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Buntbarsche kommunizieren Aggressivität mittels Urin

Forscher aus Bern haben den Buntbarsch «Prinzessin vom Tanganjikasee» bei territorialen Kämpfen beobachtet und Erstaunliches entdeckt: Die Fische verfügen nicht nur über ein grosses Reportoire an Drohgesten, sondern kommunizieren ihre Agressivität auch geruchlich. Hierzu verändern sie während der Kämpfe ihr Urinierverhalten.

Aggressives Verhalten ist im Tierreich weit verbreitet. Tiere kämpfen, um einen hohen sozialen Status zu erlangen, Paarungspartner zu beeindrucken oder Territorien zu erobern. Oft sind solche Kämpfe kostspielig: die Kontrahenten können Verletzungen davon tragen oder durch ihr auffälliges Verhalten Konkurrenten oder Räuber anlocken. Um diese Kosten zu verringern greifen viele Arten auf eine Reihe von Drohgesten zurück: Katzen buckeln, Hunde knurren und Fische stellen ihre Flossen auf um grösser zu erscheinen.

In diesem Kontext sind bisher geruchliche Drohgebärden wenig untersucht worden. Die Berner Forscher Dario Bayani, Prof. Michael Taborsky und Dr. Joachim Frommen von der Abteilung für Verhaltensökologie der Universität Bern sind dieser geruchlichen Kommunikation auf den Grund gegangen. Die Studie wurde nun in der Februarausgabe des Journals «Behavioural Ecology and Sociobiology» publiziert.

Geruchliche Kommunikation

Kommunikation durch Geruchsstoffe ist ein bekanntes Phänomen im Tierreich. Geruch wird zum Beispiel zum Aufspüren von potentiellen Paarungspartnern verwendet, oder zum unterscheiden von bekannten und fremden Individuen. Über die Rolle von geruchlicher Information während aggressiver Auseinandersetzungen ist jedoch weniger bekannt. Vor allem bei Tierarten mit komplexen Sozialsystemen würde man erwarten, dass Kommunikation zwischen Individuen auf vielen unterschiedlichen Kanälen statt findet.

Die Buntbarschart «Prinzessin vom Tanganjikasee» (Neolamprologus pulcher) lebt in komplexen sozialen Gruppen, in denen rangnidriege Tiere einem dominanten Brutpaar bei der Aufzucht der Jungen helfen. Unter diesen Umständen sind Streitigkeiten sowohl innerhalb der eigenen Gruppe als auch Nachbarn an der Tagesordnung. Bisher war vor allem bekannt, dass Streitigkeiten zwischen diesen Fischen mit auffälligen Drohverhalten entschieden werden.

Urin als Signal

Sie leisten Hilfe bei der Aufzucht von Jungen des dominanten Brutpaars oder bei der Revierverteidigung. Wenn sie ihren Aufgaben aber nicht nachkommen, droht ihnen eine Strafe - oder gar der Rauswurf.

Buntbarsche nehmen bei der Aufzucht ihrer Jungen die Hilfe von Bruthelfern in Anspruch. Dabei helfen untergeordnete Tiere einem dominanten Brutpaar. Dieses sogenannte kooperative Brüten ist im Tierreich weitverbreitet. Noch ist aber weitgehend unbekannt, warum einzelne Tiere ihre eigene Fortpflanzung aufgeben, um anderen bei der Aufzucht zu helfen.

Das Berner Forscherteam untersuchte nun, ob die Tiere auch über geruchliche Signale kommunizieren. Hierzu wurde den Tieren harmlose blaue Lebensmittelfarbe injiziert. Diese färbt den Fischurin innerhalb weniger Stunden blau, so dass jedes Urinieren im klaren Wasser sichtbar wurde. Danach wurden je ein grosser und ein kleiner Fisch in ein Aquarium gesetzt. Um Verletzungen zu vermeiden wurden sie durch eine Plexiglasplatte voneinander getrennt.

In der Hälfte der Versuche befanden sich in der Platte Löcher, so dass Geruchaustausch zwischen den beiden Abteilen möglich war, in der anderen Hälfte war die Platte undurchlässig. Beide Abteile waren mit einer kleinen Höhle ausgestattet. Jeder Fisch besass so ein Territorium, welches er gegen den Artgenossen zu verteidigen hatte.

Die Forscher notierten nun, wann die Fische Urin abgaben und wie sich der Kampf entwickelte. Die Kontrahenten gaben Urin ausschliesslich kombiniert mit visuellen Drohgesten ab. Wenn der Wasseraustausch unterbunden wurde, stieg die Menge des abgegebenen Urins und die Anzahl an Drohgesten deutlich an.

Kleinere Fische zeigten unter diesen Umständen ausserdem unangemessen viele Angriffe auf grössere Fische, ein Verhalten dass unter natürlichen Bedingungen ein hohes Verletzungsrisiko mit sich bringen würde.

Die Forschenden schliessen aus diesen Ergebnissen, dass der Geruch des Urins eine wichtige Rolle in der richtigen Einschätzung des Kontrahenten während aggressiver Interaktionen spielt. Da der Mensch im Gegensatz zu visuellen und akustischen Drohgesten chemische Stoffe schlechter wahrnimmt, können geruchliche Informationen auch während Kämpfen anderer Tierarten eine wichtigere Rolle einnehmen als bislang angenommen.


Angaben zur Publikation:

Bayani D.-M., Taborsky M., Frommen J.G. (2017) To pee or not to pee: urine signals mediate aggressive interactions in the cooperatively breeding cichlid Neolamprologus pulcher. Behav. Ecol. Sociobiol. 71:37, doi:10.1007/s00265-016-2260-6

Quelle: Text Institut für Ökologie und Evolution, Universität Bern, Februar 2017

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