Dies sind einige Ergebnisse aus der Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) und der neuen Publikation des Bundesamtes für Statistik (BFS) zum Thema «Dynamik der Armut in der Schweiz». Die Armutsquote der erwerbstätigen Bevölkerung lag bei 3,8%. Wie in den Vorjahren wurden Personen, die alleine oder in Einelternhaushalten mit minderjährigen Kindern lebten, Personen ohne nachobligatorische Ausbildung und Personen in Haushalten ohne Erwerbstätige besonders häufig als arm eingestuft. Im Vergleich zu den Jahren 2014 (6,7%) und 2015 (7,0%) zeigt die Armutsquote der Gesamtbevölkerung eine steigende Tendenz. Diese bewegt sich jedoch innerhalb des statistischen Schwankungsbereichs. Rund 1% der Bevölkerung ist dauerhaft armutsbetroffen Mit den neuen Längsschnittdaten der Erhebung SILC, für die jeweils dieselben Haushalte während vier aufeinanderfolgenden Jahren befragt wurden, konnte erstmals untersucht werden, wie lange einzelne Personen in der Schweiz von Einkommensarmut betroffen sind. Von 2013 bis 2016 wurden 12,3% der Bevölkerung in mindestens einem der vier Jahre als arm eingestuft. Im Lauf von vier Jahren waren somit deutlich mehr Personen armutsbetroffen, als die jährlichen Armutsquoten aufzeigen. Anteil langzeitgefährdeter Personen gehört zu tiefsten in Europa Um die Situation in der Schweiz mit anderen Ländern zu vergleichen, wird die international gebräuchliche Armutsgefährdungsquote verwendet. 2016 lag diese in der Schweiz mit 14,7% weiterhin unter dem Durchschnitt der Europäischen Union von 17,3%. Die Schweiz gehört zu den Ländern mit dem tiefsten Anteil an langzeitgefährdeten Personen: 4,2% der Bevölkerung waren in vier von vier Jahren gefährdet (europäischer Durchschnitt: 8,1%). Auch in Bezug auf die materielle Versorgung gehört die Schweiz zu den bestplatzierten Ländern Europas: Ihre Quote der materiellen Entbehrung, welche als finanziell bedingter Mangel in drei von neun Lebensbereichen definiert ist, betrug 5,3% (europäischer Durchschnitt: 15,7%).
Die Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) Für weitere Informationen siehe www.silc.bfs.admin.ch
Finanzielle Armut kann nach zwei Ansätzen definiert werden: dem absoluten und dem relativen Ansatz. In beiden Konzepten wird jeweils ausschliesslich die Einkommenssituation betrachtet, ohne allfällige Vermögenswerte (Einkommensarmut). Die Armutsquote basiert auf einer «absoluten» Grenze: Als arm gelten demnach Personen, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die für ein gesellschaftlich integriertes Leben notwendigen Güter und Dienstleistungen zu erwerben. Die verwendete Armutsgrenze leitet sich von den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) ab. Sie setzt sich zusammen aus dem Grundbedarf für den Lebensunterhalt, den individuellen Wohnkosten sowie monatlich 100 Franken pro Person ab 16 Jahren im Haushalt für weitere Auslagen. 2016 betrug sie durchschnittlich 2'247 Franken pro Monat für eine Einzelperson und 3'981 Franken für zwei Erwachsene mit zwei Kindern. Die Armutsgefährdungsquote basiert auf einer «relativen» Grenze: Als armutsgefährdet gelten Personen mit einem Einkommen, das deutlich unter dem üblichen Einkommensniveau im betreffenden Land liegt. Armut wird somit als eine Form der Ungleichheit betrachtet. Vereinbarungsgemäss setzt die Europäische Union die Armutsgefährdungsgrenze bei 60% des medianen verfügbaren Äquivalenzeinkommens an. Die Quote der materiellen Entbehrung ist definiert als finanziell bedingter Mangel von mindestens drei Elementen aus neun europaweit koordinierten Lebensbereichen: • nicht in der Lage sein, innerhalb eines Monats unerwartete Ausgaben von 2'500 Franken zu tätigen • nicht in der Lage sein, eine Woche Ferien pro Jahr weg von zu Hause zu finanzieren • Zahlungsrückstände • nicht in der Lage sein, sich jeden zweiten Tag eine fleisch- oder fischhaltige Mahlzeit (oder vegetarische Entsprechung) zu leisten • nicht in der Lage sein, die Wohnung ausreichend zu heizen • keinen Zugang zu einer Waschmaschine haben • nicht im Besitz eines Farbfernsehers sein • nicht im Besitz eines Telefons sein • nicht im Besitz eines Autos sein Als Erwerbstätige gelten hier alle Personen ab 18 Jahren, die während des Kalenderjahres vor dem Interview (= Referenzperiode der Einkommen in SILC) mehrheitlich, d.h. in mehr als der Hälfte aller Monate, angestellt oder selbstständig erwerbend waren. Dabei werden sowohl Vollzeit- als auch Teilzeit-Tätigkeiten berücksichtigt. Der Median oder Zentralwert teilt die nach Grösse geordneten Beobachtungswerte in zwei gleich grosse Hälften. Die eine Hälfte der Werte liegt über, die andere unter dem Median. Das Bruttohaushaltseinkommen fasst alle Einkommen sämtlicher Mitglieder eines Privathaushalts zusammen. Dazu gehören die Einkommen aus unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, Renten und Sozialtransfers, Vermögenserträge, Unterhaltszahlungen sowie andere regelmässige Transfereinkommen von anderen Haushalten. Die in der Befragung SILC 2016 erhobenen Einkommensdaten beziehen sich auf das Jahr 2015. Das verfügbare Haushaltseinkommen wird berechnet, indem vom Bruttoeinkommen die obligatorischen Ausgaben abgezogen werden. Dazu gehören Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Krankenkassenprämien für die Grundversicherung, bezahlte Alimente und andere zu leistende Unterhaltsbeiträge. Das verfügbare Äquivalenzeinkommen wird anhand des verfügbaren Haushaltseinkommens berechnet, indem durch die Anwendung einer Äquivalenzskala die Grösse und Zusammensetzung der Haushalte berücksichtigt wird: Die älteste Person wird mit 1,0 gewichtet, jede weitere Person ab 14 Jahren mit 0,5 und jedes Kind unter 14 Jahren mit 0,3 (modifizierte OECD-Skala). Damit wird den Einsparungen Rechnung getragen, die sich aus dem gemeinsamen Wirtschaften eines Haushalts mit mehreren Personen ergeben.
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