SPEZIAL |
Erdbeben
und Tektonik in der Türkei |
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Erdbeben Türkei |
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Ereignis vom 6. Februar 2023 Gaziantep- u. Kahramanmaraş-Beben |
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Seismik und Tektonik |
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Erdbeben: Seismik und Tektonik Forschung |
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Erdbeben vom 6. Februar 2023 in der Region Gaziantep
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Gaziantep-Beben M7,8 und Kahramanmaraş-Beben M7,5 |
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Der Erdbebenherd des Gaziantep-Erdbebens (Magnitude 7,8) befand sich 18 Kilometer unter der Erdoberfläche und rund 9 Kilometer östlich von Sakçagözü.
Der Erdbebenherd des zweiten Erdbebens (Kahramanmaraş-Erdbeben, Magnitude 7,5) befand sich in einer Tiefe von 10 Kilometern und ungefähr 100 Kilometer nördlich des ersten schweren Bebens auf einer zweiten Verwerfung.
REGION |
Südosttürkei und Nordwestsyrien |
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am meisten betroffen: Provinzen Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep, aber auch die Provinzen Adiyaman, Kilis, Osmaniye, Malatya, Adana, Sanliurfa, Diyarbakir in der Türkei |
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Regionen um Idlib und Aleppo in Syrien
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DATUM |
06.02.2023 |
HERDZEIT |
01:17:34 UTC (4:17:34 Ortszeit und 2:17:34 MEZ (Mitteleuropäische Zeit) |
TIEFE |
USGS: 17,9 km (Nachbeben M7.5 in 10 km Tiefe) |
BREITE |
37.166°N |
LÄNGE |
37.042°E |
MAGNITUDE |
GFZ: M 7.69 - USGS: 7,8 |
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Die geografischen und seismischen Angaben zum Gaziantep-Erdbeben unterscheiden sich bei den einzelnen Informationsquellen wie GFZ, GADACS und USGS geringfügig. |
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Das M7.8-Erdbeben am 6. Februar 2023 mit Epizentrum in der Nähe von Nurdağı (Türkei)
Am 6. Februar 2023 löste ein Erdbeben mit Epizentrum in der Region der Stadt Gaziantep und einem Hypozentrum in 17,9 km Tiefe in den frühen Morgenstunden (04:17 Uhr Lokalzeit) verheerende Schockwellen aus. Das stärkste Nachbeben mit M7,5 wurde 95 km weiter nördlich in rund 10 km Tiefe aufgezeichnet. 11 Minuten später erschütterte ein Nachbeben mit der Stärke 6,7 die Gegend.
Vorbeben- und Nachbeben über M6.0 |
Erdbeben der Magnituden M7+ in der Türkei |
am 6. Februar 2023 |
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7.8 |
7.5 |
Türkei in der Nähe von Nurdağı |
Türkei 4 km SSE Ekinözü |
2023-02-06
01:17:34 (UTC) |
2023-02-06
10:24:49 (UTC) |
37.166°N / 37.0342°E
Tiefe: 17.9 km |
38.024°N / 37.203°E
Tiefe: 10 km |
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Datenquelle: USGS, 13. Februar 2023
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Am stärksten von den Auswirkungen der Erdbeben betroffen sind die drei Provinzen Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep. Grosse Schäden werden auch aus den Provinzen Adiyaman, Kilis, Osmaniye, Malatya, Adana, Sanliurfa und Diyarbakir gemeldet.
Das Erdbebengebiet nordöstlich von Gaziantep wird überwiegend von Menschen mit kurdischen Wurzeln bewohnt. Die Kurden in der Türkei fühlen sich oft vom türkischen Staat vernachlässigt. Die Regierungsarmee führt seit Jahren in der Grenzregion zu Syrien und dem Irak einen Krieg gegen kurdische Rebellen.
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Kurden sind eine indigene Volksgruppe, welche mehrheitlich in den Grenzregion der Länder Türkei, Syrien, Irak und Iran angesiedelt haben. Im Nordosten des Iraks befinden sich um die Städte Mossul, Arbil und Kirkuk halbautonom verwaltete Gebieten der Kurdistan Regional Governement. Die Kurden sprechen eine indogermanische Sprache, welche sich an die Persische Sprache anlehnt. Die Kurden bekennen sich mit grosser Mehrheit zur Sunnitischen Glaubensrichtung innerhalb des Islams. |
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Erdbeben mit einer so hohen Magnitude sind weltweit sehr selten. Sie werden vor allem entlang von sehr langen Verwerfungslinien beobachtet, wo sie zwei Erdplatten in vertikaler Richtung aneinander reiben und sich plötzlich ruckartig verschieben. Erdbeben dieser Stärke sind immer mit sehr grossen Schäden auf dem Festland verbunden. Im Südosten der Türkei sind die Schäden besonders hoch, weil die Bauweise vieler Häuser zu wenig stabil bzw. erdbebensicher gebaut wurden. Neuere Gebäude in der Türkei wie etwa in Istanbul werden nach modernen Baustandards gebaut, deren Gebäudestrukturen mehr Energie bei Erdbewegungen aufnehmen können. Den meisten Gebäuden im Südosten des Landes verfügen über Haustrukturen aus weniger geeignetem Zement. Bei vielen, vor allem älteren Häusern wurde vor allem im Erdgeschoss das Haus allzu oft mit zu wenig Stützpfeilern gesichert.
Am 6. Februar 2023 wurden bis um 22:30 Uhr Lokalzeit rund 30 Nachbeben der Stärke M4,5 und höher zwischen der Mittelmeerküste bei Iskenderun und der Stadt Malataya, welche 200 km weiter nordöstlich liegt. Malataya befindet sich rund 100 südwestlich von Elâziğ. Alle Bebenherde befinden sich im Bereich der in Richtung Nordosten verlaufenden Ostanatolischen Störung.
Seit 1970 wurden in dieser Region bis zum Zeitpunkt des 7,8-Erdbebens lediglich drei Erdbeben mit einer Magnitude M6 oder höher aufgezeichnet. Das stärkste Beben mit einer Stärke von M 6,7 ereignete sich am 24. Januar 2020.
Nach Angaben des USGS (United States Geological Survey) wurde beim M7.8-Beben eine zirka 6'600 km2 messende Gesteinsfläche innerhalb der Bruchzone der Ostanatolischen Verwerfung rund 3,4 m weit verschoben. Beim M7,5-Nachbeben wurde das Gestein einer rund 800 km2 messenden Fläche etwa 10 m weit verschoben. Nach Angaben die türkischen Zivilschutzbehörden wurden in den ersten 10 Tagen nach dem Hauptbeben über 4'000 schwächere und stärkere Erdstösse aufgezeichnet.
In der von den Erdbeben heimgesuchten Regionen stürzten Zehntausende von Gebäuden, z.T. ganze Quartiere, in sich zusammen und begruben in den Trümmern Zehntausende von Menschen. Bis am 15. Februar 2023 gaben die Behörden die Opferzahl mit 42'000 Menschen an. In Syrien verloren vermutlich gegen 6'000 Menschen ihr Leben. Die Anzahl der Todesopfer dürfte auf über 50'000 ansteigen. Nach ersten Schätzungen haben in der Türkei rund 1,5 Millionen Menschen ihre Wohnungen verloren. Die Rettungskräfte aus vielen Nationen konnten innerhalb einer Woche nach dem Hauptbeben gegen 150'000 Menschen aus dem Katastrophengebiet evakuieren. Auch die Versorgung der mehreren zehntausend Verletzen bleibt schwierig und stele die Hilfskräfte vor grosse Herausforderungen. Wie immer nach Katastrophen von diesem Ausmass bleibt die Lage auch viele Tage nach dem Ereignis unübersichtlich.
Die im Katastrophengebiet überlebenden Menschen leiden neben der Verarbeitung der traumatierenden Erlebnissen sowie der Sorge um Bekannte und Angehörigen vor allem unter dem extrem harten Winterwetter.
Besonders schwierig ist die Versorgung der Menschen mit Hilfsgütern in Nordostsyrien. Die Region um Idlib ist Rebellengebiet. Hier wütet seit Jahren ein unerbittlicher, brutaler Krieg zwischen den Armee Syriens und den islamischen Rebellen. Von der Türkei her war die ebenfalls unter den Erdbebenfolgen leidende Region vorerst nur über einen Grenzübergang zu erreichen.
Informationsquelle: u.a. USGS, SED Februar 2023 |
Test: RAOnline |
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Anatolien im Kreuzungspunkt von Plattengrenzen |
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Vier grössere tektonische Platten, die Arabische, die Eurasische, die Indische und die Afrikanische Platte)und ein kleiner tektonischer Block, der Anatolische Block, sind für die seimischen und tektonischen Aktivitäten im Nahen Osten und seinen Umgebungszonen verantwortlich. Die geologische Entwicklung wird von verschiedenen Arten von Plattenverschiebungen wie die Unterschiebungen (Subduktion), Überschiebungen, Risserweiterungen, Krustenneubildungsprozessen usw. geprägt.
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Im Südosten der Türkei beeinflussen sich gegenseitig die beiden nordnordostwärts driftenden Arabische Platte und die Afrikanische Platte sowie der Anatolische Block. Da sich die Arabische Platte sich etwas schneller vorwärts als die westlich liegen Afrikanische Platte. Durch dieses Verhalten wird der Anatolische Block mit einer Verschiebungsgeschwindigkeit von etwa 2,5 cm pro Jahr relativ zur Eurasischen Platte westwärts verschoben. Diese westwärts gerichtete Bewegung erhöht den Kompressionsdruck auf die Erdkruste im Ägäischen Meer, wo sich ebenfalls häufig starke Erdbeben ereignen.
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Die stärksten Erdbeben wurden im Kreuzungspunkt des Nord-Anatolischen Verwerfungszone (North Anatolian Fault Zone NAFZ) und der Ost-Anatolischen Verwerfungszone (East Anatolian Fault Zone EAFZ) im Gebiet der Provinzen Erzingan und Erzurum beobachtet. Entlang der Nord-Anatolischen Verwerfungszone wurden in der Vergangenheit viele Erdbeben mit höherer Magnitude (M7,0+) aufgezeichnet. 1939 ereignete sich bei Erzincan auf der Nordanatolischen Verwerfung ein Erdbeben der Magnitude von 7.8.
Am 17. August 1999 verwüstete ein Beben der Stärke 7,6 die Stadt Izmit nahe der Küste des Marmara-Meeres.
Erdbeben der Stärke M7+ sind auch weltweit sehr selten.
Die Gebiete in der Umgebung der Ost-Anatolischen Verwerfungszone EAFZ blieben bisher mehrheitlich von stärkeren Erdbeben verschont. Das stärkste Beben ereignete sich in dieser Gegend 1999 mit der Stärke M 6,3 in der Region von Adana.
Seit einiger Zeit treten allerdings entlang der EAFZ wesentlich häufiger und in kürzeren Zeitabständen Erdbeben auf. Entlang der NAFZ wurde in der gleichen Zeitspanne weniger Erdbeben registriert. (siehe: Vor- und Nachbeben in der Türkei 2023)
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Erdbeben Türkei am 23. Oktober 2011 in der Region Van |
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Im Grenzgebiet der Türkei zum Iran und zum Irak kollidieren die Eurasische Platte und die Arabische Platte (siehe: Ursachen von Erdbeben). Die Kollision hat durch inverse Verwerfungen (thrust faults) und Strike-Slip-Faults (das sind Verwerfungen, worin sich die beiden Gesteinsplatten in nahezu horizontaler Richtung gegeneinander verschieben) ein Mosaik von Bergen hervorgebracht.
In der zentralen und westlichen Türkei hat sich ein ausgedehntes Bruchsystem entwickelt. Der Anatolische Block wird durch die gegensätzliche Bewegungsrichtung der Eurasischen Platte und der Arabischen Platte nach Westen getrieben und durch die konvergierenden Gesteinsplatten unter grossen Druck gesetzt.
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20. Februar 2023 |
Am 20. Februar 2023 hat um 17:04:29 Uhr UTC (18:04:29 Uhr MEZ = 20:04:29 Uhr Lokalzeit) ein Erdbeben der Stärke M 6,3 die Provinz Hatay erschüttert. Das Epizentrum lag nach Angaben des GFZ auf 36.11° N / 35.93° E. Das Erdbeben ist in den umliegenden Staaten verspürt worden. Das Beben hat wieder zahreiche Todesopfer gefordert. Unzählige bereits beschädigte Häuser stürzten endgültig ein. |
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27. Februar 2023 |
Am 27. Februar 2023 hat um 09:04:51 Uhr UTC (10:04:51Uhr MEZ = 12:04:51 Uhr Lokalzeit) ein Erdbeben der Stärke M 5.2 die Provinz Malatya erschüttert. Das Epizentrum lag nach Angaben des USGS 8 km südsüdöstlich der Ortschaft Yesilyurt. Das Hypozentrum war in rund 10 km Tiefe.
Die Erdbebenwarte von Kandilli der Universität Boğaziçi (Türkei) ordnete diesem Beben die Stärke M 5,5 zu. Die Erdbebenwarte befindet sich im Stadtteil Kandili der Stadt Istanbul auf der asiatischen Seite der Meerenge Bosporus.
Das Beben hat wieder zahreiche Todesopfer gefordert. Unzählige bereits beschädigte Häuser stürzten endgültig ein.
Am 25. Februar 2023 wurde 19 km ostnordöstlich von Emirgazi (Provinz Konya, südlich von Ankara) ein Erdbeben der Stärke M 5,2 (Angabe USGS) registriert. Das Epizentrum befand sich am Südrand des Anatolischen Blocks und nicht in der EAFZ. |
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27. Februar 2023 |
Die Weltbank gab bekannt, dass sie die unmittelbaren durch die M 7,8- und M7,5-Erdbeben vom 6. Februar 2023 entstanden materiellen Schäden auf 34,6 Millarden US$ schätzt. Dieser Wert kann in den kommenden Monaten noch steigen. Diese Summe entspricht rund 4% des im Jahr 2021 von der Türkei erwirtschafteten Bruttoinlandprodukts BIP . Das BIP ist die Summe aller durch Produktion von Waren und Dienstleistungen erzielten Wertschöpfungen eines Landes.
Für den Wiederaufbau rechnet die Weltbank mit finanziellen Aufwendungen in doppelter Höhe der verursachten materiellen Schäden. Die Weltbank geht auch davon aus, dass die durch die Beben ausgelösten Einschränkungen der Wirtschaftsleistungen die Kosten im Zusammenhang mit dem Erdbeben noch erhöhen werden. |
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