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Energieproduktion am
Aare-Hagneck-Kanal |
Landschaft des Jahres 2017 |
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Energieinfrastrukturlandschaft - fragiles Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schützen |
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Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) ernennt die Energieinfrastrukturlandschaft am Aare-Hagneck-Kanal zur Landschaft des Jahre 2017. Die Kraftwerklandschaft zeigt in modellhafter Weise eine "Win-Win"-Situation von Stromproduktion und Landschaftsschutz auf. Der öffentliche Festakt mit anschliessenden Exkursionen fand am Samstag, 6. Mai 2017 auf dem Areal des Wasserkraftwerks Hagneck statt. Am Vortag veranstaltete die SL eine Fachtagung zum Thema erneuerbare Energien und Landschaftsschutz.
Die diesjährige Auszeichnung geht an die Energieinfrastrukturlandschaft am Aare-Hagneck-Kanal. In den letzten Jahren wurden sowohl der Kanal wie auch die vier Flusskraftwerke saniert (Hagneck, Aarberg, Niederried, Kallnach). Dies ermöglicht eine höhere Stromproduktion und gewährleistet den Hochwasserschutz. Aus den Sanierungen resultieren aber auch bedeutende Aufwertungen für Natur und Landschaft. Damit ist die Energieinfrastrukturlandschaft am Aare-Hagneck-Kanal ein Modell für ein Nebeneinander von intensiver Nutzung und hohen Schutzwerten.
Preisempfänger sind die BKW, der Energie Service Biel ESB und der Kanton Bern für ihr Engagement zur sorgfältigen, umwelt-und landschaftsverträglichen Sanierung der Kraftwerke und Umsetzung der Hochwasserschutzmassnahmen.
Am Vortag des Festaktes veranstaltet die SL eine öffentliche Fachtagung zum Thema "Energiewende und Landschaftsschutz - Kriterien der Vereinbarkeit". Die Fachtagung ist ein Beitrag zur Debatte über die Energiestrategie 2050. Im Zentrum steht die Frage, wie das Ziel der Nutzung erneuerbarer Energien landschaftsverträglich umgesetzt werden kann. Die Teilnahme an der Tagung und am Festakt ist kostenlos.
Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) ernennt jedes Jahr eine Landschaft des Jahres. Damit wird die Möglichkeit geschaffen, die Werte der schweizerischen Landschaften zu kommunizieren, über deren Gefährdungen zu informieren und das lokale Engagement für die Landschaftspflege zu honorieren. Der Preis wird vom Migros-Genossenschafts-Bund und von Herrn Balthasar Schmid, Meggen LU, gestiftet. Die Preissumme beträgt Fr. 10'000.--.
Quelle:
Text Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL, Mai 2017 |
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So gelingt eine landschaftsverträgliche Energiewende! |
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Positionder StiftungLandschaftsschutz Schweiz (SL) |
Referatvon Raimund Rodewald an der Tagung der SL "Energiewende und
Landschaftsschutz- Kriterien der Vereinbarkeit", 5. Mai 2017 |
Grundsätzliches
Der Zubau der Stromgewinnung aus erneuerbaren (regenerativen) Energieträgern ist ohne Zweifel ein weltweites Gebot für die Zukunft. Der Begriff der Erneuerbarkeit bezieht sich auf die nutzbaren Ressourcen, die sich im Gegensatz zu den endlichen Ressourcen, wie Öl, Kohle und Gas, trotz deren Nutzung nicht erschöpfen oder sic sogar laufend erneuern können. Diese Definition der erneuerbaren Energien bedeutet jedoch nicht, dass die entsprechende Stromgewinnung in jedem Fall ökologisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich konfliktfrei ist. So stellt sich gerade bei der Nutzung der Wasser und Windkraft, in gewissem Masse auch
bei der Sonnenenergie und der Energie aus Biomasse, die Frage, ob die Landschaft als Ressource grundsätzlich erneuerbar ist oder nicht. Auch erneuerbare Energien können unter Umständen nicht umweltverträglich sein und auf soziale Ablehnung stossen.
Der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung ist langfristig nur dann erfolgreich, wenn die ökologischen und sozio-kulturellen Systeme in einem grösseren Raumzusammenhang nicht übermässig strapaziert werden. Hinkt jedoch die Stromerzeugung dem wachsenden Energiebedarf hinterher und greifen die Stromeffizienzmassnahmen zu wenig (bspw. aufgrund des Rebound-Effektes), so droht eine Übernutzung von regenerativen Systemen, die sich im Verlust von ungenutzter Landschaft und von ungenutzten Fliessgewässern sowie in einer Konkurrenzierung mit anderen Raumnutzungen (z.B. Erholungsnutzung versus Windkrafterzeugung) niederschlägt.
Erneuerbare Energie und Landschaftsschutz - 7 Thesen
These 1: Bestand effizient nutzen
In der Erneuerung des Kraftwerkparks der Schweiz steckt ein gewisses Potenzial von zusätzlicher Energie, welches zu allererst ausgeschöpft werden sollte. Dies betrifft vor allem die Erneuerung der Wasserkraftwerke und in geringem Mass das Repowering bei der Windkraft (Ersatz kleiner Windenergieanlagen durch grössere). Ersteres ist insbesondere dann erfolgreich, wenn die miteinander verbundenen komplexen Kraftwerkssysteme übergeordnet gesteuert und optimiert werden, wie dies das Beispiel der vier Kraftwerke am Aare-Hagneck-Kanal zeigt. Über dieses Mass der Erneuerung hinaus sollen die Stromerzeugungspotenziale in der Reihenfolge ausgeschöpft werden, in welcher die Projekte mit dem besten Verhältnis von hohem Stromertrag und kleinen ökologischen Auswirkungen zuerst, und jene mit einem schlechten Verhältnis später (oder eventuell gar nicht) realisiert werden.
These 2: Infrastrukturlandschaften gestalten
Die Schweiz weist eine der dichtesten Infrastrukturen Europas auf. Bahntrassen, Strassen, Freileitungen, Telekommunikations- und Beförderungsanlagen prägen unsere Landschaften bis in die letzten Winkel hinein. Die visuelle Ruhe (visual tranquility)ist selten geworden. Auf der anderen Seite bietet sich die Chancen der Bündelung und Konzentration von Infrastrukturen im Allgemeinen und in Bezug auf die Energieerzeugung und den Stromtransport im Speziellen. Windpärke an Stauseen oder in der Nähe grosser Freileitungen gleich wie Wasserkraftanlagen an bereits genutzten Gewässerabschnitten sind vorteilhafter als in infrastrukturell nicht vorbelasteten Landschaften. Gutes Beispiel ist auch der Ansatz des "paesaggio elettrico", einer geplanten Infrastrukturlandschaft für den Planungsraum der Stromleitungen in der Oberen Leventina und im Maggiatal. Eine derartige Planung darf sich nicht mit einem zufälligen Nebeneinander der Infrastrukturen begnügen, sondern solleine kohärente Raumanordnung mit entsprechendem Qualitätsgewinn für die Landschaft bezwecken. Trotz übergeordneter Planung bleiben jedoch immer die konkreten Umweltauswirkungen eines einzelnen Projektes vorbehalten.
These 3: Polyfunktionale Energieerzeugung fördern
Was früher im Städtebau als Credo galt, nämlich die räumliche Trennung der Funktionen Wohnen, Gewerbe, Erholung, Einkaufen, ist heute verpönt. Urbane Siedlungsentwicklung heisst Funktionen miteinander verbinden und räumlich überlagern. Gewiss lässt sich nicht jede Funktion kompatibel mit jeder anderen gestalten - ein Naturschutzgebiet ist nach wie vor kein Freizeitpark. Dennoch führt die Erhöhung der räumlichen Komplexität aufgrund gemischter Nutzungen zu attraktiven Orten. So soll auch ein Kraftwerksprojekt nicht nur ein Mehr an Kilowattstunden bedeuten, sondern auch ein Mehr an Landschaft. Die Verbindung von Wasserkraft, Hochwasserschutz, Revitalisierung, Naturschutz und Aufwertung von Erholungsräumen ist bei den Kraftwerken der Landschaft des Jahres 2017 hervorragend gelungen. Analog gilt dies auch für die bestehenden Kraftwerke Oberhasli. Auch auf dem Mont Crosin gelang es, den Windpark, der an sich nur unsichtbaren Strom produziert, mit einer touristischen und didaktischen Einbettung zu einem sichtbaren Element der lokalen Identität und nicht bloss einer funktionalen Stromproduktion zu machen. Gute Beispiele sind jedoch rar und es dominieren monofunktionale und gesichtslose Stromproduktionsanlagen.
These 4: Zertifizierten Mehrwert schaffen
Strom aus Wasserkraftwerken mit dem Gütesiegel "naturemade star" besitzen den Vorteil, dass durch den Kauf der Kilowattstunden ein Fonds für ökologische Verbesserungsmassnahmen gespiesen wird. Gleichzeitig wird damit auch eine umweltverträgliche Stromproduktion gefördert. Wasserkraftanlagen müssen immer die Anforderungen an das Restwasser im Sinne des Gewässerschutzgesetzes Art. 80 bis und mit Art. 83 fristgemäss erfüllen, damit sie mit dem Gütesiegel "naturemade" zertifiziert werden können. Dies ist jedoch noch keine besondere Leistung, sondern gesetzliche Pflicht.
Für das Label "naturemade star" gilt gemäss Zertifizierungskriterien unter anderem: "Mit der Einhaltung der lokal-regionalen Kriterien [eine Reihe von wissenschaftlich begründeten Kriterien] wird eine ökologische Minimalfunktion der genutzten Fliessgewässer sowie der unmittelbar vom Kraftwerksbetrieb betroffenen Landschaft gewährleistet. Darüber hinaus wird mit der Erfüllung der Kriterien ein Gewässerund Landschaftszustand angestrebt, der sich an neukonzessionierten Anlagen orientiert.
"Bei der Stromerzeugung aus Windkraftanlagen gilt für das Zertifikat "naturemade star" folgendes: "Grundsätzlich von einer naturemade-Zertifizierung ausgeschlossen sind Anlagen in Gebieten, welche im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) gelistet sind." Es soll für Neu- und Ausbauten zur Stromgewinnung aus Wasser- und Windkraft grundsätzlich nur "naturemade star" angestrebt, bzw. via KEV gefördert werden. Ein stärkerer Einbezug der Landschaftsbewertung und der Akzeptanz der lokalen Bevölkerung in den Kriteriensatz ist zwingend.
These 5: Konzentrationsprinzip beachten
Die Vision einer dezentralen Energieversorgung hat gewiss einiges für sich. Wenn die dezentrale Stromproduktion allerdings ausschliesslich der Netzeinspeisung und der Versorgung ferner Verbraucher dient, so hat dies eine riesige und wenig effiziente Infrastruktur zur Folge. Die vom Bundesrat für Energie im Entwurf der Energieverordnung vorgeschlagenen Untergrenzen für die Bestimmung des nationalen Interessens sind zu tief angesetzt: Bei Wasserkraftanlagen liegen sie bei 20 GWh/a, bei Windpärken bei 10 GWh/a (entspricht 2-3 Grosswindanlagen). Damit wird die Bezeichnung "nationales Interesse" zur Farce, da praktisch gar keine Anlagen unter dieser Schwelle projektiert werden. Es ist zu befürchten, dass auch in den nächsten Jahren übers Land verstreute kleine Windpärke entstehen, die je für sich kaum Relevantes zur Stromversorgung der Schweiz beitragen. Wenige grössere und konzentrierte Einheiten schonen letztlich die Landschaft besser und sind auch mit den Raumplanungszielen übereinstimmend im Gegensatz zu dezentral verstreuten Anlagen, welche die Umweltund Landschaftsbelastung giesskannenmässig übers Land verteilen. Bei der Fotovoltaik hingegen sin dezentrale Anlagen auf bereits beanspruchten Flächen wie Dächern sinnvoll.
These 6: Die Stromversorgung der Zukunft gelingt nicht im Alleingang
Der hohe Bevölkerungs-, Siedlungs- und Nutzungsdruck auf kleiner Fläche und die grosse Natur und Landschaftsverantwortung der Schweiz mit ihren Seen, den Alpen und dem Jura sowie mit der unter Druck stehenden Biodiversität lassen die in der Energiestrategie 2050 formulierten Zubauziele der Wasser-, aber vor allem Windkraft als wenig realistisch erscheinen. Die schützenswerten und die 19% national geschützten Landschaften der Schweiz (BLN), die wertvollen Ortsbilder und auch die kantonalen Schutzgebiete sind zu respektieren, da diese gleichermassen ein Generationenprojekt darstellen für unsere Zukunft wie die Energieversorgung. Es ist daher richtig, den Strom aus erneuerbaren Quellen in ganz Europa zu fördern, da weder die Zertifizierung, noch die Wege der Elektronen im Netz, noch die CO2-Immissionen eine politische Grenze kennen.
These 7: Die Rückbaubarkeit von Stromversorgungsanlagen garantieren
Die Technologien der Elektrizitätserzeugung und -nutzung werden sich weiterentwickeln und wandeln. Zukünftige Generationen sollen in der Lage sein, auf nicht mehr benötigte Anlagen zu verzichten und die beanspruchten Standorte der Natur und Landschaft im ursprünglichen Zustand zurückzugeben, ohne dass sie unbezahlte Rückbaukosten übernehmen müssen.
Quelle:
Text Stiftung Landschaftsschutz Schweiz SL, Mai 2017 |
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Publikation: Landschaft des Jahres 2017 |
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