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Neues Zeitalter für Genbanken: Gerste

Biodiversität ist mehr als nur die Vielfalt der Arten. Ein weiterer, wichtiger Aspekt von Biodiversität ist die genetische Vielfalt innerhalb einer Art. Diese zeigt sich bei Kulturpflanzen in der Vielfalt der Sorten. Ein internationales Forschungskonsortium unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK Gatersleben), an dem auch das Forschungszentrum iDiv beteiligt war, hat nun eine der weltweit umfassendsten Sammlungen von Gerstensorten molekular charakterisiert - insgesamt mehr als 22'000 Saatgutmuster. Im Fachmagazin Nature Genetics beschreiben die Wissenschaftler den Beginn eines neuen Zeitalters für Genbanken, die sich von reinen Sammlungen zu bio-digitalen Ressourcenzentren entwickeln.

Um die genetische Vielfalt von Kulturpflanzen zu sichern und wissenschaftlich zu erforschen, werden in so genannten Genbanken Proben verschiedener Landrassen, Sorten und Wildformen gesammelt. Eines der weltweit umfassendsten Sortimente für viele Kulturpflanzen, darunter die Gerste, ist die bundeszentrale Ex-situ-Genbank am IPK Gatersleben. Unter Führung des IPK Gatersleben arbeiten Forscher des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), des Julius Kühn-Instituts (JKI), des Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen Quedlinburg und der Georg-August-Universität Göttingen mit Teams aus Japan, China und der Schweiz zusammen. Durch die internationale Kooperation konnte geklärt werden, wie umfassend das IPK-Weltsortiment der Gerste zusammengesetzt ist. Von jedem der über 22'000 Saatgutmuster wurde jeweils eine Einzelpflanze genotypisiert. Auf diese Weise konnten die Forscher gezielt genetische Duplikate in der Sammlung identifizieren. Dies eröffnet neue Möglichkeiten des Qualitätsmanagements aber auch eine effektive Nutzung der Sammlung in Forschung und Züchtung. Pflanzenlinien, die eine vertiefende Betrachtung verdienen, lassen sich gezielter als bisher aufspüren.

Prof. Dr. Nils Stein (IPK Gatersleben und Georg-August-Universität Göttingen) sagt: "Mit dieser Veröffentlichung gelingt es, ein grosses Sortiment einer weltweiten Sammlung in einer Genbank molekulargenetisch komplett zu beschreiben - mit anderen Worten, die weltweite natürliche Diversität einer der wichtigsten Kulturarten mit einem Blick zu erfassen." Dafür nutzten Stein und sein Team die Methode des "Genotyping-by-Sequencing" (GBS). Grundlage der Arbeit bildet die vollständige DNA-Sequenz der Gerstensorte "Morex". Diese liegt als Anker-Sequenz seit 2017 in hoher Qualität vor. Um die kompletten Genome sämtlicher Gerste-Muster und deren Wildformen zu charakterisieren, suchten die Forscher nach sogenannten SNPs (Einzelnukleotidpolymorphismen). Insgesamt fanden sie über 171'000 dieser kleinen Variationen in der DNA, die jeweils nur ein einzelnes Basenpaar betreffen. "Eine Dichte, die im Genom der Gerste (insgesamt 5 Milliarden Basenpaare) geeignet ist, kleinste Unterschiede aber auch Dopplungen zielsicher aufzuspüren", so Stein weiter.

"Valide Rückschlüsse auf Herkunft, Verbreitungsgebiet und Ähnlichkeiten sind so möglich. Durch die Digitalisierung und öffentliche Verfügbarkeit lassen sich die Ergebnisse dank eines modernen Datenbanksystems gezielt abfragen und mit den Passport-Daten der Genbanken aber auch mit eigenen Forschungs- und Züchtungsdaten kombinieren", ergänzt der an der Studie gleichwertig beteiligte Dr. Martin Mascher vom IPK und iDiv. Die Kombination von historischen Daten der Genbanken mit den molekularen Analysen zeigt eindrucksvoll, welche Möglichkeiten in Genbanken schlummern. Nur mit modernen Forschungsansätzen und Methoden sowie im Verbund mehrerer Teams kann es gelingen, den Schatz der genetischen Vielfalt zu nutzen und zu erhalten. Prof. Dr. Frank Ordon vom Julius Kühn-Institut betont: "Da sich die Pflanzenzüchtung vermehrt auf wechselnde Umweltbedingungen wie Hitze, Trockenheit, neue Schaderreger, aber auch Veränderungen bezüglich des Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes einstellen muss, sind detaillierte Kenntnisse über die genetische Variabilität und deren Nutzung eine Voraussetzung für die Züchtung angepasster Sorten. Gene, die für wichtige Eigenschaften codieren, lassen sich so in Landrassen oder verwandten Wildarten schneller auffinden und in der Züchtung nutzen".

Der praktische Wert einer Sammlung wie jener am IPK Gatersleben war bisher begrenzt, da umfassende genetische Informationen zu den Saatgutmustern fehlten. Dank der neuen Analyse ist für die Gerste nun eine gezieltere Datenbankabfrage zu den 22'626 Samenmustern möglich. Das im Projekt entwickelte und öffentlich zugängliche BRIDGE "Data Warehouse" markiert den Startpunkt für ein bio-digitales Ressourcenzentrum.

Zum BRIDGE Projekt:

Das im Leibniz-Wettbewerbsverfahren geförderte Projekt startete am 1. Mai 2015 und wurde über drei Jahre mit knapp 1,2 Millionen unterstützt.

BRIDGE steht für "Biodiversity informatics to bridge the gap from genome information to educated utilization of genetic diversity hosted in Genebanks".

Ziel des Projektes ist es, geeignete Verfahren zu entwickeln, um die genetischen, genomischen und phänotypischen Informationen zu Nutzpflanzen und die in Genbanken bewahrte Vielfalt an pflanzengenetischen Ressourcen effizient miteinander zu verknüpfen und so schneller erschliessen und nutzen zu können.

Weitere Informationen (auf Englisch): http://bridge.ipk-gatersleben.de/bridge/.

Originalpublikation:

Sara G. Milner, Matthias Jost, Shin Taketa, Elena Rey Mazón, Axel Himmelbach, Markus Oppermann, Stephan Weise, Helmut Knüpffer, Martín Basterrechea, Patrick König, Danuta Schüler, Rajiv Sharma, Raj K. Pasam, Twan Rutten, Ganggang Guo, Dongdong Xu, Jing Zhang, Gerhard Herren, Thomas Müller, Simon G. Krattinger, Beat Keller, Yong Jiang, Maria Y. González, Yusheng Zhao, Antje Habekuss, Sandra Färber, Frank Ordon, Matthias Lange, Andreas Börner, Andreas Graner, Jochen C. Reif, Uwe Scholz, Martin Mascher, Nils Stein (2018): Genebank genomics highlights the diversity of a global barley collection, Nature Genetics. www.nature.com/articles/s41588-018-0266-x, DOI: 10.1038/s41588-018-0266-x

Quelle: Text IPK Gatersleben, iDiv, JKI und der Universität Göttingen, 9. November 2018
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Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv)
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK)
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