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Neue Lösung für eines der grossen Probleme der Fusionsforschung |
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Aktuelle Experimente und Simulationen zeigen, wie sich zerstörerische Plasma-Instabilitäten in Fusionsreaktoren wie ITER vermeiden lassen.
Plasma-Instabilitäten vom Typ-I ELM können die Wände von Fusionsanlagen zum Schmelzen bringen. Ein Team um Forschende des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) und der Technischen Universität Wien fand einen Weg, sie in den Griff zu bekommen - und veröffentlichte die Arbeit im renommierten Fachjournal "Physical Review Letters".
Kernfusionskraftwerke könnten unsere Energieprobleme eines Tages nachhaltig lösen. Deshalb wird weltweit an dieser Methode der Energiegewinnung geforscht, die Prozesse auf der Sonne nachahmt. Damit das Prinzip auch auf der Erde funktioniert, müssen Plasmen in Reaktoren auf mindestens 100 Millionen Grad Celsius erhitzt werden. Magnetfelder schliessen das Plasma ein, sodass die Wand des Reaktors nicht schmilzt. Das funktioniert nur, weil die äussersten Zentimeter im magnetisch geformten Plasmarand extrem gut isolieren. In diesem Bereich kommt es aber immer wieder zu sogenannten Plasma-Instabilitäten. Dabei werden kurzzeitig energiereiche Teilchen an die Reaktorwand geschossen, die dadurch beschädigt werden kann.
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Nun konnten Forschende vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching und von der TU Wien zeigen: Es gibt einen Betriebsmodus für Fusionsreaktoren, der dieses Problem vermeidet. Statt grosser, potenziell zerstörerischer Instabilitäten, so genannte Edge Localised Modes (ELM) vom Typ I, nimmt man ganz bewusst viele kleine Instabilitäten in Kauf, die für den Reaktor kein Problem darstellen. "Unsere Arbeiten stellen einen Durchbruch im Verständnis des Auftretens und der Verhinderung von grossen Typ-I ELMs dar", sagt Elisabeth Wolfrum, Forschungsgruppenleiterin am IPP in Garching und Professorin an der TU Wien. "Die von uns vorgeschlagene Betriebsart ist wohl das vielversprechendste Szenario für Plasmen in künftigen Fusionskraftwerken." Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal "Physical Review Letters" als Editors' Suggestion publiziert.
Die Renaissance einer verworfenen Betriebsart
In einem torusförmigen Tokamak-Fusionsreaktor bewegen sich die ultraheissen Plasmateilchen mit hoher Geschwindigkeit. Mächtige Magnetspulen sorgen dafür, dass die Teilchen eingesperrt bleiben anstatt mit zerstörerischer Wucht auf die Wand des Reaktors zu treffen. "Perfekt von der Reaktorwand isolieren möchte man das Plasma aber auch nicht, schliesslich muss neuer Brennstoff zugeführt und das bei der Fusion entstandene Helium abtransportiert werden", erklärt Friedrich Aumayr, Professor für Ionen- & Plasmaphysik am Institut für Angewandte Physik der TU Wien.
Schon vor einigen Jahren zeigten die Experimente ein Rezept gegen die gefürchteten Typ-I ELMs: Das Plasma wird durch die Magnetspulen leicht verformt, sodass sein Plasmaquerschnitt nicht mehr elliptisch ist, sondern einem abgerundeten Dreieck ähnelt. Gleichzeitig erhöht man speziell am Rand die Dichte des Plasmas. "Zunächst dachte man aber, das sei ein Szenario, das nur in den momentan laufenden kleineren Maschinen wie ASDEX Upgrade am IPP in Garching auftritt und für einen Reaktor irrelevant ist", erklärt Lidija Radovanovic, die derzeit an der TU Wien an ihrer Dissertation zu diesem Thema arbeitet. "Mit neuen Experimenten und Simulationen konnten wir aber nun zeigen: Die Betriebsart kann auch in für Reaktoren vorgesehenen Parameterbereichen die gefährlichen Instabilitäten verhindern."
Wie ein Topf mit Deckel
Durch die dreieckige Form des Plasmas und das gezielte Einblasen zusätzlicher Teilchen am Rand treten viele kleine Instabilitäten auf - und zwar mehrere tausend Mal pro Sekunde. "Diese kleinen Teilchen-Bursts treffen die Wand des Reaktors schneller, als die sich aufheizen und wieder abkühlen kann", erklärt Georg Harrer, Erstautor der Publikation, der zur weiteren Untersuchung des neuen Betriebsmodus einen zweijährigen EUROfusion Researcher Grant von der EU erhalten hat. "Daher spielen diese einzelnen Instabilitäten für die Reaktorwand keine grosse Rolle." Wie das Team durch detaillierte Simulationsrechnungen zeigen konnte, verhindern diese Mini-Instabilitäten aber die grossen Instabilitäten, die sonst Schaden anrichten würden.
"Es ist ein bisschen wie bei einem Kochtopf mit Deckel, in dem das Wasser zu kochen beginnt", erklärt Georg Harrer. "Wenn sich immer wieder Druck aufbaut, den Deckel hebt und der Dampf entweicht, dann wird der Deckel heftig klappern. Wenn man hingegen den Deckel leicht schräg stellt, dann kann kontinuierlich Dampf entkommen, aber der Deckel bleibt stabil und klappert nicht."
Diese Fusionsreaktor-Betriebsart lässt sich in unterschiedlichen Reaktoren realisieren - nicht nur am ASDEX-Upgrade-Reaktor am IPP in Garching, sondern auch am derzeit in Bau befindlichen ITER in Frankreich oder auch in künftigen Fusionskraftanlagen wie DEMO.
Originalpublikation
G. F. Harrer, et al. "A quasi-continuous exhaust scenario for a fusion reactor: the renaissance of small edge localized modes”, Physical Review Letters.
DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.129.165001
Hintergrundartikel
Das Online-Magazin Physics der American Physical Society berichtet aktuell über die Veröffentlichung:
https://physics.aps.org/articles/v15/154
Die beschriebene Arbeit ist Teil des österreichischen Fusionsforschungsprogramms Fusion@ÖAW und wurde im Rahmen des EU-Programms EUROfusion durchgeführt.
Hintergrund zur Kernfusion
Ziel der Fusionsforschung ist es, ein klima- und umweltfreundliches Kraftwerk zu entwickeln. Ähnlich wie die Sonne soll es aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen.
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Weil das Fusionsfeuer erst bei Temperaturen über 100 Millionen Grad zündet, darf der Brennstoff - ein dünnes Wasserstoffplasma - nicht in Kontakt mit kalten Gefässwänden kommen. Von Magnetfeldern gehalten, schwebt er nahezu berührungsfrei im Inneren einer Vakuumkammer. |
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Den magnetischen Käfig von Wendelstein 7-X erzeugt ein Ring aus 50 supraleitenden Magnetspulen. Ihre speziellen Formen sind das Ergebnis ausgefeilter Optimierungsrechnungen. Mit ihrer Hilfe soll die Qualität des Plasmaeinschlusses in einem Stellarator das Niveau der konkurrierenden Anlagen vom Typ Tokamak erreichen.
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Quelle:
Text Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP), 11. Otober 2022 |
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Isotop
(gr: isos = gleich, topos = gleicher Ort)
Als
Isotope werden Atome bezeichnet, welche die gleiche Elektronen- und Protonenzahl
haben, sich aber in der Anzahl ihre Neutronen unterscheiden. Diese Atome
zeigen gleiche chemische Eigenschaften. Ihre Atommassenzahlen sind jedoch
unterschiedlich. Isotope stehen daher an derselben Stelle im Periodensystem der Elemente.
Viele
Elemente sind Mischungen verschiedener Isotopenarten (Bsp.: Kohlenstoff
mit dem bekanntesten Isotop 14C, 14 = Nukleonenzahl (Kernbausteine) = annähernd Atommassenzahl). Diese Elemente sind
als Mischelemente ein Isotopengemisch. Reinelemente wie Fluor,
Natrium bestehen aus nur einer Atomart. Sie enthalten keine Isotope. |
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