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Schulleitungen
- Eine geleitete Schule
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LCH-POSITION
ZU SCHULLEITUNGEN
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SCHULEN
BRAUCHEN EINE VERFASSTE LEITUNG
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An
Schulen ist immer schon Leitung ausgeübt worden. Es fallen ständig
zahlreiche Prozesse an, in denen jemand das Thema setzen, die Verhandlungsregeln
bestimmen und hüten, die Beteiligten zum Zuge kommen lassen, Ergebnisse
zusammenfassen und Entscheide herbeiführen oder kurzfristig Entscheide
ohne Aushandlung fällen muss - um nur einige der vielen Leitungsfunktionen
zu nennen. An allen Schulen sind solche Leitungsfunktionen schon immer
ausgeübt worden, oft eben informell, zufällig, durch die «heimliche
Hierarchie» im Kollegium, durch «älteste» oder durch
sonst wie Engagierte.
Schulen
brauchen eine verfasste Leitung, die nach anerkannten Regeln funktioniert,
einen Auftrag und geklärte Zuständigkeiten hat und deshalb in
ihrem Tun verantwortlich gemacht werden kann, verhandelbar und Veränderungen
zugänglich ist. Der LCH ist entschieden der Auffassung, dass ungeklärte
und angemasste Leitungsverhältnisse weder aufgabengerecht noch würdig
sind. Die Verfassung von Schulleitung muss den Besonderheiten des pädagogisch
ausgerichteten Betriebs Schule voll Rechnung tragen. Speziell am Betriebstypus
Schule ist unter anderem: ein hoch qualifiziertes Personal, das fachlich
- bezüglich des Kernauftrags Unterrichtsführung - gleich oder
höher qualifiziert ist wie die Chefs; über mehrere Ebenen überlappende
und oft diffuse Verantwortlichkeiten; die multiple und oft widersprüchliche
Auftragssituation der Lehrpersonen (Ansprüche des Lehrplans, der Lernenden
in den Klassen, der Eltern, der Behörden, der Profession), welche
von den Lehrpersonen täglich und mit viel Eigenverantwortung in (Unterrichts-) Führungsentscheide
umgesetzt werden muss; schliesslich das Fehlen allgemein anerkannter Technologien,
Standards und Begriffe für viele Fragen der Schul- und Unterrichtsqualität.
Schulleitung kann deshalb nur in einer angemessenen Verbindung von Führungswillen,
Respekt und dialogischer Haltung bei allen Partnern gelingen.
Von
Führungserfahrungen und -modellen aus anderen betrieblichen Umständen
lässt sich zwar für die Schulleitung viel lernen, sie sind jedoch
- ganz abgesehen vom oft plakativen Charakter sich jagender Management-Moden
- kritisch auf ihre Schultauglichkeit hin zu prüfen. Und: Schulleitung
ist mehr als «der/die Schulleiter/in». Eine gut geleitete Schule
pflegt eine ausgebaute Partizipationskultur und lässt die besonderen
fachlichen Spezialitäten und Führungsfähigkeiten im Kollegium
zum Zuge kommen. |
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1.
DEM BILDUNGSAUFTRAG UND EINEM GUTEN ARBEITSKLIMA VERPFLICHTET
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Die
Lehrpersonen und deren Schulen haben einen Bildungsauftrag an den Lernenden
zu erfüllen. Dieser wird direkt vom kantonalen oder interkantonalen
Lehrplan vorgegeben und von den Lehrpersonen als Fachleute ihres Gebiets
interpretiert und umgesetzt, auf die je besonderen Klassensituationen und
Förderansprüche einzelner Lernender hin adaptiert. Lehrpersonen
sind in diesem Sinne nicht «Mitarbeiter» der Schulleitung (wie
etwa das Sekretariatspersonal), sondern Mitarbeitende am Bildungsauftrag.
In erster Linie und in den Grenzen, welche durch die Arbeitsbedingungen
gesetzt werden, sind die Lehrpersonen für die Qualität der Auftragserfüllung
zuständig. Der Schulleitung kommen hierfür jedoch wichtige subsidiäre
Aufgaben zu.
Der
LCH sieht den Kernauftrag der Schulleitung in der Schaffung guter Rahmenbedingungen
für die Auftragserfüllung der Lehrpersonen und für die Unterrichtsbedingungen
der Lernenden. Die Schulleitung sorgt für notwendige pädagogische
Hausnormen und Absprachen; sie unterstützt die Lehrpersonen in deren
Weiterbildung und bezüglich räumlicher und medienmässiger
Ausstattung der Schulen; sie verlangt und fördert die unterrichtsbezogene
Zusammenarbeit innerhalb der Stufen und zwischen den Stufen zwecks Koordination
der Lernbiografien der Lernenden und zwecks voller Nutzung der individuellen
Stärken der Lehrpersonen; sie begünstigt ein gutes Arbeitsklima,
welches in wechselseitiger Weise von Respekt, Wertschätzung, Feedback,
Herausforderung und Unterstützung geprägt ist; sie betreibt eine
gute Öffentlichkeitsarbeit im Inneren und zur Umgebung der Schule;
sie sorgt für eine professionelle pädagogische Qualitätspolitik
der Schule. Werden erhebliche Qualitätsmängel nicht von den Lehrpersonen
selbst angegangen und behoben, führt die Schulleitung diese einer
Bearbeitung und Lösung zu.
2.
DER ORGANISCHEN UND VERLäSSLICHEN SCHULENTWICKLUNG VERPFLICHTET
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Die
Lehrpersonen kennen und beachten die geltenden Vorschriften (Gesetze, Lehrplan,
Verordnungen, schulinterne Regelungen). Im Zweifels- oder Missachtungsfall
hat die Schulleitung die Pflicht und das Recht, zu intervenieren. Überdies
ist die Schulleitung schützend und vermittelnd gefordert, wenn vom
System her angelegte Interessenkonflikte (z.B. zwischen Behörden und
Lehrerschaft, zwischen Eltern und Lehrpersonen) für die Beteiligten
schwierig werden.
Der
LCH sieht die Rolle der Schulleitung in der Unterrichts- und Schulentwicklung
als kluge Mischung von Herausforderung, Planungshilfe, Insistieren auf
Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit, Vermittlung von internen und externen
Ressourcen und Schutz vor überforderung durch überbordende innere
oder äussere Impulse. Die Schulleitung sorgt insbesondere für
eine mittel- bis langfristige Planung (Entwicklungsprogramm), welche Synergien
zwischen den Entwicklungsvorhaben, Berechenbarkeit und Machbarkeit gewährleistet.
3.
VORSCHRIFTEN HüTEN UND ZWISCHEN DEN INTERESSEN VERMITTELN
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Die
Lehrpersonen kennen und beachten die geltenden Vorschriften (Gesetze, Lehrplan,
Verordnungen, schulinterne Regelungen). Im Zweifels- oder Missachtungsfall
hat die Schulleitung die Pflicht und das Recht, zu intervenieren. überdies
ist die Schulleitung schützend und vermittelnd gefordert, wenn vom
System her angelegte Interessenkonflikte (z.B. zwischen Behörden und
Lehrerschaft, zwischen Eltern und Lehrpersonen) für die Beteiligten
schwierig werden.
Der
LCH sieht die Schulleitung als subsidiäre Hüterin des Rechts
und als Vermittlerin in Interessenkonflikten. Sie ist weder vor allem «Dienstmagd
und Speerspitze des Kollegiums», noch «Executor der Behörde»,
noch «Anwältin der Eltern» oder «Fürsprecherin
der Schülerschaft». Vielmehr ist die Schulleitung dem gesetzlichen
und durch Hausnormen konkretisierten Auftrag verpflichtet, den sie zwischen
den verschiedenen Loyalitäten, durch sorgfältige Würdigung
der Ansprüche und in verantwortungsvoller Autonomie aktiv wahrnimmt.
Für dieses Dazwischensein (lat. inter esse) braucht sie das Mandat,
die Erlaubnis bzw. das Vertrauen sowie das mitverantwortliche Engagement
namentlich der beiden Anspruchsgruppen Behörde und Kollegium. Die
Schulleitung überprüft diese Balance, mahnt bei einseitigen Anspruchshaltungen
und lässt sich von den Partnern bezüglich krasser oder chronischer
Einseitigkeiten in Frage stellen. Voraussetzung dieser Art von Führungsverständnis
ist die allseitige Verpflichtung auf eine reife Dialogkultur.
4.
IN GEKLäRTEN ZUSTäNDIGKEITEN BALANCIERTE MACHT WAHRNEHMEN
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Führungsleute,
welche ihre Zuständigkeiten nicht wahrnehmen, sind ebenso unerwünscht
wie solche, welche Macht ausüben, die ihnen nicht zusteht. In pädagogischen
Berufen und hoch komplexen Systemen mit Einmischung von allen Seiten, wie
das für Schulen typisch ist, wird der Umgang mit Macht zu einem sensiblen
Thema. Es lauern die Gefahren der über- oder Unterregelung, der Anmassung
und der Lähmung. Die Folgen wären Energieverpuffung, ein schlechtes
Arbeitsklima, schädliche Personalfluktuation und sinkende Schulqualität.
Der
LCH verlangt, dass jede Schule über ein ausgehandeltes Organisationsstatut
verfügt, welches die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure
in den Schlüsselfragen des Schulbetriebs (nicht in allen Details!)
regelt. Diese Zuständigkeiten sind dann, geleitet durch Führungsgrundsätze,
von allen Beteiligten auch wahrzunehmen und gegenseitig zu respektieren.
In diesem Sinne ist die Schulleitung auch Hüterin der notwendigen
Verbindlichkeiten sowohl bezüglich Vorschriften als auch bezüglich
der schulintern ausgehandelten Regelungen.
Fest eingerichtete Feedback-
und Bestätigungsstrukturen sowie Notbremsen (z.B. Veto-Regeln oder
Beanspruchung professioneller externer Intervention) müssen als Sicherungen
gegen Machtmissbrauch und Machtvakuum vorgesehen sein. Besondere Sorgfalt
ist im Umgang mit beurteilender Personalführung (Qualifikation, Umgang
mit Sorgenfällen) geboten. Es müssen dabei Lösungen getroffen
werden, welche die Schulleitung von fachlich nicht gerechtfertigten Rollenzumutungen
(z.B. summative Unterrichtsbeurteilung mit Rangierung der Lehrpersonen)
frei halten, damit sie für ihren breiten Auftrag glaubwürdig
und handlungsfähig bleibt.
5.
KOMPETENT UND ENTLASTEND DANK AUSREICHENDER RESSOURCEN
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Manchmal
ist Schulleitung allseitig gut gemeint, scheitert aber trotzdem an fehlenden
Ressourcen. Vor allem für die «weichen» Leitungsfunktionen
(z.B. Anteilnahme an der Unterrichtsarbeit der Lehrpersonen, Personalgespräche,
Moderation von Konferenzen, Vermittlung in Konflikten, Öffentlichkeitsarbeit,
Feedback und Beurteilung, Reflexion und Vorausplanung) werden oft ungenügende
personelle und zeitliche Mittel bereitgestellt. Meist übertreffen
dann sehr hohe Folgekosten für eintretende Mängel und Konflikte
die vermeintliche Einsparung.
Der
LCH verlangt, dass Schulleitungen - auf der Basis ihrer schulpädagogischen
Grundausbildung und Lehrerfahrung - eine professionelle (EDK-akkreditierte)
Ausbildung und ständige Weiterbildung in ihren Leitungsfunktionen
erhalten. Für besondere Aufgaben müssen sie überdies auf
Fachpersonal in- und ausserhalb der Schule zählen können. Der
Umfang der zeitlichen Dotation von Schulleitung muss sich - neben der Anzahl
Lernende und Klassen und der Art der zugewiesenen Aufgaben - in erster
Linie an der Anzahl der zu betreuenden Lehrpersonen orientieren (denn Teilzeitkräfte
geben mindestens gleich viel Arbeit wie Vollzeitlehrkräfte). Hinzu
kommt der Ressourcenbedarf auf Seiten der Lehrerschaft: Zwar muss Schulleitung
im Endeffekt eine Entlastung der Lehrpersonen zwecks Konzentration auf
die Unterrichtsarbeit bewirken, trotzdem ist auch bei der Arbeitszeitbemessung
der Lehrpersonen die üblicherweise steigende Beanspruchung durch Sitzungen,
Besprechungen, Gruppenarbeiten und Projekte realistisch einzuberechnen.
Bei ungenügender Dotation ist nicht Genügsamkeit zu üben;
vielmehr muss über eine Verbesserung der Ressourcen oder aber über
eine Reduktion des Leistungsauftrags der Schulleitung, der Schule und der
Lehrpersonen verhandelt werden.
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Quelle:
Text LCH, Dezember 2005 |
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Externe
Links |
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