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Arvenwald: Baumgrenze wird nicht allein durch das Klima bestimmt 2017
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Arvenwald: Baumgrenze wird nicht allein durch das Klima bestimmt

Steigende Temperaturen zwingen viele Pflanzen- und Tierarten der Bergregionen zur Flucht nach oben. Doch die Ausbreitung in grössere Höhen hängt nicht allein vom Klima ab, wie Senckenberg-Wissenschaftler und Forscher der Eidg. Forschungsanstalt WSL herausgefunden haben. Am Beispiel der Arve zeigen sie, dass vielmehr die ökologischen Wechselbeziehungen bestimmen, wo der Nachwuchs eines Baumes wächst und somit die Baumgrenze in Zukunft zu liegen kommt.

Im Zuge der Klimaerwärmung zieht es viele Tier- und Pflanzenarten in kühlere Gefilde - sei es in Richtung Norden oder den Berg hinauf in höhere Lagen. Pflanzen, die im Vergleich zu Tieren weniger mobil sind, haben es schwerer, mit der klimatischen Veränderung Schritt zu halten. Das trifft auch für die Arve (Pinus cembra) zu, einer für die Alpen charakteristischen Baumart, die dort vielfach die Baumgrenze bildet. Dieser Übergang von Wald zu alpiner Vegetation - so nahm man bisher an - wird vor allem durch das Klima bestimmt.

Doch so einfach ist es wohl nicht, wie eine Untersuchung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL zeigt. "Das Klima gibt für die Etablierung der Arve nur den Rahmen vor. Ob sich die Arve dann erfolgreich über Samen weiter in höher gelegene Gebiete ausbreiten kann, hängt vor allem von ihrer Wechselbeziehung mit anderen Pflanzen und auch Tieren ab, zum Beispiel vom Tannenhäher", so Eike Lena Neuschulz, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Leitautorin der Studie. "Unsere Untersuchung zeigt, dass ökologische Wechselwirkungen einen grossen Einfluss auf das Vorkommen und die Ausbreitung einzelner Baumarten haben kann", ergänzt Felix Gugerli von der Eidg. Forschungsanstalt WSL.

Pflanzen und Tiere beeinflussen Anstieg der Baumgrenze

Um in höhere Lagen zu gelangen, brauchen die flugunfähigen und schwer zugänglichen Arvensamen nämlich einen Transporteur, den Tannenhäher. Doch dieser bleibt der bisherigen Baumgrenze treu und verschleppt in der Regel nur wenige Samen in höhere Gefilde. Den Grossteil versteckt er als Vorrat in den mittleren Höhenlagen der Arvenwälder. Das haben Untersuchungen der Wissenschaftler auf einer Höhe zwischen 1850 und 2250 m in zwei Tälern nahe Davos ergeben.

Das Team dokumentierte dort drei Jahre lang die Verjüngung des Arvenwaldes sowie die kleinräumigen Umweltbedingungen und vergrub zusätzlich selber 360 Samen, um deren Keimungserfolg zu beobachten. "Ob aus einem der wenigen Samen, die es über die bisherige Baumgrenze schaffen, dann auch tatsächlich ein Sämling wird, bestimmt seine direkte Umgebung. Vorhandene Zwergstrauch-Vegetation ist förderlich, Nagetiere, die den Samen anknabbern, verhindern erfolgreiches Keimen", fasst Neuschulz zusammen. Überraschenderweise sind klimatische Faktoren wie die durchschnittliche Temperatur sowie die Bodenfeuchte des jeweiligen Standortes in den ersten Etablierungsjahren weniger wichtig als bisher angenommen.

Lebensraum Arvenwald gefährdet

Im Hinblick auf die Zukunft belegt die Studie, dass einzelne Baumarten wie die Arve den klimawandelbedingten Veränderungen ihres Lebensraums nicht oder nur sehr langsam folgen können. "Wenn sich das Klima erwärmt und dadurch die Konkurrenz durch Baumarten aus tieferen Lagen zunimmt, dürfte dieses komplexe Gefüge der ökologischen Wechselwirkungen durcheinander geraten. Dadurch könnte der für viele Regionen der Alpen charakteristische Lebensraum des Arvenwaldes gefährdet sein", sagt Felix Gugerli. "Das wäre durchaus problematisch, denn dieser Wald ist im alpinen Hochgebirge ein wichtiger, ökologisch vielfältiger Lebensraum, der ausserdem zum Schutz vor Naturgefahren beitragen kann", resümmiert Neuschulz.

Wissenschaftliche Publikation

Neuschulz, E.L. et. al (2017): Biotic interactions and seed deposition rather than abiotic factors determine recruitment at elevational range limits of an alpine tree. Journal of Ecology, doi : 10.1111/1365-2745.12818

Quelle: Text Eidg. Forschungsanstalt WSL und Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (SBiK-F), 3. Juli 2017
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