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Grund- und Basisstufe:
Vorgehen und Ergebnisse der formativen Evaluation
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Deutsch-schweiz
Schulversuche mit der Basisstufe und der Grundstufe

Grund-und Basisstufe: Vorgehen und Ergebnisse der formativen Evaluation

Seit sechs Jahren untersucht ein Forschungsteam der Pädagogischen Hochschule des Kantons St. Gallen im Auftrag der Erziehungsdirektoren Konferenz EDK-Ost die Schulversuche der Basisstufe und Grundstufe in der Deutschschweiz.

Nun liegt der Schlussbericht des Projektes vor.

Ein Gespräch mit dem Evaluationsteam unter der Leitung von Franziska Vogt zeigt, wie die Forscherinnen dabei vorgegangen sind und welche Erkenntnisse gewonnen wurden.


Sechs Jahre evaluieren - ist das nicht etwas lange oder gar etwas eintönig?

Franziska Vogt: Überhaupt nicht, im Gegenteil. Die Basisstufe und die Grundstufe verändern die Schulerfahrung eines Kindes im Vergleich zum Kindergarten: In einer Klasse werden vierjährige bis achtjährige Kinder von zwei Lehrpersonen im Teamteaching unterrichtet, eine mit Ausbildung Kindergarten, eine mit Ausbildung Primarschule. Wir wollten mit der Evaluation herausfinden, wie die Erfahrungen der Kinder, Eltern und Lehrpersonen sind. Ein Kind geht vier Jahre lang in die Basisstufe, darum haben wir auch so lange evaluiert.

Nadja Abt: Solche Längsschnittstudien sind in der Bildungsforschung selten, sie sind aber sehr wichtig. Die Eltern und die Lehrpersonen haben über die vier Jahre hinweg dreimal Fragebogen zu ihren Eindrücken ausgefüllt. Es zeigt sich, dass sich die Kinder in der Basisstufe und der Grundstufe wohl fühlen und die Eltern keine Überforderung ihrer Kinder feststellten. Im Längsschnitt der Fragebogen sehen wir auch deutlich, dass die Basisstufe und die Grundstufe eine pädagogische Einheit bilden, während es deutliche Unterschiede zwischen Kindergarten und 1. Klasse gibt. Zudem erlauben Längsschnittstudien wertvolle Aussagen über Zusammenhänge, die bei einmaliger Erhebung nicht möglich wären.

Es wurden nicht nur Fragebogen zum Ankreuzen verschickt, ihr habt auch mit der Videokamera Basisstufen-und Grundstufenklassen besucht. Weshalb?

Bea Zumwald: Die Lehrpersonen der Grundstufe und der Basisstufe entwickelten etwas Neues, es ist eine Schulstufe, die es so vorher nicht gab. Die Lehrpersonen tun dies mit viel Engagement. Wir wollten mit den Besuchen der Evaluation feststellen, wie die Altersdurchmischung, die Integration und das Teamteaching in der Praxis wirklich umgesetzt werden. Wir setzen verschiedene Forschungsmethoden ein, um so unsere Aussagen zu erhärten. Darum besuchte ich die Schulen und nahm den Unterricht auf Video auf und fragte danach bei den Lehrpersonen nach. Ich analysierte, wie sich die Lehrpersonen organisierten, wie sie sich im Teamteaching die Arbeit aufteilen welche Fächer sie gemeinsam unterrichten, welche in Gruppen. Die Lehrpersonen schätzen das Teamteaching sehr.

Christa Urech: Es ist eindrücklich, wie vielfältig der Unterricht ist. Elemente des Kindergartens und Elemente der Unterstufe werden miteinander verbunden, es gibt einen fliessenden Wechsel zwischen Spiel und schulischem Lernen. Allerdings sind wir auch der Meinung, dass in vielen Grundstufen und Basisstufen noch mehr dafür getan könnte, dass auch die jüngeren Kinder auf spielerische Weise mit Lesen, Schreiben und Rechnen Erfahrungen machen können. Die Kinder profitieren davon, dass sie von zwei Lehrpersonen im Teamteaching intensiver und individueller betreut werden können. Beim Gespräch mit den Kindern zeigte sich, dass sie die Basisstufe gerne besuchen und es toll finden, schulische und spielerische Elemente zur Verfügung zu haben.

Welches sind die Schlussfolgerungen der Evaluation?

Franziska Vogt: Aufgrund unserer Ergebnisse kamen wir zum Schluss, dass die Basisstufe und die Grundstufe die Projektziele, nämlich pädagogische Kontinuität, fliessender Übergang zwischen Lernen im Spiel und aufgabenorientiertem Lernen, individualisierten Unterricht, Integration, Teamteaching, Altersdurchmischung und früheren Schriftspracherwerb und mathematische Förderung gut bis sehr gut erreicht haben. Unser Fazit lautet darum: „Es gibt gute Gründe, die neuen Modelle der Eingangsstufe einzuführen“ und „Aus pädagogischen Überlegungen ist die Einführung der Grundstufe oder der Basisstufe bedenkenlos möglich“ (Moser & Vogt, in EDK-Ost, S. 115)

Das Gespräch führte Deborah Conversano, Kommunikation PHSG



Bilanz aus Sicht der EDK-Ost und Partnerkantone
Referat von Regierungsrat Stefan Kölliker, Präsident der EDK-Ost und Vorsteher des Bildungsdepartementes des Kantons St.Gallen

Wir schauen heute auf ein Projekt zurück und stellen ihnen die Resultate vor, welches vor 10 Jahren seinen Ursprung hatte und welches eines der grössten interkantonalen Schulentwicklungsprojekte der letzten Jahre ist.

Die EDK verabschiedete nach ersten Studien in den 90er Jahren im Jahr 2000 erste Empfehlungen zur Bildung und Erziehung der vier-bis achtjährigen Kinder. Darin wurden die Kantone u.a. zur interkantonalen Zusammenarbeit hinsichtlich Planung und Umsetzung von Schulentwicklungsprojekten im Bereich der Schuleingangsphase eingeladen. Dieses Dossier 48 der EDK war die Grundlage für das Entwicklungsprojekt "Erziehung und Bildung in Kindergarten und Unterstufe im Rahmen der EDK-Ost und Partnerkantone" - kurz "Projekt EDK-Ost 4bis8", welches im Jahr 2002 gestartet wurde. Die Idee des Projektes war es, mit zwei neuen Modellen - der Basisstufe und der Grundstufe - im Rahmen von Schulversuchen die Schnittstelle zwischen Kindergarten und Schuleintritt zu entschärfen.

Anfänglich war dieses Projekt ausschliesslich auf die Kantone der EDK-Ost ausgerichtet, doch bereits kurz nach dem Start beteiligten sich weitere Kantone aus der Deutschschweiz. Ab dem Jahr 2006 waren alle deutsch-und gemischtsprachigen Kantone der Schweiz mit an Bord. Die Finanzierung erfolgte anteilmässig durch alle beteiligten Kantone nach einem Verteilschlüssel gemäss Wohnbevölkerung.

Bestrebungen und Absichten der EDK-Ost

Mit dem vorliegenden Projekt verfolgte die EDK-Ost im Bereich der Projektarbeit drei Zielsetzungen:

1. Erarbeitung von pädagogischen Grundlagen

2. Gemeinsame Evaluation der Schulversuche zur Basisstufe und Grundstufe durchführen

3. Die zur Verfügung stehenden kantonalen Ressourcen und Synergien für eine koordinierte Entwicklungsarbeit nutzen und sich gegenseitig informieren.

Dazu setzte die EDK-Ost eine Projektleitung und eine Projektkommission ein. In der Projektkommission sind alle beteiligten Kantone vertreten. Im Schuljahr 2003/2004 konnten die ersten Schulversuche in den Kantonen Aargau, Glarus, Thurgau und St.Gallen gestartet werden, in den anderen Kantonen starteten die Schulversuche ein Jahr später. Aktuell sind es rund 170 Schulversuchklassen in 10 Kantonen der Deutschschweiz und dem Fürstentum Liechtenstein. In einzelnen Kantonen sind die Schulversuche bereits abgeschlossen (z.B. Kanton St.Gallen), in anderen laufen sie noch. Diese Schulversuche wurden mit einer summativen und einer formativen Evaluation begleitet - die Resultate werden Ihnen von Franziska Vogt und Urs Moser anschliessend direkt vorgestellt. Die Projektleiterin Brigitte Wiederkehr Steiger wird Ihnen die Organisation und das Vorgehen sowie die Bilanz der Schulversuche vorstellen.

Verändertes Umfeld

Wir stehen heute am Ende des Projektes. Und wir stellen fest, dass sich in dieser Zeit auch die Ausgangslage verändert hat - stehen wir doch heute in einem veränderten Umfeld. Verschiedene zum damaligen Zeitpunkt noch nicht im Vordergrund gestandenen Entwicklungen, wie sinkende Schülerzahlen, gesellschaftliche Forderungen im erzieherischen und sozialen Bereich, neue Forderungen zum sonderpädagogischen Angebot u.a.m., bleiben nicht ohne Einfluss auf die Schule und ihren Auftrag. Ebenfalls haben sich auch Entwicklungen auf nationaler Ebene ergeben - so zum Beispiel das Konkordat zur Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS), das den obligatorischen Kindergartenbesuch und den Eintritt in die Primarstufe bzw. in den Kindergarten im 5. Lebensjahr vorsieht sowie der Lehrplan 21, der einen Kompetenzaufbau für den ersten vierjährigen Zyklus (Kindergarten und 1./2. Primarklasse) festlegt. Dies gilt es bei der Würdigung mitzuberücksichtigen.

Positive Bilanz der interkantonalen Zusammenarbeit

Die EDK-Ost und Partnerkantone ziehen in einer ersten Beurteilung der Erfahrungen aus den Schulversuchen und der in interkantonalen Absprachen entwickelten Grundlagen eine positive Bilanz. Die interkantonale Zusammenarbeit ist gelungen und der Projektauftrag wurde erfüllt. Schulversuche bieten die Chance, mit interessierten Lehrpersonen pädagogische und in diesem Falle auch organisatorische Konzepte zu erproben sowie Schlussfolgerungen daraus abzuleiten. Dieses Erfahrungswissen gilt es nun zu nutzen.

Einzelne Kantone haben sich auch mit der Frage der Finanzierung auseinandergesetzt. Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Kosten für die Grundstufe oder Basisstufe insgesamt höher als diejenigen für den Kindergarten und 1./2. Primarklasse sind. Um wie viel die Kosten höher sind, hängt von den kantonalen Rahmenbedingungen und Vorgaben ab. Die Mehrkosten wirken sich entsprechend von Kanton zu Kanton verschieden aus. Berechnungen zeigen jedoch auch, dass es aufgrund der Optimierungsmöglichkeiten in der Klassenbildung gerade in Gemeinden mit Kleinstschulen zu kostenneutralen Lösungen oder sogar Einsparungen gegenüber dem Kindergarten und den 1./2. Primarklassen kommen kann.

Entscheide müssen in den Kantonen gefällt werden

Die wissenschaftlichen Ergebnisse und das Erfahrungswissen aus der Schulversuchsphase der beiden Modelle Basisstufe und Grundstufe wie auch die Entwicklungen in Kindergarten und Primarschule geben den Kantonen, den Pädagogischen Hochschulen, der Lehrplan-und Lehrmittelentwicklung sowie der Forschung eine Fülle von wertvollen Anhaltspunkten für die im Bereich der Eingangsstufe möglichen und allenfalls notwendigen Anpassungen.

21 Kantone und das Fürstentum Liechtenstein haben in einem Projektverbund ein bedeutendes Schulentwicklungsanliegen auf überregionaler Ebene unterstützt. Wichtige Erkenntnisse liegen nun vor. Für die weiteren Entscheide stehen den Kantonen vielfältige Erkenntnisse und umfangreiche Grundlagen zur Verfügung. Der Entscheid über die konkrete Ausgestaltung der Eingangsstufe liegt in der abschliessenden Kompetenz eines jeden einzelnen Kantons. Die EDK-Ost macht hierzu keine Empfehlungen - jeder Kanton soll selber entscheiden, welche Schlüsse er daraus zieht und welche Schritte er allenfalls einleitet.

Quelle: Text EDK Ost, Juni 2010

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