Deutschland erlebte 2022 ein aussergewöhnliches Wetterjahr. Der Temperaturrekord des Jahres 2018 von 10,5 Grad Celsius wurde zumindest eingestellt. Erst die abschliessende Auswertung aller Stationsdaten des nationalen Wetterdienstes Anfang Januar wird zeigen, ob 2022 das wärmste Jahr seit Messbeginn war. Einen neuen Rekord gab es bei der Sonnenscheindauer. Mit einem Niederschlagsdefizit von etwa 15 Prozent waren die vergangenen zwölf Monate hierzulande sehr trocken. Auch beim Trend der Jahresmitteltemperatur gab es mit dem warmen Jahr 2022 einen weiteren Anstieg: Seit 1881 ist es in Deutschland inzwischen 1,7 Grad wärmer geworden. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 1,6 Grad. Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes (DWD): "Das rekordwarme Jahr 2022 sollte für uns alle ein erneuter Ansporn sein, beim Klimaschutz endlich vom Reden zum Handeln zu kommen. Wir haben es bisher nicht geschafft, wirkungsvoll auf die Treibhausgasbremse zu treten. Die Erderwärmung schreitet nahezu ungebremst voran." Mehrere Hitzewellen im Juni und Juli Im Jahr 2022 waren alle Monate im Vergleich zum Mittel der Referenzperiode 1961-1990 zu warm Der August war im vieljährigen Vergleich der Zweitwärmste und der Oktober mit 2001 sogar der Wärmste entsprechende Monat. Insgesamt ergab sich nach DWD-Berechnungen eine Jahresmitteltemperatur von 10,5 Grad Celsius (°C). 2022 liegt damit um 2,3 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode 1961 - 1990. Im Vergleich zur aktuellen und wärmeren Vergleichsperiode 1991 - 2020 betrug die Abweichung +1,2 Grad. Damit war 2022 neben 2018 vorläufig das wärmste Jahr seit Messbeginn. Platz 1 ist laut DWD nach Auswertung aller Daten noch möglich. Mehrere intensive Hitzewellen im Juni und Juli führten europaweit zu Temperaturrekorden. Die deutschlandweit höchste Tagestemperatur stammt ungewöhnlicherweise aus dem Norden des Landes. Am 20. Juli wurde in Hamburg-Neuwiedenthal ein neuer Stationsrekord von 40,1 °C festgehalten. Den Jahrestiefstwert meldete Heinersreuth-Vollhof, Landkreis Bayreuth, am 18. Dezember mit -19,3 °C. Februar und September ordentlich nass, Sommer hingegen erhebli≠ch zu trocken Das sommerliche Niederschlagsloch, das ein Minus von gut 40 Prozent im Vergleich zur Referenzperiode 1961 -1990 erreichte, führte zu der geringsten Bodenfeuchte unter Gras seit 1961. Flankiert wurde diese Trockenphase allerdings von den deutlich zu nassen Monaten Februar und September. Im Jahresverlauf fielen im Deutschlandmittel rund 670 Liter pro Quadratmeter (l/m). Das war ein Minus von etwa 15 Prozent verglichen mit der Referenzperiode 1961 - 1990 (789 l/m). Ähnlich fiel der Vergleich mit der Periode 1991 - 2020 (791 l/m) aus. Die höchste Tagessumme wurde in Babenhausen im Unterallgäu am 19. August mit 112,1 l/m gemessen. An den Alpen prasselten in den vergangenen zwölf Monaten 1500 bis 2000 l/m nieder. Im Nordosten gingen gleichzeitig die Mengen auf unter 500 l/m zurück. Mit etwa 2025 Sonnenstunden sonnigstes Jahr seit Messbeginn 2022 schien die Sonne im bundesweiten Mittel rund 2025 Stunden und lag damit etwa 30 Prozent über dem Referenzwert der Periode 1961 - 1990 (1544 Stunden). Im Vergleich zu 1991 - 2020 (1665 Stunden) betrug die positive Abweichung gut ein Fünftel. Im Südwesten schien die Sonne sogar über 2300 Stunden, in den östlichen Mittelgebirgen zeigte sie sich mit unter 1800 Stunden vergleichsweise seltener.
Baden-Württemberg: Das Jahr 2022 begann mit einem viel zu milden Winter, in dem sich Kälte und Schnee ins höhere Bergland zurückzogen und dann vom sonnigsten März seit Messbeginn abgebaut wurden. Am 12. April meldete Baden-Württemberg als Vorreiter den ersten Sommertag der Republik, im Mai wurde dann auch die 30 °C-Marke geknackt. Prompt schloss sich dann nach 2003 der zweitwärmste Sommer und nach einem bereits ziemlich herbstlichen September der wärmste Oktober an. Dieser katapultierte mit dem sehr milden November den diesjährigen Herbst auf Platz 2 der Wärmsten. Richtig eisig und winterlich wurde nur die erste Dezemberhälfte. So erlebte Baden-Württemberg 2022 mit 10,9 °C (8,1 °C) das wärmste Jahr seit Messbeginn. Auch die Sonnenscheindauer erreichte mit 2185 Stunden (1607 Stunden) einen neuen Rekordwert. Die Jahresniederschlagsmenge betrug 810 l/m (980 l/m). Im Ländervergleich war Baden-Württemberg 2022 das sonnigste Bundesland. Berlin: In der Hauptstadt zeigte sich das Jahr 2022 mit 11,2 °C (9,1 °C) nicht nur ungewöhnlich warm, sondern mit 403 l/m (573 l/m) auch viel zu trocken. So liess Berlin als niederschlagsärmste Region alle anderen Bundesländer weit hinter sich. Die Sonne schien in den 2045 Stunden (1635 Stunden). Der März brachte sogar einen neuen Sonnenscheinrekord. Im November gab es einen Frostschock und im Dezember sogar 11 Tage Dauerfrost. Äussert mild ging es dann in das neue Jahr. Brandenburg: Nach einem sehr milden Winter und dem sonnigsten März machte besonders der diesjährige Sommer Schlagzeilen. Trockenheit, Hitze und Waldbrände waren die prägendsten Ereignisse. Am 19. Juni befand sich der Süden in den Händen sengender Heissluft. Cottbus meldete extreme 39,2 °C und damit einen neuen Junirekord für Brandenburg. Eisig wurde es dann kurz im November und für längere Zeit im Dezember, wo im Mittel an 10 Tagen Dauerfrost beobachtet wurde. In der Jahresbilanz war 2022 mit 10,6 °C (8,7 °C) in Brandenburg ungewöhnlich warm Deutlich zurück blieb die Niederschlagsausbeute mit 430 l/m (557 l/m). Brandenburg war die zweittrockenste Region in Deutschland. Die Sonnenscheindauer lag bei 2017 Stunden (1634 Stunden). Hamburg: Die Hafenmetropole meldete im Wetterjahr 2022 den sonnigsten März und am 20. Juli in Hamburg-Neuwiedenthal mit 40,1 °C einen neuen Altzeitrekord. Erstaunlich daran ist, dass dieser so weit im Norden gleichzeitig den deutschlandweit höchsten Jahreswert markiert. An den sehr warmen Sommer schloss ein äusserst milder und sonniger Herbst an. In der zweiten Dezemberdekade wurde es auch mal richtig eisig. Teilweise ging es auf knapp minus 10 °C zurück. Am Ende standen für das Jahr 2022 viel zu warme 11,0 °C (8,8 °C), 675 l/m (750 l/m) und sonnige 1985 Stunden (1507 Stunden) auf dem Zettel. Mecklenburg-Vorpommern: Im Nordosten war das Jahr 2022 mit 10,1 °C (8,2 °C) aussergewöhnlich warm und mit 2015 Stunden (1648 Stunden) ausgesprochen sonnig. Rekordsonnenschein spendierte der März. Der 20. Juli war ein Tag mit neuen landesweiten Hitzerekorden. Boizenburg, 50 km südwestlich von Schwerin, stand mit 39,4 °C ganz oben auf Niedersachsen: Im zweitgrössten Flächenland erreichte die Jahresmitteltemperatur ungewöhnliche 10,7 °C (8,6 °C). Dazu fielen 635 l/m (746 l/m) Niederschlag. Mitte Februar fegten Stürme über die Region und produzierten teils schwere Orkanböen an den Küsten. Ruhe und Rekordsonnenschein schenkte der März. Heiss wurde es im Juli, als am 20.7. in Barsinghausen-Hohenbostel, 20 km westlich von Hannover, mit 40,0 °C sogar ein neuer Bundeslandrekord aufgestellt wurde. Anschliessend setzte der drittwärmste Herbst nach, ehe in der zweiten Dezemberdekade Väterchen Frost die Muskeln spielen liess. Im ganzen Jahr kam die Sonne rund 1940 Stunden (1456 Stunden) zum Vorschein. Nordrhein-Westfalen: In NRW verabschiedete sich das Wetterjahr 2022 mit 11,2 °C (9,0 °C) rekordwarm Auch die Sonnenscheindauer stand mit 1984 Stunden (1440 Stunden) an der Spitze. Besonders der sonnige März stellte alles bisher Bekannte in den Schatten. Ende der zweiten Maidekade wurden die ersten heissen Tage des Jahres gemessen. Der darauffolgende Sommer war erschreckend trocken und der Herbst ungewöhnlich warm In der zweiten Dezemberdekade gab es strenge Fröste, die mit gefährlichem Glatteisregen verbunden waren. In Nordrhein-Westfalen fiel ein Jahresniederschlag von 737 l/m (875 l/m). Rheinland-Pfalz: 2022 war mit 11,2 °C (8,6 °C) vor Ort das wärmste Jahr. Die Sonne schien 2095 Stunden (1507 Stunden). Der März glänzte mit einer Rekordsonnenscheindauer und der Sommer war der zweitwärmste und trockenste. Der September bescherte der Flora und Fauna wohltuenden Niederschlag und sorgte so für eine deutliche Entspannung in der vorangegangenen Dürre. An den wärmsten Oktober seit Messbeginn hängte sich ein viel zu milder November. Die Niederschlagsmenge betrug 2022 rund 685 l/m (807 l/m). Sachsen-Anhalt: Letzte Berechnungen zeigen: 2022 war dort mit 10,6 °C (8,7 °C) eines der wärmsten und mit 2040 Stunden (1522 Stunden) das zweitsonnigste Jahr. Dazu gehörte 2022 auch den sonnigsten März und den zweitsonnigsten Sommer, in dem erstmals die 40,0 °C am 20. Juli in Huy-Pabsdorf, Landkreis Harz, gemessen wurden. Der Oktober liess sich als Wärmster erkennen, auf den dann der drittsonnigste (eigentliche) "Nebelmonat" folgte. Die zweite Dezemberdekade zeigte sich von ihrer eisigen Seite und der Jahreswechsel äussert mild. Mit 446 l/m (548 l/m) zählte das mitteldeutsche Bundesland zu den trockensten Regionen. Schleswig-Holstein: Das ungewöhnlich warme Jahr brachte Mitte Februar eine Abfolge von Sturm- und Orkantiefs mit regional immense Schäden: Büsum in Dithmarschen verzeichnete am 18. Februar Orkanböen von bis zu 143,8 km/h. Aber auch die Sonne machte Schlagzeilen. Stichwort: Sonnigster März. Im Juli folgten Hitzerekorde. So wurde zum Beispiel in Grambek, 30 km südlich von Lübeck, am 20.7. mit 39,1 °C ein neuer Bundeslandrekord aufgestellt. Der Herbst ging als Drittwärmster in die Annalen ein. Nur in der zweiten Dezemberdekade wehte mal ein ganz anderer Wind, als Dauerfrost die Runde machte. In Zahlen zeigt sich das fürs Jahr 2022 eine Mitteltemperatur von 10,2 °C (8,3 °C), Niederschlagsmenge von 732 l/m (788 l/m) und Sonnenscheindauer von 1910 Stunden (1567 Stunden). SchleswigHolstein war das sonnenscheinärmste Bundesland. Thüringen: 2022 brach mit 10,0 °C (7,6 °C) und 1970 Stunden (1486 Stunden) Sonnenschein neue Rekorde. Der Winter fiel praktisch ins Wasser und war lediglich im Bergland erkennbar. Der März strahlte als Sonnigster und an dieser Strahlkraft nahm sich auch der Sommer als Zweitsonnigster ein Beispiel. Der Oktober krönte als Wärmster und der eigentliche Nebelmonat November zeigte als 4.sonnigster, wie ungewöhnlich viel Helligkeit in ihm stecken kann. Thüringen war 2022 ein kühles und ein "sonnenscheinarmes" Bundesland. In den letzten 365 Tagen fielen darüber hinaus 562 l/m (700 l/m).
|