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Südsudan Traditionelle Clanführer Vergangenheit und Gegenwart 2017
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Traditionelle Clanführer - Vergangenheit und Gegenwart

Im April 2016 trafen sich 17 traditionelle Führer (Chiefs) im Kuron Holy Trinity Peace Village in Eastern Equatoria zu einem Meinungsaustausch. Das Treffen fand unter der Schirmherrschaft der katholischen Diozöse von Torit im Dorf Kuron statt. Kuron ist eine Gemeinschaft mit Modellcharakter für die kommunale Zusammenarbeit unter den Kirchgemeinden in Eastern Equotaria. Das Dorf wurde vom ehemaligen Bischof Paride Taban gegründet.

Die traditionelle Führer spielen in den ländlichen Lebensgemeinschaften im Südsudan seit langem eine bedeutende Rolle. Während des Bürgerkrieges von 1983 bis 2005 hat die damals herrschende SPLA-Adminstration die Autorität der lokalen Führer untergraben. In dieser Zeit des Bürgerkrieges wurde die Jugend von den herrschenden Klasse militarisiert, was dazu beitrug, dass die traditionellen Führer an Einfluss in der Gemeinschaft verloren haben.Trotz allem haben die traditionellen Führer weitgehend die Fähigkeit bewahrt, die ländlichen Gemeinschaften zu mobilisieren, lokale Konflikte zu lösen und mit ihrer Rechtssprechung für Gerechtigkeit zu sorgen. Die traditionellen Führer sind weiterhin in der Lage, die Meinungen ihrer ländlichenGemeinschaften nach aussen zu vertreten.

Die traditionellen Führer werden von den Angehörigen ihrer lokalen Gemeinschaften als Könige, als Chiefs oder als Führer gewählt, berufen oder in einer Erbfolge in diese Führungsposition gesetzt. Paramount Chiefs stehen in der lokalen Hierarchie über den Chiefs und Sub-Chiefs.

Vergangenheit und Gegenwart der "Chiefship" (Herrschaft der traditionellen Führer)

Situation in Yambio (Western Equatoria)

Yambio liegt im südwestlichen Südsudan nahe an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Chief Wilson Peni ist der König des Königreichs Zande [Paramount Chief von Yambio in Western Equatoria]. Die Nachfolge für die Könige und Chiefs von Zande wird in einer Erbfolge geregelt.

Der Älteste Taratizio Wandu ist ein der Sohn des Königs von Zande. Er und seine Familienmitglieder amteten als Chiefs. Sie haben sich später entschieden, selbst Lebensmittel anzubauen. Taratizio Wandu arbeitet nun als landwirtschaftlicher Berater in der Diozöse.

Taratizio Wandu berichtet, dass ein Chiefs während der Zeit der britischen Kolonialherrschaft die Rolle eines Vaters der lokalen Gemeinschaften einnahm. Ein Chief war damals eine von allen respektierte Persönlichkeit. Er hatte die Macht, Konflikte zu lösen oder mit einem Schiedsspruch zu beenden. Sub-Chiefs besorgten für ihn den landwirtschaftlichen Anbau. Befand sich der Chief auf einem Rundgang, so begrüssten ihn die Leute und zogen dabei ihre Hüte vom Kopf. Manche steckten sogar Geld in seine Taschen. Fand in der Stadt ein wichtiges Treffen statt, so wurde der Chief und seine Frau in seinem Dorf abgeholt und in die Stadt gefahren.

Heute werden dem Chief keine Ehrbezeugungen mehr entgegengebracht. Sein Ansehen ist auf dem Nullpunkt. Die Macht der Chiefs wurde herabgemindert. Während der britischen Kolonialzeit war es unmöglich, einen Rechtsfall ohne ein Begleitschreiben des Chiefsan eine höhere Instanz weiterzureichen. Heute werden ihre Anordnungen missachtet. Von ihnen verurteilte Straftäter laufen weiterhin unbehelligt in Freiheit herum. Die Chiefs haben die Macht verloren, Strafurteile durchzusetzen.

Heute werden die Chiefs von der Regierung bezahlt. Die Chiefs sind beauftragt, die Anweisungen der Regierung umzusetzen. Als bezahlte Regierungsvertreter haben sie ihr Ansehen und damit ihre Würde verloren. Während des Bürgerkrieges wurden die Chiefs von den lokalen Milizen instrumentalisiert und entmachtet.

In historischen Zeit waren die Könige selbst die Regierung. Die aktuelle Regierung hat viele Vorgehensweisen der traditionellen Führer übernommen. Weiterhin werden die Menschen vom Staatsgouverneur mit Hornstössen zusammengerufen. Die Regierungsarmee benutzt noch heute dieselben Trommelschläge und Melodien wie sie in historischen Zeiten von den Zande-Kriegern verwendet wurden.

Situation im Teilstaat Twic im nördlichen Warrap-Staat

Twic liegt südlich von Abyei und östlich von Aweil. Twic wird mehrheitlich vom Dinka-Volk bewohnt. Der aktuelle Staatspräsident Kiir ist ein Dinka. Chief Jacob Madhel Lang kommt aus Twic. Er berichtete beim Treffen in Kuron über seine Erfahrungen.

Während ihrer Kolonialherrschaft hatten die Briten eine lokale Administration geschaffen, welche von einheimischen Führern geleitet wurde. Diese Führer wurden von den Angehörigen des Dinka-Volkes geschätzt. Sie wurden jedoch zugleich auch gefürchtet.

1920 bestimmte die britische Kolonialverwaltung Clanführer (Chiefs). Clanführer mussten zwei Funktionen erfüllen. Sie wurden mit administrativen und die rechtlichen Aufgaben betraut. Zu den administrativen Aufgaben gehörte es, u.a. den Bau von Strassen, Schulen und Gesundheitszentren zu veranlassen und zu begleiten. Sie mussten die Anordnungen der Regierung umsetzen und die Anliegen der Bevölkerung bei Regierungsstellen vertreten. Die bei der Erledigung dieser Aufgaben auftretenden Probleme wurden nach dem althergebrachten Rechtsverständnis geregelt. Der Clanführer musste bei Problemen im Zusammenhang mit einer Erb- oder Landverteilung sowie bei Heirats- oder Scheidungsangelegenheiten vermitteln. Dem Chief stand für kleinere Konfliktfälle ein von ihm beauftragter Sub-Chief zur Seite.

Das Volk besass eine Art Vetorecht, falls die Chiefs durch eine Erbfolge oder eine Anordnung der Regierung ins Amt befördert wurden. Das Volk akzeptierte die Erbfolge, indem es ruhig blieb. War der neue Chief nicht genehm, so wurde aus dem Volk ein neuer Kandidat vorgeschlagen. Das Volk gelangte an das britischen Regiersbevollmächtigten und verlangten eine Wahl, wenn der von der Regierung bestimmte neue Chief beim Volk keinen Anklang fand.

Die lokalen Volksgemeinschaften organisierte ihre Administration, indem sie ihre Clanführer bestimmten. Ein Clanführer sollte fair handeln und urteilen. Er sollte die Sympathie der Mehrheit geniessen. Ein Clanführer musste gewillt sein, dem Volk zu dienen. Er musste als guter Mediator wirken können.

Die Hauptarbeit des Clanführers bestand darin, seine mit ihm verwandten Familien zu regieren. Er hatte zudem die Aufgabe, junge Menschen ins Steuerregister aufzunehmen, ältere Familienmitglieder aus der Steuerpflicht zu entlassen und die verstorbenen Menschen aufzulisten.

Der Clanführer vermittelte auch bei Streitigkeiten zwischen Eheleuten und kümmerte sich um Witwen, Waisen und bedürftige sowie kranke Menschen. Er trieb auch die Steuern ein, welche die Verwandten der Gemeinschaft schuldeten.

Der Clanführer sorgte auch dafür, dass der «Blutpreis» (blood price) von den Tätern an die Opfer einer Bluttat entrichtet wurde. Der Clanführer bekam ein Gehalt ausbezahlt, welches sich nach einem zuvor festgelegten Prozentsatz des Steuerertrages bemass.

Eine wichtige Rolle beim Zusammenleben in den Dinka-Gemeinschaften nahmen die sogenannten «spearmasters» ein. Im Dinka-Volk genossen die «spearmasters», spirituelle Führer, ein hohes Ansehen. Die «spearmasters» besassen die Macht, Streitfälle unter ihren Stammesangehörigen zu lösen. Die «spearmasters» drohten den Kontrahenden mit einem Fluch. Diese Drohung half in der Regel, das umstrittene Problem aus der Welt zu schaffen.

Der langanhaltende Bürgerkrieg 1983 bis 2005 liess kein Flecken Land im Südsudan unberührt. Einige Clanführer verliessen während dieser bedrückenden Zeit ihre Dörfer. Wieder andere flohen in die Städte, wo sie unter die Kontrolle der Regierung gerieten. Nur wenige Clanführer blieben in ihren Heimatdörfern. Nach der Friedensvertrag von 2005 gingen die meisten Clanführer aus den Städte wieder zurück in ihre Heimat. 2009 hat die Regierung mit einem Gesetz die Clanführer entmachtet. Rechtsfälle, welche früher von den Clanführern geregelt wurden, werden heute als kriminelle Fälle betrachtet. Die meisten der als Kriminelle beschuldigten werden ohne Rechtsbeistand abgeurteilt.

Quelle: Rift Valley Institute, Bericht «Now We Are Zero», South Sudanese chiefs and elders discuss their roles in peace and conflict, Nairobi (Kenia), 2016
Text: RAOnline, Auszug aus dem Bericht «Now We Are Zero»

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FAO Statistics UN OCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs)
UN OCHA South-Sudan Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
UNICEF International Crisis Group ICG
Coalition to Stop the Use of Child Soldiers United Nations Mission in South Sudan (UNMISS)
Amnesty International WFP Famine Early Warning System Network FEWS
Amnesty International Schweiz Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA)
UNICEF Schweiz European Commission's Directorate-General for European Civil Protection and Humanitarian Aid Operations ECHO
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