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UZH Weizen hat ein fünfmal umfangreicheres Erbgut als der Mensch 2018
IPK Erbgut des Weizens vollständig kartiert 2018
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Weizen hat ein fünfmal umfangreicheres Erbgut als der Mensch

Weizen ist eines der wichtigsten Getreide der Welt und die wichtigste Getreideart der Schweiz. Mehr als 70'000 Hektaren werden in der Schweiz jedes Jahr mit Weizen bepflanzt. Nun wurde das Erbgut dieser Pflanze erstmals vollständig entschlüsselt. Dies ist das Resultat einer 13-jährigen, internationalen Zusammenarbeit im «International Wheat Genome Sequencing Consortium» (IWSCG). An dem Konsortium von 73 Forschungsinstituten aus 20 Ländern ist auch die Universität Zürich massgeblich beteiligt.

Fünfmal grösser als das menschliche Erbgut

Das Erbgut des Weizens besteht aus über 15 Milliarden Basenpaaren und ist somit etwa fünfmal umfangreicher als das menschliche Erbgut. Das Weizen-Genom ist in 21 Chromosomen unterteilt und besitzt einen dreifachen Chromosomensatz - insgesamt sind dies fast 100'000 Gene.

Das Erbgut wird entschlüsselt, indem die Abfolge der Basenpaare in den Chromosomen sequenziert wird. «Die Entschlüsselung des Weizengenoms ist ein wissenschaftlicher und technologischer Meilenstein. Noch nie zuvor ist ein solch grosses Genom in so hoher Qualität sequenziert worden», sagt Prof. Beat Keller vom Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich und Koordinator innerhalb des Konsortiums.

Eine besondere Schwierigkeit bei der Entschlüsselung war der extrem hohe Anteil sogenannter Transposons. Diese kurzen Abschnitte im Erbgut liegen in tausenden Kopien vor. Transposons haben kaum Funktionen, die für das Überleben von Weizen wichtig wären, machten es aber bislang extrem schwierig, die Sequenzen des gesamten Erbguts richtig zusammenzusetzen. «Dank grosser Fortschritte in der Sequenziertechnologie und vor allem in der Bioinformatik konnten nun praktisch vollständige Chromosomen-Sequenzen von Weizen zusammengesetzt werden», erklärt Thomas Wicker, Leiter einer Forschungsgruppe in Bioinformatik und verantwortlich für die Analyse der Transposons.

Gene gegen Schädlingsresistenz identifizieren

Die Kenntnis des kompletten Erbguts des Weizens ermöglicht es, für die Landwirtschaft wichtige Gene einfacher und schneller zu identifizieren und zu isolieren. So zum Beispiel jene, die für Schädlingsresistenzen verantwortlich sind. Diese Gene können dann präzise in kommerzielle Weizensorten eingekreuzt oder auch mit gentechnologischen Methoden eingefügt werden mit dem Ziel, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu reduzieren.

«Die vollständige Entschlüsselung des Weizengenoms wird nicht nur die Forschung vereinfachen, sondern auch die Weizenzüchtung effizienter machen», erklärt Thomas Wicker. So setze man auch bei «Agroscope», dem Kompetenzzentrum der Bundes für landwirtschaftliche Forschung, auf die Zusammenarbeit mit der Universität Zürich. Die jetzt verfügbaren Genomsequenzen erlauben dank präziser Messungen eine viel schnellere Bestimmung der Gene. So kann beim gezüchteten Weizen eine bessere Krankheitsresistenz oder Backqualität erreicht werden. Auch erlauben die neuen Erkenntnisse, die Sorten schneller an die sich ändernden Umweltbedingungen anzupassen.

Weitere Mitarbeit an der internationalen Forschung

Für die Forscher aus Zürich ist die Entschlüsselung des Weizengenoms nur ein erster Schritt. Sie sind bereits in einem weiteren internationalen Projekt aktiv mit dem Ziel, zehn Weizengenome aus verschiedenen Weltregionen zu sequenzieren.

Originalpublikation:

International Wheat Genome Sequencing Consortium (IWGSC). Shifting the limits in wheat research and breeding through a fully annotated and anchored reference genome Sequence. Science, 16. August 2018. DOI: 10.1126/science.aar7191

Quelle: Text Universität Zürich, 16. August 2018

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Erbgut des Weizens vollständig kartiert

Eine dreizehnjährige wissenschaftliche Kraftanstrengung findet ihren Höhepunkt in einer Science-Publikation: Über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 73 Forschungseinrichtungen in 20 Ländern haben gemeinsam das Genom des Brotweizen kartiert. Federführend daran beteiligt war auch iDiv-Mitglied Martin Mascher vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben. Durch die Erkenntnisse erhoffen sich die Beteiligten neue Perspektiven für die Welternährung.

Bei der in Science publizierten Sequenz handelt es sich um das erstmals weitestgehend vollständige Referenzgenom von Weizen - eine gemeinsame Grundlage für alle, die den Weizen verstehen, erforschen oder verbessern wollen.

"Die vollständige Sequenzierung des Genoms von Brotweizen wurde lange Zeit für unmöglich gehalten, da es enorm gross und komplex ist", verdeutlicht Dr. Nils Stein, Leiter der Arbeitsgruppe Genomik Genetischer Ressourcen am IPK in Gatersleben, die Herausforderung. "Das Fünffache des menschlichen Genoms verteilt sich nochmal auf drei Subgenome und organisiert sich über 21 Chromosomen mit zahlreichen sich wiederholenden Elementen."

Da auch modernste Technologien die Basenabfolge des Erbguts nicht im Ganzen entschlüsseln können, standen den Forschern immer nur Fragmente des Genoms zur Verfügung. Entsprechend schwierig war es, den korrekten Zusammenbau dieser Teilsequenzen nachzuvollziehen. Hierfür entwickelten die Wissenschaftler spezielle Algorithmen und neue Strategien, um diesen sprichwörtlichen 'Big Data' Herr zu werden.

"Nachdem die finale Sequenz bekannt war, ging es an die Inhalte", erklärt Dr. Manuel Spannagl, Gruppenleiter in der Abteilung Genomik und Systembiologie pflanzlicher Genome am Helmholtz Zentrum München. "Unsere Aufgabe war es, aus den Milliarden von Basen herauszulesen, welche Gene wo liegen und wie sie organisiert sind: 107'891 Gene konnten wir kartieren*. Hinzu kamen mehr als vier Millionen molekulare Marker sowie Sequenzinformationen über die Bereiche dazwischen, die die Aktivität der einzelnen Gene beeinflussen."

iDiv-Mitglied Martin Mascher vom IPK Gaterleben hat, gemeinsam mit internationalen Partnern, die Gensequenzen gesamter Chromosomen des Brotweizens vom Anfang bis zum Ende zusammengefügt. "Das war eine grosse Herausforderung", sagt Mascher, "denn das Weizengenom ist fünfmal grösser als das menschliche Genom und voller repetitiver Elemente". Dank des Einsatzes moderner Computermethoden - so genannter Assembler-Programme - konnten die Forscher dieses Problem aber letztlich lösen. Ihre Resultate werden sowohl der Wissenschaft als auch der Industrie zugutekommen, sagt Mascher: "Die Genomreferenz des Weizens wird ein unschätzbares Instrument für Wissenschaftler und Züchter sein. Diese können nun einfach nach bestimmten Genen, die sie interessieren, in einer Onlinedatenbank suchen. Dadurch wird es möglich sein, unser Getreide schneller zu verbessern, was angesichts aktueller Umweltveränderungen einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten kann".

Nun hoffen alle beteiligten Forscherinnen und Forscher, die sich unter dem Dach des International Wheat Genome Sequencing Consortium (IWGSC) versammelt haben, dass durch ihre Arbeit neue Weizensorten gezüchtet werden können, die besser an klimatische Herausforderungen angepasst sind, höhere und vor allem stabilere Erträge liefern sowie höhere Nährstoffqualitäten aufweisen. Zudem sollen der Anbau und die Verwertung des Weizens nachhaltiger werden.

Weizen ist und bleibt eine Schlüsselpflanze für die weltweite Ernährungssicherung: Er stellt das Grundnahrungsmittel von mehr als einem Drittel der Weltbevölkerung dar und macht fast 20 Prozent der Kohlenhydrate und Eiweisse in unserer Nahrung aus - mehr als jedes andere Nahrungsmittel.

Sechs weitere Veröffentlichungen begleiten die Publikation der vollständigen Weizen-Referenzsequenz und unterstreichen deren Nutzen für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Seit der Bereitstellung einer ersten Arbeitsversion der heute veröffentlichten vollständigen Sequenz im Januar 2017, wurden über 100 Forschungsarbeiten mit diesen vorläufigen Daten veröffentlicht. Diese Zahl wird ab heute rasant wachsen.

Doch die Arbeit ist nach Aussage der deutschen Wissenschaftler noch nicht getan: Die in der aktuellen Studie vollständig sequenzierte und annotierte Weizensorte 'Chinese Spring', wurde bisher weltweit vor allem in der Grundlagenforschung genutzt. Weitere landwirtschaftlich genutzte Linien, deren Erbgut insgesamt als Pan-Genom bezeichnet wird und die genetische Vielfalt des Brotweizens charakterisiert, werden bereits intensiv bearbeitet.**

Hintergrund

Weizen stellt das Grundnahrungsmittel von mehr als einem Drittel der Weltbevölkerung dar. Zudem dient er als eine wichtige Quelle von Vitaminen und Mineralien. Um den zukünftigen Anforderungen einer prognostizierten Weltbevölkerung von 9,6 Milliarden Menschen (bis 2050) gerecht zu werden, muss die Weizenproduktivität jedes Jahr um 1,6 Prozent steigen, so das IWGSC in seiner Mitteilung "The wheat code is finally cracked". Um die Artenvielfalt, die Wasser- und Nährstoffressourcen zu erhalten, müsse der Grossteil dieses Anstiegs durch eine Verbesserung der Kulturpflanzen selbst und deren Eigenschaften auf den derzeit kultivierten Flächen erzielt werden, anstatt neue Flächen für den Anbau zu verbrauchen.

* Zum Vergleich: Beim Menschen sind aktuell 20'376 Gene bekannt

** Im vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderten Projekt WHEATSEQ (Förderkennzeichen: 2819104015) arbeiten Münchner und Gaterslebener Forscher an der Sequenzierung der Weizensorte 'Julius'. Die Arbeiten sind Bestandteil des internationalen "10 Weizengenomprojekt" einem assoziierten Programm der Internationalen Weizen Initiative. Das Programm wird einen hochauflösenden Einblick in das Ausmass der strukturellen Vielfalt und die Komplexität des Pan-Genoms von Weizen liefern und für eine gezieltere Züchtung nutzbar machen.

Quelle: Text Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), 23. August 2018
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