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Klimawandel verändert die Landwirtschaft - Landwirte können sich anpassen
Referat von Dr. Paul Becker , Mitglied des Vorstands und Leiter des Geschäftsbereichs Klima und Umwelt, DWD

Die Klimaforscher sind sich einig: Bis zum Ende des Jahrhunderts werden die Jahresdurchschnittstemperaturen weltweit und in Deutschland voraussichtlich um zwei bis vier Grad Celsius steigen. Deshalb ist es so wichtig, dass sich jeder, der Verantwortung für unser Land trägt, intensiv mit der Anpassung an den Klimawandel beschäftigt.

Die gute Absicht genügt aber nicht. Entscheidend für eine erfolgreiche Anpassung ist jetzt zu handeln. Wir alle können aber nur angemessen handeln, wenn wir uns auf eine wissenschaftlich fundierte Klimaberatung stützen. Der Deutsche Wetterdienst ist die einzige Institution in Deutschland, die einen vollständigen Klima-Service von der Datengewinnung bis zur Kundenberatung aus einer Hand anbieten kann. Dazu gehört: die Beobachtung des Klimawandels, die Bewertung weltweiter Beobachtungsdaten, die Modellierung und Projektion des künftigen Klimas, die Abschätzung der regionalen Folgen der Klimaveränderung, weltweite Kooperation und damit der Aufbau einer globalen Klimakompetenz und schliesslich die auf all diesen Fakten beruhende Beratung der Betroffenen vor Ort.

Der deutsche Wetterdienst bietet aber nicht nur eine umfassende Klimaberatung an. Wir unterstützen mit unseren rund 100 Milliarden archivierten Klimadaten die Forschung und andere am Klimawandel interessierte Institutionen. Das 2009 eingerichtete Klimadatenzentrum (CDC) des DWD stellt diese Daten komfortabel aufbereitet über das Internet bereit. Es erfreut sich gerade bei Universitäten zunehmender Beliebtheit.

Deutscher Wetterdienst stellt "Klimaatlas Deutschland" ins Internet


Seit wenigen Wochen hat der DWD den "Klimaatlas Deutschland" ins Internet gestellt. Dieses in Deutschland einzigartige und kostenlose Angebot verknüpft aktuelle Klimadaten mit den entsprechenden Mittelwerten der Vergangenheit und den Projektionen der Klimaforschung bis zum Jahr 2100. Jeder kann so auf einen Blick - denn alles ist grafisch anschaulich aufbereitet -sehen, wie zum Beispiel die Jahresmitteltemperatur in Deutschland bisher ausfällt, ob das vergangene Jahr dem entsprach und mit welchen Werten wir aufgrund des Klimawandels rechnen. Der "Klimaatlas Deutschland" ist unter www.dwd.de/klimaatlas aufrufbar und wird ständig erweitert. So haben wir heute zum Thema Klimawandel und Landwirtschaft agrarmeteorologische Karten frei geschaltet. Sie zeigen Landwirten, wie sich zum Beispiel die Bodenfeuchte oder der Vegetationsbeginn künftig verändern werden.

Zum Thema Klimawandel und Landwirtschaft: Wir hatten ihnen in den Vorjahren schon berichtet, wie sich die Klimaveränderung auf unsere Gesundheit und die Städte in Deutschland auswirken wird. In diesem Jahr geht es um die Landwirtschaft.

Ein genereller Trend ist offensichtlich: Die deutschen Landwirte werden im Verlauf dieses Jahrhunderts aufgrund steigender Temperaturen zunehmend Wärme liebende Pflanzen einsetzen. Wir rechnen deshalb zum Beispiel beim Maisanbau mit mehr spätabreifenden Sorten. Diese benötigen für die Abreife ein höheres Wärmeangebot, das künftig durch höhere Temperaturen im Sommer und möglicherweise durch frühere Aussaattermine erreicht wird. Übrigens bringen solche Maissorten in Biogasanlagen deutlich höhere Erträge.

Aufgrund der zu erwartenden milden Winter werden die Landwirte wahrscheinlich auf Getreidesorten umstellen, die nicht so stark auf einen Kältereiz angewiesen sind. Ausserdem kann man künftig neue Pflanzenarten wie z.B. Hirse oder Sudan-Gras auf unseren Feldern erwarten. Die Agrarmeteorologen rechnen auch mit mehr Zweitkulturnutzungen. Das bedeutet, dass die Erträge der Landwirte steigen, weil sie zwei Mal ernten: zum Beispiel im Mai Wintergetreide, danach wird als zweite Kultur Mais angebaut. Entscheidend ist allerdings, ob ausreichend Wasser vorhanden sein wird.

Gewinner und Verlierer in der Landwirtschaft

Obwohl die Klima-Szenarien beim Niederschlag noch unsicher sind, weist doch einiges darauf hin, dass wir mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen im späten Frühjahr und in den Sommermonaten rechnen müssen. Da gleichzeitig die Verdunstung in Folge der steigenden Temperaturen vermutlich zunimmt, könnte es dadurch insbesondere in den östlichen Bundesländern, wo bereits heute geringere Niederschlagsmengen verzeichnet werden, in der Wachstumsphase vieler Pflanzen zu einer Verringerung des Wasserangebots kommen. Hinzu kommt: Da auch die Winter milder werden, wird der Bodenfrost nicht mehr so tief in den Boden eindringen. Dadurch geht die den Boden auflockernde Wirkung des Frosts zurück. Das senkt die Erträge. Hier zeigt sich die Ambivalenz des Klimawandels. Mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre und höhere Temperaturen bringen zwar Vorteile beim Wachstum und durch Mehrfachernten. Das betrifft vor allem Regionen mit guten Böden und genug Wasser. Der Klimawandel könnte aber zugleich regional auch zu geringeren Erträgen führen.

Alle Landwirte müssen künftig damit rechnen, dass mildere Winter die Gefahr von Schädlingsbefall erhöhen und neue Schädlinge einwandern. Uns allen ist der Winter 2006/2007 in Erinnerung, der in Deutschland mit einer Durchschnittstemperatur von 4,4 Grad Celsius - das langjährige Mittel liegt bei 0,2 Grad Celsius - als wärmster Winter seit 130 Jahren in die Klimageschichte einging. Damals kam es zum Beispiel zu einem starken Virusbefall durch hohe Blattlauspopulationen. Zukünftig dürften derart milde Winter aller Voraussicht nach regelmässig auftreten - eine Herausforderung, auf die sich der Pflanzenschutz vorbereiten muss.

Auf den Klimawandel einstellen und sich deshalb umstellen sollten sich auch die Agrarindustrie und Agrarforschung - wollen sie ihre Kunden nicht verlieren.

Die Landwirte in Deutschland werden künftig auf trockenresistente, Wärme liebende Sorten angewiesen sein. Die gibt es noch nicht massgeschneidert für hiesige Verhältnisse. Bisher sahen die Züchtungsziele anders aus: es ging um Ertragssteigerung und Resistenz gegen Schädlinge. Nun muss technischer Fortschritt hinzu kommen, zum Beispiel durch Wasser sparende Beregnungstechnik und optimierte Beregnungssteuerung, wo der DWD im Rahmen der Beregnungsberatung schon jetzt einen wichtigen Part einnimmt und in Zukunft verstärkt gefragt sein wird.

Bisher sind alle diese Punkte noch unverbundene Einzelaspekte. Wir haben auch beim Thema Klimawandel und Landwirtschaft noch Forschungsbedarf. Deshalb ist es zumindest in grossen Teilen Mittel- und Westeuropas für Empfehlungen noch zu früh, die eine grundsätzliche Richtungsänderung in der landwirtschaftlichen Produktion vorschlagen. Ziemlich sicher kann man aber heute schon sagen, dass die nordeuropäische Landwirtschaft zu den Profiteuren des Klimawandels gehören wird. Der Temperaturanstieg wird dort die Anbaumöglichkeiten stark erweitern. Die südeuropäischen und vermutlich auch die südosteuropäische Bauern werden dagegen mit weniger Niederschlägen auskommen müssen und damit mit Problemen konfrontiert, wie ich sie schon für die östlichen Bundesländer angedeutet habe.

Zum Thema Wald: Aufgrund höherer Temperaturen und milderer Winter dürften künftig Schädlinge wie Borkenkäfer, Blätter und Nadeln fressende Insekten, Maikäfer aber auch Pilze zunehmend ein Problem für den Wald in Deutschland werden. Wir rechnen damit, dass sich viele Waldbesitzer gegen kritische Witterungseinflüsse und den Klimawandel schützen, indem sie Fichten, die auf Hitze und Trockenheit empfindlich reagieren, durch robustere Douglasien und Roteichen ersetzen.

Das Klimarisiko für den Wald kann auch gemindert werden, in dem man Monokulturen, die für Schädlinge besonders anfällig sind, durch widerstandsfähigeren Mischwald ersetzt. Das hat Folgen: Der Anblick unserer Wälder wird sich in diesem Jahrhundert deutlich verändern.

Gut beratene Landwirte können sich an den Klimawandel anpassen

Die Agrarwissenschaftler sind sich weitgehend einig: Die Landwirte in Deutschland passen sich am besten an den Klimawandel an, wenn sie auf die Pflanzenforschung und die technischen Fortschritte der Agrarwissenschaft setzen und zugleich konsequent die Regeln der "guten fachlichen Praxis" anwenden. Dazu zählen die Einhaltung von Fruchtfolgen, ein optimierter Einsatz von Düngemitteln und der schonende Umgang mit den Ressourcen Boden und Wasser. Alle skizzierten Massnahmen, zu denen auch eine stärkere Berücksichtigung des Produktionsfaktors Wetter gehört, bieten eine Chance für eine klimaangepasste Landwirtschaft. Es ist für den deutschen Agrarsektor überlebenswichtig, dieses Ziel zu erreichen. Der DWD unterstützt die Landwirte auf diesem nicht immer einfachen Weg mit einer umfassenden Klimaberatung. Ich bin sicher: Der Klimawandel wird die Landwirtschaft in Deutschland verändern. Wenn Politik, Wissenschaft und Agrarwirtschaft an einem Strang ziehen, müssen wir uns um die Zukunft der Landwirtschaft inunserem Land keine Sorgen machen.

Quelle: Text Deutscher Wetterdienst DWD 2010

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