihren Kunden und pflegen eine regelmässigen Kontakt zu ihnen. Anders als im traditionellen Bankengeschäft müssen die armen Menschen im Mijro-Kreditsystem keine Hemmschwellen überschreiten, um einem Kredit zu erhalten.

Die MFIs organisieren ihre Kundschaft oft in kleinen, lokalen Gruppen. Diese Gruppen treffen sich dann wöchentlich, um aktuelle Probleme zu besprechen oder die Kreditvergabe zu regeln. Die Mitglieder dieser Gruppen ermutigen sich gegenseitig, den Weg hinaus aus der Armut konsequent zu beschreiten.

Was ist der Unterschied zwischen Mikrokredit und Mikrofinanz?

Das Mikro-Kreditsystem beschäftigt sich unmittelbar mit den Kreditwünschen der Kunden und der Art und Weise der Kredit- oder Darlehensvergabe.

Das Mikro-Finanzsystem arbeitet in einem grösseren Rahmen als das Mikro-Kreditsystem. Das Mikro-Finanzsystem beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, wie das Mikro-Kreditsystem mit weiteren Finanzprodukten wie Versicherungen, Sparmöglichkeiten, Geldüberweisungen, Geldanlagen zur Vermögensvermehrung unterstützt werden kann.

Warum richtet sich das Mikro-Kreditsystem vor allem an Frauen?

Die Frauen sind die besten Kämpferinnen gegen die Armut. Die Erfahrungen zeigen, dass die Frauen in der Regel den Gewinn, welche sich mit ihren Geschäften erwirtschaften, zur Verbesserung der Lebensbedingungen in ihrer Familie einsetzen. Sie ermöglichen mit dem Geld eine bessere Ernährung und eine bessere Bildung für ihre Kinder.

Sind die Menschen, welche vom Mikro-Kreditsystem profitieren, wirklich arm?

Die Grameen Foundation unterstützt Organisationen, welche Kredite an Menschen vergeben, welche pro Tag zum Teil weniger als 1 US$ verdienen. Obwohl die Verdienstverhältnisse von Land zu Land verschieden sind, ist den Kredit suchenden Menschen allen eines gemeinsam: Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt von Tag zu Tag. Am Morgen wissen sie noch nicht, ob das Geld bis zum Abend reichen wird, um die Grundbedürfnisse abzudecken.

Schaffen die Menschen es wirklich, mit dem Mikro-Kreditsystem aus der Armut zu entfliehen?

Das Mikro-Kreditsystem ist eindeutig nicht der "goldene Schlüssel" zu einer gesicherten Zukunft aller armen Menschen. Die Armutsbekämpfung ist äusserst vielschichtig und komplex.

Das Mikro-Kreditsystem ist ein wichtiges Element auf dem Weg in eine bessere Zukunft dieser Menschen. Studien in Bangladesch zeichnen eine ermutigendes Bild.

Zahlen die Menschen ihre Mikro-Kredite wirklich zurück?

Ungefähr 98% der Mikro-Kredite werden mit den Zinsen zurückbezahlt. Die Rückzahlungsrate ist damit höher als beispielsweise bei den Schuldnern in den USA.

Sind die Mikro-Kreditzinsen wirklich so hoch?

Die Bewirtschaftung von sehr vielen, sehr kleinen Kreditbeträgen ist kostenintensiv. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Mikofinanz- und Mikro-Kredisystem sind ebenfalls normale Lohnempfänger, welche nach den landesüblichen Ansätzen fair entlohnt werden.

Die Mikofinanz- und Mikro-Kredisysteme sind keine Wohlfahrtsunternehmen. Sie arbeiten nach sozial verträglichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten.

Die MFIs verlangen für ihre Kredite Zinsen zwischen 18% und 60%. Die Zinsrate hängt von den Bedingungen in den entsprechenden Gebieten ab. Lokale Geldverleiher arbeiten mit Zinssätzen zwischen 120% und 300%.

Text: RAOnline nach Unterlagen der GRAMEEN Foundation 2012
Quelle: Grameen Foundation (grameenfoundation.org), Frequently Asked Questions about Microfinance 2012
Bangladesh: Naturereignisse vergrössern die Armut
Der Erfolg bei der Armutsbekämpfung hängt von vielen Faktoren ab

Das nach dem Grameen-Prinzip aufgebauten Mikrofinanzsysteme haben sich im Alltag häufig nicht bewährt. Das Mikrofinanzsystem wurde dafür kritisiert, weil es bei seinem Aufbau mehrere Aspekte ausser Acht liess und dabei die Komplexität der Armutsbkämpfung mit einer erleichterten Kreditvergabe unterschätzt hat.

Bei der Kreditvergabe wurde vielfach die Lebens- und Vermögensbedingungen der Kreditnehmer/innen zu wenig berücksichtigt. Eine mehrfache Kleinkreditvergabe an dieselbe Person war häufig möglich. Lokale Ereignisse wie eine Naturkatastrophe, eine Epidemie, Ernteausfälle, der Einbruch der Absatzmärkte usw.trieben die Kreditkunden mit Mehrfachkrediten in eine Schuldenspirale, aus welcher es kaum mehr ein Entrinnen gab und dabei eine grosse Hoffnungslosigkeit zurückliess.

Dem Bereich der Mikrofinanzen wurde daher neu der englische Begriff "Financial Inclusive FI" zugeordnet. Der Begriff macht klar, dass FI mehr bedeutet als nur die Vergabe eines Kleinkredits. Der Betrieb eines Kleinkreditsystems muss von einem funktionierenden Versicherungs- und Gesundheitssystem begleitet sein. Weiter sollte den Menschen Sparmöglichkeiten angeboten werden. Die Kreditnehmer/innen müssen mit klaren Regeln vor einer Überschuldung geschützt werden. Die Kunden werden in ein Beratungs- und Bildungssystem eingebunden. Sie erhalten eine landwirtschaftliche Beratung und eine Bildung über Aspekte des Finanzwesens, welche die Wissensvermittlung über den Aufbau eines Sparvermögens einschliesst.

Der Erfolg eines mit Mikrokrediten finanzierten Kleinunternehmens hängt auch davon ab, ob die Produkte verkauft werden können. Die Produktion und das Verkaufsgeschäft benötigen eine funktionierende Infrastruktur wie u.a. ein Strom- und Strassennetz sowie ein korruptionsfreies und mit wenig Gebühren belastetes Umfeld.

Text: RAOnline 2020
Quelle: DEZA-Magazin "Eine Welt", Nr. 4, Dezember 2019

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